#Wie ein „Noma“-Gründer die armenische Küche aufmischt
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„Wie ein „Noma“-Gründer die armenische Küche aufmischt“
An den ausgelassenen Küchentanz nach Dienstschluss scheint sich Mads Refslund auch nach Wochen noch nicht gewöhnt zu haben: Seine Miene sitzt etwas schief, als er für ein paar Schritte von den Armeniern im Kochteam mitgezogen wird, bevor er sich losreißen kann. Dass sein Engagement im Restaurant „Tsaghkunk“ auch sein Tanzbein herausfordern würde, hatte der dänische Koch wohl nicht erwartet. Schließlich kam er in das gleichnamige Dorf, das eine Autostunde nordöstlich der Hauptstadt Jerewan liegt, um aus der unvoreingenommenen Warte eines Außenstehenden und mit seiner Kreativität und Erfahrung als Spitzenkoch die armenische Küche umzukrempeln – indem er traditionelle Lebensmittel anders einsetzt, unbekannte Zutaten aus der hiesigen Wildnis wie Blätter, Früchte, Beeren ausfindig macht, und Küchentechniken variiert. Mit einem Modellmenü sollte er den ortsansässigen Köchinnen und Köchen Wege zu einer eigenen kulinarischen Sprache mit Blick Richtung Zukunft zeigen.
Diese Mission mag ein wenig nach Missionieren klingen, und manche Armenier werden sich gefragt haben: Braucht es denn nach der Sowjetzeit mit ihrer von ganz oben verordneten sowjetischen Gesamtküche (Stichwort Russischer Salat) nun einen Dänen, der uns sagt, was wir kochen sollen? In der Gastronomieszene scheint man es aber hauptsächlich als Ehre zu begreifen, dass der bekannte Koch sich in die lokalen Spezialitäten und Zutaten des kleinen Kaukasusstaates vertieft hat.
Übriggebliebenes Brot wird zum Dessert
Refslund ist eigentlich im Ur-„Noma“ in Kopenhagen einer der Pioniere der Nordic Cuisine und mittlerweile in New York zu Hause. Sein Pop-up im „Tsaghkunk“ ähnelt als Modellrestaurant einem kulinarischen Kreativseminar: Der Däne wagte sich etwa an die Traditionsspeise Lavash. Er servierte das im Erdofen Tonir gebackene Fladenbrot in einer Version mit besonders hohem Sauerteiganteil. Übriggebliebenes Brot verarbeitete Refslund zu groben Bröseln, in denen er Eiskugeln aus Sahne und getrockneten Feigen wälzte – eines der zwei Desserts seines Menüs.
Pionier aus Kopenhagen: Mads Refslund
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Bild: David Egui
Auf das dünne Fladenbrot, das neben Kräuterbündeln auf jeder armenischen Tafel zu finden ist, ist Refslund schon auf einem seiner ersten Ausflüge gestoßen: Gemeinsam mit dem Küchenteam des „Tsaghkunk“ besuchte er den GUM Market in Jerewan, wo dem Fladenbrot eine beträchtliche Fläche gewidmet ist. Die hier feilgebotenen Lavash stammen aus Bäckereien rund um Jerewan, wo der hauchdünn ausgewalkte rohe Teig mithilfe von Pölstern an die brennheißen Innenwände der holzbefeuerten Erdöfen geklebt wird. Innerhalb von Sekunden wölben sich Blasen aus der Teigoberfläche und färben sich knusprig braun – schon wieder ist ein Lavash fertig und kann mit einem Haken aus der Erde geholt werden.
Lavash gilt als das am meisten gegessene Brot in Armenien.
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Bild: David Egui
Gebacken wird von den Augen der Gäste
Das „Tsaghkunk“ ist Teil eines Regionalentwicklungsprojekts: Eine bäuerliche Gegend soll zu einem spannenden Agrotourismus-Ziel geformt werden. Zum Konzept gehört, kulinarische Traditionen wie die Lavash-Herstellung als Ritual zu präsentieren. Mads Refslund hat das Fladenbrotbacken im „Tsaghkunk“ daher zu einer Art Theatervorstellung zum Aperitif auserkoren: Sauerteig-Lavash wurde vor den Augen der Gäste gebacken, dazu gab es fermentierte Himbeeren, veganen Käse aus gerösteten Haselnüssen – im käseliebenden Armenien eine starke Ansage –, und Basturma, luftgetrocknetes Rindfleisch in bockshornkleelastigem Gewürzmantel. Im Glas wurde dazu ein Orange Wine von Aaron Sedrick Rawlins gereicht. Rawlins ist ein ehemaliger Koch aus den USA, der heute in der südarmenischen Provinz Wajoz Dsor Weine aus einheimischen Rebsorten macht.
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