Wissenschaft

#Warum Streifenhörnchen im Winterschlaf keinen Durst haben

Bis zu acht Monate lang halten die in Nordamerika heimischen Dreizehnstreifen-Hörnchen Winterschlaf. Während dieser Zeit nehmen sie keine Flüssigkeit zu sich und verspüren selbst in zwischenzeitlichen Aktivitätsphasen keinen Durst. Eine Studie zeigt nun, welche neuronalen Mechanismen dahinterstecken. Demnach weisen die Streifenhörnchen zwar einen erheblichen Flüssigkeitsmangel auf, doch ihre Durstneuronen sind so stark herunterreguliert, dass sie die Signale nicht weitergeben.

Wenn wir zu wenig getrunken haben, verspüren wir über kurz oder lang Durst – ein lebenswichtiges Signal unseres Körpers, das uns dazu bringt, wieder Flüssigkeit zu uns zu nehmen. Ausgelöst wird das Durstgefühl durch ein Zusammenspiel zwischen Nieren und Gehirn. Sinkt das Blutvolumen, schüttet die Niere ein Enzym aus, das die Produktion des Hormons Angiotensin II in Gang setzt. Dieses Hormon sorgt in der Niere dafür, dass weniger Wasser ausgeschieden wird. Im Gehirn bindet es an Rezeptoren, die in uns das Bedürfnis auslösen, zu trinken. Der gleiche Mechanismus findet sich bei den meisten anderen Säugetieren. Bei einigen scheint er allerdings zumindest zeitweise außer Kraft gesetzt zu werden: im Winterschlaf.

Acht Monate ohne Wasser

„Trotz mehr als einem Jahrhundert Forschung ist die Frage nach dem neurophysiologischen Mechanismus, der es Tieren im Winterschlaf ermöglicht, monatelang zu überleben ohne zu trinken, noch immer unbeantwortet“, erklärt ein Team um Madeleine Junkins von der Yale University School of Medicine. Um diese Frage zu klären, untersuchten die Forschenden die in Nordamerika heimischen Dreizehnstreifen-Hörnchen (Ictidomys tridecemlineatus).

„Im Winter halten die Streifenhörnchen sechs bis acht Monate Winterschlaf, ohne zu trinken“, berichtet das Forschungsteam. In dieser Zeit bleiben die Tiere in ihrem unterirdischen Bau und wechseln zwischen zwei Zuständen: In den sogenannten Torpor-Phasen sinkt die Körpertemperatur auf zwei bis vier Grad Celsius sinkt und die Tiere sind vollständig inaktiv. Unterbrochen wird der Torpor alle zwei bis drei Wochen von kurzen Aktivitätsphasen, in denen die Körpertemperatur für ein bis zwei Tage auf 37 Grad Celsius ansteigt. „In diesen Phasen bewegen sich die Tiere in ihrem Bau, verlassen ihn aber nicht auf der Suche nach Wasser“, so die Forschenden. „Auch wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet, weigern sie sich zu trinken.“

Durstneuronen gehemmt

Doch welche Mechanismen stecken dahinter? Im Blut von Streifenhörnchen in einer winterlichen Aktivitätsphase stellten Junkins und ihr Team deutliche Zeichen von Flüssigkeitsmangel fest: Das Blutvolumen war reduziert und der Angiotensin-II-Spiegel verdoppelt. Eigentlich müsste ein so hoher Spiegel dieses Hormons starken Durst auslösen. Doch das ist offensichtlich nicht der Fall, wie die Trinkverweigerung der Hörnchen zeigt. Deshalb vermuteten die Forschenden, dass der Grund im Gehirn liegen muss: Können womöglich die Rezeptoren im Gehirn das Angiotensin II während des Winterschlafs nicht wahrnehmen?

Wie Jungkins und ihr Team feststellten, trifft diese naheliegende Erklärung nicht zu. „Überraschenderweise scheint der neuronale Mechanismus zur Durstunterdrückung unabhängig vom Angiotensin-II-Signalweg zu sein“, berichten sie. „Die Durstneuronen besitzen eindeutig die Fähigkeit, Angiotensin II während der gesamten Zeit zu erkennen und darauf zu reagieren.“ Stattdessen stellten die Forschenden fest, dass die Grundaktivität der Durstneuronen durch hemmende Neuronen so stark reduziert wird, dass die Reize nicht weitergeleitet werden. Zudem reagierten die Durstneuronen im Experiment stärker auf den hemmenden Botenstoff GABA.

„Wir vermuten, dass Streifenhörnchen eine zweigleisige Strategie anwenden, um den Wasserverbrauch zu optimieren und gleichzeitig den Durst zu minimieren“, schreiben die Forschenden. Das Angiotensin II sorgt dafür, dass der Körper so wenig Wasser wie möglich verliert. Die Herunterregulierung der Durstneuronen im Gehirn verhindert zugleich, dass die Tiere das Bedürfnis entwickeln, im Winter ihren Bau zu verlassen, um Wasser zu suchen. Denn das würde sie zu viel Energie kosten und so ihr Überleben gefährden. „Unsere Arbeit zeigt eine bemerkenswerte Fähigkeit, den Flüssigkeitshaushalt zu kontrollieren, um ein langfristiges Überleben ohne Wasser zu ermöglichen“, so das Team.

Quelle: Madeleine Junkins (Yale University School of Medicine, CT, USA) et al., Science, doi: 10.1126/science.adp8358

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!