#Wo bleibt der Jubel?
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„Wo bleibt der Jubel?“
Vulkanausbrüche sind in der Wirklichkeit nur aus einigem Abstand auszuhalten, in der Kunst aber können sie geradezu erkenntnisstiftend sein: „Eines Tages zog ich aus, um meine Stärke zu erlangen, und fand das Feuer“, steht auf einer Plakatwand am hinteren Ende von Halle 4.1 zwischen lauter bunten Bildern, die stilisierte Vulkanausbrüche zeigen, oft in enger Verbindung mit menschlichen Körpern, ganz so, als gehöre der alles verändernde Ausbruch zu einer Person, zu einem Leben. Die Blätter sind einfache Abzüge auf dünner Pappe, sie hängen mit Nägeln befestigt an der Wand, darüber die nackte Hallendecke mit ihren Röhren und Leuchten. Das zugehörige Manifest endet mit dem Satz: „Wir verspüren keine Angst, wir spüren Hitze.“
Es wäre ein schönes Motto für diese Ausgabe der Frankfurter Buchmesse gewesen, aber das offizielle „re:connect“ traf es auch ganz gut. Zwei Jahre nach der letzten, bei der man von Corona noch nichts ahnte und 7500 Aussteller gekommen waren, und ein Jahr nach der hybrid abgehaltenen Ausgabe unter dem fast schon galgenhumorig anmutenden Motto „All together now“, trafen nun gut 2000 Aussteller auf insgesamt 73.000 Besucher. Dass die Hallen mitunter wie leer gefegt wirkten, war also vorhersehbar, dass die Terminkalender vieler Messeveteranen deutliche Lücken aufwiesen, auch, was immerhin zu mehr spontanen Begegnungen und entspannten Gesprächen führte. Gehetzt wirkten die wenigsten, auch wenn sich manche Verlage eine bessere Auslastung ihrer extra angereisten Autoren gewünscht hätten. Immerhin kamen zu Open Books, dem parallel zur Messe abgehaltenen Lesefest der Stadt Frankfurt, 6500 Besucher zu 140 Veranstaltungen.
Natürlich konnte man sich erregen
Andere Autoren sagten ihre Auftritte ab und protestierten damit gegen die Präsenz eines rechten Verlags, was dann von Beginn an breit diskutiert wurde, obwohl das Thema bereits seit einigen Jahren die Leipziger wie die Frankfurter Buchmesse begleitet, ohne dass eine Lösung dafür in Sicht wäre. In der auf der Messe aufgenommenen „Diwan“-Sendung des Bayerischen Rundfunks hielt die Autorin Felicitas Hoppe das Prinzip des unvermittelten Austauschs hoch und sagte, es sei „unheimlich wichtig, in diesem Jahr hierherzukommen“, wozu die Autorin Kirsten Fuchs sagte, sie fände es „unheimlich wichtig, in diesem Jahr nicht herzukommen“, und da schien der direkte Austausch schon an sein Ende gekommen zu sein. Eigentlich, sagte Fuchs dann noch, hätte sie ihre Auftritte auf der Messe auch schon abgesagt, aber ihr Verlag – Rowohlt –, hätte sie „sehr gebeten“, diese Entscheidung zurückzunehmen Was man verstehen kann: Schließlich hatte ihr Verlagskollege Matthias Nawrat, ebenfalls vorgesehen für diese „Diwan“-Aufnahme, den Termin aus Solidarität mit einer weiteren Rowohlt-Autorin abgesagt, die sich auf der Messe in Anwesenheit des rechten Verlags nicht sicher fühlte. Es blieb dem Romancier und Übersetzer Stefan Moster vorbehalten, an das Offensichtliche zu erinnern: „Das Problem besteht darin, dass es diese Leute überhaupt gibt.“ Er sehe nicht ein, das Feld zu räumen, damit am Stand des rechten Verlags die Sektgläser gehoben würden: „Das ist immer noch unsere Buchmesse und nicht deren.“
Was war aus der euphorischen Stimmung geworden, die am vergangenen Montag auf der Buchpreis-Verleihung an die mit Standing Ovations bedachten Antje Rávic Strubel geherrscht hatte? Aus der Wiedersehensfreude, dem Aufbruchsgefühl? Natürlich konnte man sich über die lästigen Corona-Kontrollen erregen, die pandemiebedingt einförmigen Stände, die breiten Gänge dazwischen, für die sich bald das Wort „Autobahn“ einbürgerte und die abwesenden Verlage, die das wie im vergangen Jahr mit der Sicherheit der Mitarbeiter und zugleich mit dem Hygienekonzept der Messe begründeten. Und dann war da noch das Bahnchaos am Donnerstag, das manche anreisende Teilnehmer zur Umkehr zwang.
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