Wissenschaft

#Sind Supererden nackte Mini-Neptune?

Sind Supererden nackte Mini-Neptune?

Blick auf einen planetaren Transformationsprozess: Astronomen berichten über zwei „Mini-Neptune“, denen ihr Zentralstern offenbar gerade ihre dicken Atmosphärenschichten „abkocht“. Möglicherweise wird dabei am Ende nur noch ihr fester Kern übrig bleiben. Demnach könnten sich die beiden Gaswelten in Supererden verwandeln, erklären die Forscher. Die Ergebnisse tragen damit zum Wissen über die verschiedenen möglichen Entwicklungsgeschichten von Exoplaneten bei. Außerdem liefern sie eine Erklärung für eine auffällige Lücke bei der Größenverteilung von Planeten im All, sagen die Wissenschaftler.

Vom Merkur bis zum Neptun – die acht Planeten unseres Sonnensystems besitzen sehr unterschiedliche Massen, Merkmale und Entstehungsgeschichten. Noch größer erscheint die Vielfalt allerdings beim Blick in die Ferne des Alls: Der analytische Blick auf viele Welten außerhalb unserer kosmischen Heimat hat in den letzten Jahren verdeutlicht, dass es Planeten mit Eigenschaften gibt, wie sie bei uns nicht vorkommen. Dazu gehören Gasplaneten, die Mini-Neptune genannt werden. Es handelt sich dabei um kleinere, dichtere Versionen unseres Planeten Neptun, die zwischen 2- und 4-mal so groß wie die Erde sind. Sie bestehen aus dicken Gasschichten – im Inneren sitzt aber vermutlich ein großer Gesteinskern. Eine weitere Kategorie von Exoplaneten, die es im Sonnensystem nicht gibt, stellen die sogenannten Supererden dar: Gesteinsplaneten, die ein Mehrfaches der Erdmasse besitzen.

Zwischen diesen beiden Planetenarten gibt es offenbar einen interessanten Zusammenhang, legen nun die Ergebnisse der Forscher um Michael Zhang vom California Institute of Technology in Pasadena nahe. Sie präsentieren sie in zwei separaten Veröffentlichungen. Im Visier des Hubble-Weltraumteleskops der NASA stand dabei ein Mini-Neptun, der den 73 Lichtjahre entfernten Stern HD 63433 umkreist. In der zweiten Studie werden die Untersuchungsergebnisse eines Mini-Neptuns in dem 103 Lichtjahre entfernten Sternsystem TOI 560 vorgestellt, den die Forscher mit dem W. M. Keck-Observatorium auf Hawaii unter die Lupe genommen haben.

Zwei dampfende Mini-Neptune im Visier

Wie sie erklären, sind diese Planeten nicht direkt sichtbar, sie machen sich aber bei ihrer Passage vor ihrem Mutterstern bemerkbar. Beim Vorbeiziehen schimmert dabei auch Sternenlicht durch die Atmosphären der Planeten – beziehungsweise durch die Materie, die ihnen entweicht. Aus Signaturen im Lichtspektrum sind dabei auch Rückschlüsse auf die enthaltenen Elemente möglich.

Im Fall des Mini-Neptuns TOI 560.01 fanden die Forscher dabei nun Anzeichen von Helium, das dem Planeten entfleucht. Bei HD 63433c stellten sie ebenfalls einen Verlust fest – in diesem Fall fanden sie die Signatur von Wasserstoff. „Die Geschwindigkeit der Gase lieferte dabei den Hinweis auf den atmosphärischen Schwund“, sagt Zhang. Das beobachtete Helium um TOI 560.01 bewegt sich demnach mit bis zu 20 Kilometern pro Sekunde, während der Wasserstoff bei HD 63433c mit bis zu 50 Kilometern pro Sekunde unterwegs ist.

Wie die Wissenschaftler erklären, verursacht der Mutterstern das Entgasen der beiden Mini-Neptune: Seine Strahlung mobilisiert die Materie und bringt das heiße Gas dann dazu, wie Dampf aus einem Topf mit kochendem Wasser zu entweichen. Das festgestellte Ausmaß der Ausströmungen deutetet dabei darauf hin, dass die Atmosphären größtenteils verloren gehen werden. „Die Schwerkraft dieser Mini-Neptune ist nicht stark genug, um das sich so schnell bewegende Gas zu binden“, erklärt Zhang. „Es wurde bereits vermutet, dass junge Mini-Neptune ausgasende Atmosphären aufweisen. Aber bis jetzt hatte noch niemand einen solchen Planeten dabei beobachtet“, betont der Forscher.

Transformation erklärt eine Lücke

Die Ergebnisse untermauern damit nun durch direkte Hinweise die Theorie, dass sich Supererden aus Mini-Neptunen entwickeln können. Denn am Ende des Ausgasungsprozesses könnten die Gesteinskerne freigelegt werden, die in den ursprünglich von Gas dominierten Planeten stecken. Solche Überbleibsel mit einer möglicherweise dünnen Restatmosphäre würde man dann als eine Supererde bezeichnen. Die Forscher berichten in diesem Zusammenhang im Fall des HD 63433-Systems auch von einem zweiten – näher am Stern liegenden Planeten, bei dem dieser Prozess schon fortgeschritten sein könnte. Denn bei ihm konnten sie keine Ausgasungen feststellen. „HD 63433b hat möglicherweise bereits seine Atmosphäre verloren“, sagt Zhang.

Den Wissenschaftlern zufolge werfen die Ergebnisse nun auch neues Licht auf die Frage, warum nur wenige Exoplaneten mit Größen zwischen der von Mini-Neptunen und Supererden entdeckt wurden. Demnach wäre die Erklärung, dass sich diese Gasplaneten häufig vergleichsweise schnell in Supererden verwandeln: Wenn ein Mini-Neptun klein genug und nahe an seinem Stern ist, könnte die Röntgen- und Ultraviolettstrahlung seine ursprüngliche Atmosphäre bereits über einen Zeitraum von nur Hunderten von Millionen Jahren abtragen. „Aus diesem Grund würde ein Planet nicht lange in der Lücke bleiben“, so Zhang.

Zu den Merkmalen und Entstehungsgeschichten der Mini-Neptune und Supererden bleiben allerdings nach wie vor viele Fragen offen – und die aktuellen Untersuchungen haben auch neue aufgeworfen: Aus den Daten ging überraschenderweise hervor, dass das Gas um TOI 560.01 hauptsächlich in Richtung des Sterns strömt. „Dies war unerwartet, da die meisten Modelle vorhersagen, dass das Gas vom Stern wegfließen sollte“, sagt Co-Autorin Heather Knutson vom California Institute of Technology. Künftige Beobachtungen anderer Mini-Neptune sollen deshalb nun zeigen, ob der Effekt bei TOI 560.01 eine Anomalie ist oder ob ein nach innen gerichteter atmosphärischer Abfluss häufiger vorkommt. „Wir müssen noch viel darüber lernen, wie diese Ausströmungen funktionieren“, sagt Knutson. „Diese exotischen Welten überraschen uns immer wieder mit neuen physikalischen Eigenschaften, die über das hinausgehen, was wir in unserem Sonnensystem beobachten“, so die Astronomin.

Quelle: California Institute of Technology, W. M. Keck Observatory, Space Telescope Science Institute, Fachartiekel: The Astronomical Journal doi: 10.3847/1538-3881/ac3f3b und doi: 10.3847/1538-3881/ac3fa7

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!