Steffi Böhler: ‚Sicherheit steht bei den Dreharbeiten an oberster Stelle‘

Die Produzenten von «In höchster Not» sprachen im Quotenmeter-Interview unter anderem darüber, warum die Serie als Streamingformat umgesetzt wurde.
Ingmar Grundmann: Das Thema Ehrenamt war uns schon immer ein großes Anliegen. Zudem ist der Bayerische Rundfunk der Sender mit größter Berge-Expertise. Mit Hilfe neuester Technik zum Beispiel Bodycams, 360-Grad Kameras so nah wie möglich die Arbeit der Bergretter und -retterinnen zu begleiten und somit dem Publikum noch nie dagewesene Bilder sowie Eindrücke zu bieten, gaben dann den aktuellen Impuls für die Serie.
Warum Streamingformat haben Sie ein Streamingformat für die ARD Mediathek entwickelt?
Ingmar Grundmann: Die Überlegung war, die sehr erfolgreichen ARD-Retterformate wie «Feuer & Flamme» weiter aufzufächern. Da passt eine Dokuserie über Bergretter perfekt rein. Der BR hingegen will im Programm priorisieren. Die Strategie: insgesamt weniger Produktionen, lieber „Leuchttürme“, die konkurrenzfähig sind und weil mit mehr Budget ausgestattet von höchster Qualität. Es handelt sich bei «In höchster Not Bergretter im Einsatz» um eines der größten und aufwändigsten non-fiktionalen Produktionen des BR in der letzten Zeit.
Welche besonderen Herausforderungen gab es beim Dreh in den Bayerischen Alpen insbesondere unter extremen Wetterbedingungen und in schwierigem Gelände?
Steffi Böhler: Man muss sich in schwierigem Gelände sicher und zügig bewegen können, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Das Wichtigste ist jedoch, dass man den Einsatz und die Rettungskräfte zu keiner Zeit behindert. Je nach Einsatzort erfordert dies umfassende alpine Erfahrung und Fähigkeiten.
Gab es während der Dreharbeiten Situationen, in denen Sie oder das Team selbst in eine gefährliche Lage geraten sind?
Steffi Böhler: Sicherheit steht bei den Dreharbeiten an oberster Stelle und unsere Mitarbeiter sind allesamt erfahrene Bergsteiger. Deshalb gab es auch keine gefährlichen Situationen, die über die normalen Gefahren bei einer Bergtour hinausgehen.
Wie nah konnte das Filmteam an die Rettungseinsätze herankommen, ohne die Arbeit der Bergretter zu behindern?
Steffi Böhler: Da wir viel mit Bodycams arbeiten, hat man stets das Gefühl, live und hautnah am Geschehen zu sein. Bei Einsätzen, die terrestrisch also ohne Hubschrauber stattfanden, konnten wir unmittelbar vor Ort dabei sein selbstverständlich, ohne den Einsatz in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.
Welche technische Ausstattung war nötig, um die Einsätze möglichst authentisch und spektakulär zu dokumentieren? Wurden z. B. Drohnen oder spezielle Kameras eingesetzt?
Steffi Böhler: Für Aufnahmen in der Wache nutzen wir normale Kameras, wie sie auch in anderen Bereichen verwendet werden. Am Berg hingegen ist es entscheidend, leicht und mobil zu bleiben. Daher reduzieren wir unser Equipment auf ein Minimum. Zusätzlich tragen die Bergretter Bodycams. Die größte Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass während des gesamten Einsatzes ausreichend Kameras laufen, ohne dass der Akku oder der Speicherplatz zur Neige geht.
Wie eng haben Sie mit den Bergwachten Ramsau und Grainau zusammengearbeitet, und wie war die Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Retterinnen und Rettern?
