Wissenschaft

#Substanzanalyse durch Tropfenflecken

Nur scheinbar zufällige Muster: Eine Studie zeigt die Möglichkeit auf, Salz-Substanzen anhand der Flecken zu identifizieren, die sie nach dem Trocknen hinterlassen. Anhand der subtilen Muster-Gemeinsamkeiten der Kristallstrukturen ist das künstliche Intelligenz-System bisher in der Lage, 42 verschiedene Arten von Salzflecken mit hoher Genauigkeit zuzuordnen. Aus diesem “Fingerabdruck”-Ansatz könnte sich ein schlankes Analyseverfahren entwickeln, das etwa bei der Erkundung von Himmelskörpern grundlegende Informationen über Materialien liefern kann, sagen die Forschenden.

Man kennt es aus der Küche: Ein Tropfen des gesalzenen Nudelkochwassers hinterlässt nach dem Trocknen einen weißlichen Fleck auf der Anrichte. Mit der Lupe betrachtet, könnte man dabei etwas erkennen, das aussieht wie in abstraktes Kunstwerk: filigrane Strukturen, die durch das Auskristallisieren des Natriumchlorids entstanden sind. Jeder Tropfen bildet dabei wiederum individuelle Muster aus. Denn komplexe Flüssigkeitsbewegungen und eine Reihe von Umweltfaktoren beeinflussen das jeweilige Ablagerungsmuster. Das Kristallwachstum wird allerdings auch von den speziellen Merkmalen der jeweiligen Substanz geprägt. Doch eine einfache Unterscheidung zwischen den vielen Arten von Salzen ist dadurch nicht möglich: Zumindest augenscheinlich lässt sich beispielsweise das Relikt einer Natriumchloridlösung nicht von einem Kaliumchlorid-Fleck unterscheiden.

Kann KI einen „Kennerblick“ entwickeln?

Deshalb haben die Forschenden um Bruno Batista von der Florida State University in Tallahassee nun ausgelotet, inwieweit Künstliche Intelligenz die subtilen Unterschiede erkennen könnte: Ist es dadurch doch möglich, die Identität einer Salzablagerung allein anhand ihres Aussehens zu bestimmen? Um das grundlegende Potenzial zu erfassen, nahmen die Forscher 7500 Detailfotos von 42 verschiedenen Arten von Salzflecken auf. Sie wurden aus winzigen Tropfen unter standardisierten Bedingungen auf Glas-Objektträgern „gezüchtet“. Mithilfe eines speziellen Softwarekonzepts wurde jedes Bild dann anhand von16 Parametern charakterisiert. Darunter waren etwa Merkmale wie die Ablagerungsfläche, die Kompaktheit und Textur. Darin spiegeln sich wiederum die subtilen Besonderheiten bei der Anordnung der winzigen Kristalle in Ringen, Nadeln und blattähnlichen Strukturen wider.

Mit diesen Bildinformationen haben die Forschenden dann ein KI-System gefüttert und trainiert: Durch die Methoden des maschinellen Lernens ist es möglich, verborgene Muster in den Daten aufzudecken. Konkret sollte das System also lernen, anhand der subtilen strukturellen Gemeinsamkeiten typische Merkmale von Salzflecken einer bestimmten Art zu erkennen. Wie das Team berichtet, war der Ansatz erfolgreich. Dies zeigte sich an der Fähigkeit ihres Systems, die Identität eines Salzes anhand von neuen Flecken zu erkennen. Trotz des bisher vergleichsweise bescheidenen Trainings-Datensatzes war die KI in der Lage, mit bereits hoher Genauigkeit das jeweilige Salz anhand des Fleck-Fotos zu bestimmen. “Wir waren überrascht, wie gut das funktioniert hat”, sagt Seniorautor Oliver Steinbock von der Florida State University. “Wer hätte gedacht, dass man anhand eines Fotos Natriumchlorid von Kaliumchlorid unterscheiden kann? Auf den Bildern sehen sie sehr ähnlich aus – aber die Methode erkennt den Unterschied”, so der Forscher.

Vielversprechender Ansatz

Wie er und seine Kollegen betonen, handelt es sich bisher um einen Nachweis der Machbarkeit: Zumindest für reine wässrige Salzlösungen hat sich nun bereits gezeigt, dass eine Identifikation der Substanz anhand des Aussehens von mikrogrammgroßen Ablagerungen möglich ist. Nun soll das Konzept deutlich ausgebaut werden: Die Forschenden planen, den Trainings-Datensatz durch die Analyse von Hunderttausenden von zusätzlichen Bildern zu erweitern. Außerdem sollen mehr Verbindungen und Substanzmischungen einbezogen werden, wodurch das Werkzeug noch genauer und vielseitiger werden kann. Diese große Zahl erfordert allerdings eine Automatisierung. Momentan testen die Forschenden dazu den Einsatz eines Roboter-Tropfen-Imagers.

Ihnen zufolge zeichnet sich erhebliches Anwendungspotenzial für das Konzept ab. Denn Salze haben in der Chemie und Natur eine große Bedeutung, was die Möglichkeit, sie anhand eines Fotos schnell und einfach zu identifizieren, interessant macht. Unter anderem könnte das Verfahren etwa in der Raumfahrt genutzt werden. Denn es ist schwierig und teuer, einen Rover, der einen fremden Himmelskörper erforscht, mit einem kompletten Chemielabor auszustatten. Für das neue Konzept, könnte schon eine hochauflösende Kamera ausreichen, um zumindest grundlegende Hinweise auf die Zusammensetzung von Probematerial zu gewinnen. Ein weiterer Vorteil des Ansatzes ist dem Team zufolge auch der geringe Materialbedarf: Wenige Milligramm eines Salzdepots könnten schon aufzeigen, worum es sich handelt.

Quelle: Florida State University, Fachartikel: Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2405963121

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