#„Smart-Rost“ zieht Schadstoffe aus dem Wasser
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Umwelt
Eine vielseitige Möglichkeit zur Wasseraufbereitung zeichnet sich ab: Deutsche Forscher haben raffiniert beschichtete Eisenoxid-Nanopartikel entwickelt, die neben Rohöl, Glyphosat und Mikroplastik nun auch Östrogenhormone binden können. Samt seinem Fang lässt sich der „Smart-Rost“ anschließend durch Magnetkraft aus dem Wasser entfernen, berichten die Wissenschaftler.
Der Mensch bedroht die Wasserqualität und damit die aquatischen Lebewesen bekanntlich auf vielfältige Weise: Verschiedene Schadstoffe gelangen über kommunale Abwässer und die Landwirtschaft fortwährend in die Gewässer oder sie können durch Unglücke massenweise freigesetzt werden. Um Wasser von den Belastungen wieder befreien zu können, arbeitet ein Forscherteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) bereits seit einiger Zeit an der Entwicklung einer raffinierten Technologie.
Als Grundmaterial dient den Wissenschaftlern eine Substanz, die bei Metallgegenständen eher unbeliebt ist: Eisenoxid – auch bekannt als Rost. Sie nutzen dieses Material allerdings in einer speziellen Form. Es handelt sich um Nanopartikel mit supermagnetischen Merkmalen. Das bedeutet, die winzigen Kügelchen werden von Magneten angezogen, nicht aber voneinander, sodass sie nicht untereinander verklumpen. Um sie in Reinigungseinheiten zu verwandeln, haben die Forscher ein Verfahren entwickelt, um die Eisenoxid-Nanopartikel mit bestimmten Molekülen an der Oberfläche auszurüsten, die als Fangarme fungieren können.
Zweimal Anziehungskraft genutzt
„Nachdem wir eine Schicht der Moleküle auf die Eisenoxidkerne aufgetragen haben, sehen sie aus wie Haare, die aus der Oberfläche dieser Partikel herausragen“, sagt Teamleiter Marcus Halik von der FAU. An diese Gebilde lassen sich dann wiederum verschiedene Verbindungen andocken, die eine Anziehungskraft für bestimmte Substanzen besitzen können, erklären die Wissenschaftler. Auch ein zweites Mal spielt dann Anziehungskraft bei dem Konzept eine entscheidende Rolle: Da die Nanopartikel magnetisch sind, können sie durch Magnete zusammen mit den aufgesammelten Schadstoffen aus dem Wasser entfernt und anschließend aufgereinigt werden.
Bisher hat das Team bereits Versionen des smarten Rosts entwickelt, die Rohöl und das Pflanzenschutzmittel Glyphosat aus Wasser entfernen können. Durch spezielle Anpassungen des Systems gelang es zudem, Nano- und Mikroplastik durch die Kraft der Eisen-Nanopartikel aus Wasser zu entfernen. Mit ihrer neuesten Entwicklung verdeutlichen die Forscher nun das Allround-Potenzial ihres Konzepts: Auch problematische Spurenverunreinigungen lassen sich aus Wasser entfernen, berichteten sie auf der Herbsttagung 2023 der American Chemical Society in San Francisco. Konkret zeigten sie dieses Potenzial im Fall von Östrogenhormonen auf. In natürlicher oder synthetischer Form gelangen diese Substanzen über Abwasser in Gewässer und lassen sich bisher nur schwer entfernen. Auch in sehr geringen Konzentrationen können diese Hormonsubstanzen problematische Wirkungen bei vielen Organismen entfalten, geht aus Studien hervor.
Östrogen-Substanzen eingefangen
Wie die Wissenschaftler berichtet, konnten sie durch eine spezielle Beschichtung die Eisenoxid-Partikel nun so konzipieren, dass Östrogene an ihnen haften. Wie sie erklären, basiert dies auf zwei verschiedenen Molekülen: Kurze positiv geladene interagieren dabei mit den leicht negativen Ladungen der Östrogen-Hormone. Längere Moleküle erfassen hingegen deren „Körper“. „Ich habe mit dem häufigsten Östrogen Östradiol begonnen und dann vier weitere Derivate mit ähnlichen Molekülstrukturen untersucht“, berichtet Teammitglied Lukas Müller von der FAU.
Vorläufige Ergebnisse bestätigen bereits eine effiziente Extraktion der Hormone aus Laborproben, berichten die Forscher. Modellierungen legen nahe, dass die Effizienz dabei auf der Bildung vieler winziger Taschen aus der Kombinationswirkung der beiden Moleküle basiert, die das Östrogen stark binden. Doch diesen Effekt müssen erst noch weitere Analysen bestätigen. „Wir versuchen anhand verschiedener Puzzleteile zu verstehen, wie sich die Moleküle tatsächlich auf der Oberfläche der Nanopartikel anordnen“, sagt Müller.
Zukünftig wird das Team das Konzept nun weiter austesten und auch bestimmen, wie oft die Partikel wiederverwendet werden können. Da sie wahrscheinlich große Bindungskapazität besitzen, sollten sie laut den Forschern in der Lage sein, Östrogene bei mehreren Einsätzen zu entfernen, um so die Kosten pro Reinigung zu senken. Es zeichnet sich also immer mehr eine neue und praktikable Möglichkeit zur Wasseraufbereitung ab. „Durch wiederholtes Recycling dieser Partikel könnten die materiellen Auswirkungen dieser Wasseraufbereitungsmethode sehr gering werden“, schließt Halik.
Quelle: American Chemical Society, Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
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