Steffi Böhler: Wir waren durchgehend mit einem dreiköpfigen Team jeweils bei der Bergwacht Grainau und der Bergwacht Ramsau in Bereitschaft, um die Rettungsaktionen von Anfang an dokumentieren zu können. Es ist äußerst wichtig, einander zu vertrauen und den RetterInnen die Sicherheit zu geben, dass das Einsatzgeschehen weder verfälscht noch überdramatisiert wird.
Gab es bestimmte Einsätze oder Geschichten, die Ihnen besonders nahegingen oder die Sie nachhaltig beeindruckt haben?
Steffi Böhler: Die Nachtsuche am Watzmann war für uns besonders beeindruckend, weil man hautnah miterlebt, wie sich die Einsatzkräfte aufopfern und niemals aufgeben, um die Vermissten zu finden. Es gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Der Berg wird von allen Seiten bestiegen, die Hütten werden durchsucht, Drohnen und Hubschrauber sind die ganze Nacht im Einsatz ohne überhaupt zu wissen, wo sich die Vermissten ungefähr befinden könnten. All das, um sofort reagieren zu können, sobald ein Lebenszeichen empfangen wird.
Wie wichtig war es Ihnen, nicht nur die spektakulären Rettungseinsätze zu zeigen, sondern auch die Menschen hinter der Bergwacht in den Fokus zu rücken?
Ingmar Grundmann: Das Ehrenamt ist ein zentraler Aspekt der unschätzbaren Arbeit der Bergretter und -retterinnen. Alle machen diese wichtige, oft auch gefährliche Arbeit in ihrer Freizeit, neben bzw. zusätzlich zu ihren Berufen. Die Zeit für die Einsätze geht demnach auch von ihrem Familienleben ab. Dieses persönliche und für die Gesellschaft so wichtige Engagement zu dokumentieren, ist uns ein wichtiges Anliegen. Den Retterinnen und Rettern dabei ganz nahe zu kommen, zu erleben, was die Einsätze und ganz existentiellen Momente mit Ihnen machen, ist ein weiterer Aspekt, der größere Beachtung finden sollte. Freude über eine geglückte Rettung miterleben zu dürfen, zu erfahren wie die Bergretter und -retterinnen mit Trauer und Verlust umgehen, ist oft auch beispielhaft.
Welche Zielgruppe möchten Sie mit der Serie erreichen, und welche Botschaft soll die Doku transportieren?
Ingmar Grundmann: Es geht uns mit solchen Produktionen auch um Generationengerechtigkeit: d.h. mehr Angebote für jüngere Zielgruppen, auf die bislang im Verhältnis deutlich zu wenig Budget verwendet wird. Denn: alle bezahlen für das öffentlich-rechtliche Angebot. Dann haben sie auch ein Anrecht auf entsprechendes Programm.
Können Sie sich vorstellen, die Serie fortzusetzen oder weitere Dokumentationen in ähnlichen Extremsituationen zu drehen?
Ingmar Grundmann: Die erste Staffel hat uns in ihrer Qualität noch vor der Veröffentlichung überzeugt. Das liegt an dem tollen Job, den die Produzenten gemacht haben und natürlich auch an der hervorragenden Zusammenarbeit mit den Bergwachten. Ohne Ihren Vertrauensvorschuss wäre die Produktion nicht zustande gekommen, wäre eine solche Intensität der Aufnahmen nicht möglich gewesen. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
Aus diesen Gründen haben wir uns noch vor den Abrufzahlen und Quoten entschieden, nahtlos weiterzumachen und eine zweite Staffel zu beauftragen. Natürlich muss sich das Format beim Publikum beweisen. Natürlich hoffen wir auf eine möglichst große Reichweite und Akzeptanz bei unseren Nutzern. Jetzt haben wir die Zeit, etwas zu etablieren, den eingespielten Produktionsprozess weiter zu optimieren und das tolle Team zu halten. Das gesellschaftlich wichtige Thema hat eine Fortsetzung allemal verdient. Auch das ist der öffentlich-rechtliche Auftrag.
Vielen Dank für das Gespräch!
«In höchster Not» startet am 9. April in der ARD Mediathek.
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