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#Corona als Wachstumstreiber

Corona als Wachstumstreiber

Für die Supermarktkette Alnatura wirkte das Corona-Virus wie ein Wachstumsmittel: Es verhalf dem Unternehmen erstmals zu einem Jahresumsatz von gut einer Milliarde Euro. Die Darmstädter setzten mit Bio–Lebensmitteln rund einhundert Millionen Euro mehr um als noch im Geschäftsjahr 2018/19. Ein Wachstum, das die Erfolgswerte des Biosektors im Ganzen übersteigt und das auch Alnatura in den vergangenen zehn Jahren nicht gesehen hat.

Inga Janović

Doch nicht diese Rekordzahlen stellte Alnatura-Gründer Götz Rehn in den Fokus seiner Bilanz des Geschäftsjahres, das mit dem September abgeschlossen wurde. Er schob eine andere Botschaft vorneweg: „Alnatura will seit mehr als dreißig Jahren zeigen, dass nachhaltiges und sinnvolles Wirtschaften möglich ist.“ Wie nötig ein Umdenken in den Management-Etagen wäre, zeige gerade dieses Jahr, fuhr Rehn fort. „Klima-, Umwelt- und Gesellschaftskrise sind keine Zufälle, sie sind menschengemacht.“ Auch wenn momentan Corona und die Folgen alles überschatteten, eine Pause von den übrigen Problemen sei nicht drin: „Die Klimakrise muss uns beschäftigen“, forderte Rehn und hob den Beitrag heraus, den der biologische Landbau zu ihrer Überwindung leisten könne.

Diesen Apellen werden speziell Alnatura-Kunden sicherlich zahlreich zustimmen, ein Großteil des aktuellen Wachstums ist dennoch der Corona-Krise zuzuschreiben. „Die Menschen kaufen seltener in unseren Märkten, dafür aber viel, viel mehr“, sagt Rüdiger Kasch, zweiter Geschäftführer neben Rehn und für die mittlerweile 136Filialen zuständig. Vor allem Lebensmittel für den Vorratsschrank, wie Mehl und Backzutaten, Nüsse, Konserven und Teigwaren seien stark gefragt. „Das sehen wir auch gerade jetzt wieder“, so Kasch. Sogar den Absatz von nachhaltigen Textilien konnte Alnatura gegen den Branchentrend leicht steigern.

Und das Geschäft brummt nicht nur in den eigenen Filialen. Deren Zahl ist im vergangenen Jahr um vier neue gestiegen, darunter ein Supermarkt im Frankfurter Ostend. In gleichem Tempo geht es weiter: Am Donnerstag eröffnet ein Markt in Stuttgart, am 10.Dezember wird die wegen Umbau geschlossene Filiale in Frankfurt-Bornheim wiedereröffnet. Im nächsten Jahr folgen Geschäfte in Bad Homburg, Offenburg und Weil am Rhein. Die Hälfte seines Umsatzes erzielt Alnatura aber mit 21 Handelspartnern, viele der insgesamt 1300 Bio-Produkte der Marke sind in großen Laden- und Drogerieketten zu finden, demnächst wird sie auch die tschechische Kette JIP ins Sortiment nehmen. Wobei das Auslandsgeschäft nur zehn Prozent am Gesamtumsatz ausmacht.

Höfe sollen auf biologische Landwirtschaft umstellen

Wenn es um den Import geht, will Alnatura das Auslandsgeschäft verkleinern. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr hätten sie darin bestätigt, Lieferketten möglichst kurz zu halten und das Netz aus regionalen und nationalen Lieferanten auszubauen, sagte Mit-Geschäftsführer Kasch. In der Filiale Unterhaching gelinge das mit einem Produkt vorbildhaft: Der Honig, der dort verkauft wird, stammt von Bienenvölkern, die direkt neben dem Supermarkt gehalten werden. Das soll es bald auch an anderen Standorten geben. Projekte im größeren Maßstab legen die Darmstädter mit Bio-Bauern auf der Bodensee-Insel Reichenau auf. Erstmals kam in diesem Sommer dort geernteter Ingwer in die Märkte. „Bodensee statt Übersee“, witzelte Rehn und nannte weitere Beispiele: Die Ziegenkäse im Kühlregal stammten neuerdings aus dem Odenwald und die Walnüsse seien im Hessischen Ried statt in Frankreich geerntet.

Rehn wünscht sich viel mehr solcher Erzeuger und Lieferanten, der Umstieg auf biologische Landwirtschaft geht ihm viel zu langsam. Wolle Deutschland den im Green Deal der Europäischen Union benannten Anteil von 25 Prozent Bio-Landwirtschaft bis 2025 erreichen, müssten jährlich 240000 Hektar Ackerland von konventioneller auf biologische Bewirtschaftung umgestellt werden. Tatsächlich sei dies 2019 auf nur 100000 Hektar geschehen. Landesweit macht die Biolandwirtschaft ein Zehntel des gesamten Sektors aus.

Alnatura versucht, die Höfe selbst zum Umstieg zu animieren. 78 Betriebe haben sich darauf seit 2015 eingelassen, 53 Produkte steuern sie zum Sortiment bei, 14580 Hektar Fläche wurden auf nachhaltigere Bewirtschaftung umgestellt.

Während die einen also besser produzieren, sollen die Kunden besser einkaufen. Etwa, indem sie Verpackungsmüll vermeiden und zu dem neuen Mehrwegsystem greifen, das Alnatura 2020 eingeführt hat. Müsli, Nüsse, Tee, Ketchup und einiges mehr gibt es bereits in den wiederverwendbaren Behältnissen zu kaufen. Noch eine Neuerung in vorerst einigen Supermärkten ist das Angebot, den Einkauf in einem geliehenen Lastenrad nach Hause zu transportieren. In Frankfurt steht eines an der Filiale im Westend bereit, auch die Märkte in Offenbach und am Mainzer Zollhafen bieten diesen Service.

Nicht nur mit den natürlichen Ressourcen, seinen Lieferanten und Kunden, auch mit seinem Personal will Alnatura anders umgehen als andere. Von 3220 auf 3500 ist die Zahl der Angestellten im abgelaufenen Geschäftsjahr gewachsen, 146 davon sind Auszubildende. In den nächsten zwölf Monaten sollen laut Rehn mindesten 200 weitere Männer und Frauen hinzukommen. Sie zu finden, dürfte nicht schwer sein, Alnatura zahlt überdurchschnittlich, hat seinen Mindestlohn in diesem Jahr auf 13 Euro pro Stunde erhöht. Das gesetzliche Limit wird demnächst auf 9,50 Euro angehoben.

Die vom Acker bis in den Laden aufwendigere Arbeitsweise hat selbstverständlich ihren Preis. Dass Lebensmittel ihn wert seien, sei den Menschen gerade in der Corona-Krise klargeworden, sagt Rehn. Der Umsatz mit Bioprodukten sei in diesem Jahr deutschlandweit um 17Prozent von 12 auf 14 Milliarden Euro gewachsen. Eine davon steht in den Darmstädter Büchern.

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