#Soziale Marktwirtschaft in der Zange
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„Soziale Marktwirtschaft in der Zange“
In den Vereinigten Staaten kehrt das Leben zurück. Jeder zweite Erwachsene hat dort die erste Corona-Impfung erhalten, die Konjunktur springt an, im Vorjahresvergleich dürfte die größte Volkswirtschaft der Welt um mindestens 5 Prozent wachsen. Auch weit östlich, in China, ist der Katzenjammer verflogen. Ein mit harter Hand durchgesetzter, kurzer Lockdown hatte das Land vorübergehend gelähmt, jetzt aber zahlt er sich aus. Weil die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt weitgehend in den Normalbetrieb zurückgeschaltet hat, halten Fachleute im laufenden Jahr sogar eine zweistellige Wachstumsrate für möglich.
Johannes Pennekamp
Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung, zuständig für „Die Lounge“.
Deutschland dagegen tritt auf der Stelle. Die Politik streitet auch im zweiten Pandemiejahr über Corona-Maßnahmen, die Impfkampagne ist noch nicht weit genug, digitale Kontaktverfolgung funktioniert nicht. Im ersten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt geschrumpft, in ihrer Frühjahrsprognose rechnen Konjunkturforscher nur noch mit einer Erholung von weniger als 4 Prozent in diesem Jahr.
Diese Momentaufnahme steht sinnbildlich für das, wovor Fachleute schon länger warnen: Deutschland mit seiner Sozialen Marktwirtschaft sei träge geworden und kann weder mit der wiedererstarkten amerikanischen Marktwirtschaft noch mit dem chinesischen Staatskapitalismus Schritt halten. Deutschland und die EU müssten chinesischer werden, sagen deshalb die einen, die dem Kontinent eine stärkere Industriepolitik und mehr Protektionismus verordnen wollen. Die anderen fordern „mehr Markt“ und sehen den im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsenen Sozialstaat als Bremsklotz. Ist die Soziale Marktwirtschaft also ein Auslaufmodell und „Wohlstand für alle“ eine Utopie im Systemwettbewerb des 21 Jahrhunderts?
In der ersten Wohlstandsliga
Solche Schwarzmalerei mag viel Aufmerksamkeit bekommen, gedeckt von den Fakten ist sie kaum. Clemens Fuest, der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, sagt: „Soziale Sicherung und Wettbewerb, diese beiden Säulen sind und bleiben hierzulande stark.“ Natürlich gebe es Fehlentwicklungen, wenn es um Wohlstand „oder bessere Chancen“ für alle gehe – zum Beispiel, dass das Elternhaus nach wie vor stark über den Bildungserfolg entscheide und sich Normalverdiener in Städten kaum noch eine Immobilie leisten könnten. Zudem entferne man sich mit Instrumenten wie dem Mietendeckel von den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. „Aber insgesamt ist das Bild positiv“, sagt der Ökonom.
Das sieht auch Ralph Wrobel, Volkswirtschaftsprofessor an der Westsächsischen Hochschule Zwickau, so: „Es heißt immer, dass die Ungleichheit immer weiter wächst, aber die Daten zeigen, dass die Lage seit mehr als fünfzehn Jahren nahezu gleichbleibend ist.“
Ein Blick auf wichtige Wohlstandsindikatoren untermauert, dass sich Deutschland und andere Länder mit vergleichbaren Wohlfahrtsstaaten wie Japan und den Benelux-Ländern nicht vor China, Großbritannien und den Vereinigten Staaten verstecken müssen. Das Bruttoinlandsprodukt je Kopf ist zwar in Amerika am größten, Deutschland spielt aber international in der ersten Liga, während China trotz enormer Wachstumsraten noch lange hinterherhinken wird (siehe Grafik).
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