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„Er ist der König von New York – und du bist es nicht“

Kaum hatte der neue Prozess gegen den ehemaligen Filmproduzenten Harvey Weinstein begonnen, schon forderten seine Anwälte das Ende des Verfahrens. Nach den ersten Zeugenaussagen stellten sie in der vergangenen Woche den Antrag auf ein sogenanntes „mistrial“, einen gescheiterten Prozess. Richter Curtis Farber erteilte ihnen binnen weniger Minuten eine Absage – manchmal verbrenne man sich die Finger, sagte er warnend zu den Anwälten des heute 73 Jahre alten Angeklagten.

Zuvor hatten mehrere Zeuginnen ausgesagt. Zwei gaben zu Protokoll, dass die Produktionsassistentin Miriam Haley ihnen 2006 von einem sexuellen Übergriff Weinsteins berichtet habe. Eine der Zeuginnen sagte, Haley habe „völlig erschüttert“ gewirkt, als sie von erzwungenem passivem Oralverkehr mit Weinstein berichtet habe, der dabei seine körperliche Kraft gegen sie eingesetzt habe. Weil eine der ehemaligen Freudinnen von Haley sagte, diese hätte „nie und nimmer“ freiwillig Sex mit dem Miramax-Mitgründer gehabt, argumentierten dessen Verteidiger, die Zeugin sei so voreingenommen, dass ihre Aussage nicht hätte zugelassen werden dürfen.

Zeugin bereut mutmaßliches Verhalten

Während ihrer Aussage weinte Haleys ehemalige Vertraute und sagte, dass sie ihren damaligen Rat an Haley, nicht zur Polizei zu gehen, sehr bereue. Sie habe Haley gesagt, Weinstein sei „der König von New York und extrem mächtig“, und: „Du bist es nicht“. Außerdem habe sie die Schwedin darauf hingewiesen, dass diese illegal mit einem Touristenvisum für Weinsteins Show „Project Runway“ arbeitete. Ihre Worte „Lass es gut sein“ täten ihr heute extrem leid. Die Zeugin räumte im Kreuzverhör ein, dass sie Haley einmal geraten habe, Weinstein zu daten – diese habe das aber abgelehnt. Dies sei vor dem geschilderten Übergriff gewesen.

Haleys andere damalige Freundin beantwortete ebenfalls Fragen im Kreuzverhör. Von ihr wollte Weinsteins Anwältin Jennifer Bonjean wissen, warum auch sie ihrer Freundin nicht geraten habe, zur Polizei zu gehen, wie sie es sicherlich nach einem Raubüberfall getan hätte. Sexuelle Übergriffe seien mit einem „anderen Stigma“ verbunden, so die Zeugin, der Bonjean vorwarf, der MeToo-Bewegung nahezustehen und deshalb „eine Rechnung offen“ zu haben. Die Zeugin hatte im Eigenverlag ein Buch veröffentlicht, in dem sie schrieb, es gebe einen „Krieg“ gegen Täter wie Weinstein.

Weinstein beharrt auf seiner Unschuld

Haley ist eine von drei Klägerinnen, die in dem neuen Verfahren auch selbst aussagen werden. Mitte der Woche hatte die Staatsanwältin Shannon Lucey gefordert, Weinstein wegen Vergewaltigung und zweier Angriffe, die sie „orale Vergewaltigung“ nannte, zu verurteilen. Auch die ehemalige Schauspielerin Jessica Mann und das Ex-Model Kaja Sokola beschuldigen Weinstein. Mann wirft ihm vaginale Vergewaltigung vor. In Sokolas Fall soll es einen Übergiff gegeben haben, als sie noch minderjährig war; dieser ist allerdings nicht Teil der Klage. Laut dem Eröffnungsplädoyer der Staatsanwaltschaft hätten sich alle drei Klägerinnen zeitweise in unterschiedlichem Maß auf Weinsteins Drängen eingelassen, um Schlimmeres zu verhindern. Das sei ein bekanntes Muster nach erlebter psychischer und physischer Gewalt in der Kindheit. Im weiteren Verfahren sollen auch Experten dazu aussagen.

Die Verteidigung argumentiert, dass alle sexuellen Kontakte der Frauen mit Weinstein einvernehmlich gewesen seien. Anwalt Arthur Aidala stellte in seinem Eröffnungsplädoyer auch die Glaubwürdigkeit der Klägerinnen infrage, warf ihnen vor, mit ihren Beschuldigungen Geld und Ruhm gewollt zu haben. Mann und Haley waren 2019 und 2020 Teil der ersten New Yorker Klage gegen Weinstein gewesen, die mit einem Schuldspruch wegen Vergewaltigung und schweren sexuellen Übergriffs endete.

Weinstein wurde damals zu 23 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde aufgehoben, weil das Gericht Zeuginnen gehört hatte, deren Anschuldigungen nicht Teil der Anklage waren. So sei kein faires Verfahren mehr gewährleistet gewesen, urteilte das Berufungsgericht im vergangenen Jahr. Weinstein, der unter Leukämie leidet und herzkrank ist, verbüßt auch eine sechzehnjährige Strafe wegen Vergewaltigung aus Kalifornien. In New York kann er die Nächte während des Prozesses im Bellevue-Krankenhaus verbringen. Richter Farber hatte das genehmigt, nachdem Weinsteins Anwälte sich mehrfach über Haftbedingungen und Gesundheitsversorgung im Gefängnis Rikers Island beschwert hatten.

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