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#„Wir haben 700 Kliniken mehr als nötig“

„Wir haben 700 Kliniken mehr als nötig“

Herr Hecken, reden wir über Schummelei in den Corona-Testzentren, krumme Deals mit Masken, Millionen für unnötig freigehaltene Klinikbetten. Wie viele Betrüger tummeln sich im Gesundheitssystem?

Sebastian Balzter

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Ich bin überzeugt davon, dass der Anteil der Betrüger in allen Berufsgruppen ungefähr gleich groß ist. Das Gesundheitswesen sticht da weder nach oben noch nach unten heraus. Bei den Masken und den Testzentren stehen ja nicht speziell Akteure aus dem Gesundheitswesen in der Kritik, sondern Unternehmer aus ganz anderen Branchen. Dass manche psychiatrische Krankenhäuser, die absehbar keine Corona-Patienten versorgen würden, trotzdem zur Profitmaximierung Freihaltepauschalen kassiert haben, hat mich allerdings gestört.

Sie sind seit 2012 der Chef der Selbstverwaltung von Krankenkassen, Kliniken und Ärzten. Sie kennen ihre Pappenheimer. Hat Jens Spahn Sie vor seinen Corona-Schnellmaßnahmen, die sogar der Bundesrechnungshof geißelt, zu Rate gezogen?

Nein. Aber ich finde es viel zu einfach, ihm im Nachhinein aus der warmen Amtsstube heraus vorzuwerfen, dass er im Notfall so schnell gehandelt hat. Hätte er sich lange mit Kontrollmaßnahmen aufgehalten, Bestellformulare entwickelt, evaluiert und es hätte deshalb monatelang an Masken und Schnelltests gefehlt, hätte man ihn doch aus dem Amt gejagt. In einer solchen Krise ist schnelle Reaktion gefragt, Fehler sind da unvermeidlich.

Auch ohne Betrug und Fehlanreize hat die Corona-Seuche die Gesundheitsausgaben um viele Milliarden nach oben getrieben. Wie stark werden die Kassenbeiträge nun steigen?

Die zusätzlichen Ausgaben jetzt sind nur die Spitze des Eisbergs. Davon unabhängig müssen wir uns Gedanken machen, wie wir unser Gesundheitssystem angesichts der Alterung der Bevölkerung und des medizinisch-technischen Fortschritts langfristig finanzierbar erhalten. Die Pandemie hat gnadenlos Schwachstellen offenbart, zum Beispiel die fehlende Transparenz und Vernetzung. Für mich war es entsetzlich festzustellen, dass ich zunächst nicht auf Knopfdruck wusste, wo welches Intensivbett steht und ob es belegbar ist. Wenn im Supermarkt mal keine Hühnersuppe im Regal steht, können Ihnen die Mitarbeiter in Sekunden sagen, in welcher Filiale es noch welche gibt und wann Nachschub kommt. Und wir sind noch mit der Taschenlampe durch Deutschland gelaufen und haben Intensivbetten gesucht.

Sie entscheiden, was die Kassen aus ihrem Etat von zuletzt 250 Milliarden Euro im Jahr zahlen und was nicht. Warum regeln sie das nicht selbst?

Weil dafür Entscheidungen nötig sind, die nur der Gesetzgeber treffen kann. Wir könnten in der Krankenhausversorgung viel mehr Transparenz schaffen, wenn wir nicht in föderalen Strukturen stecken würden. Es geht dabei ja nicht um Zauberei, sondern um Technik, über die schon jetzt viele Rettungsleitstellen verfügen. Damit sind sekundengenaue Kapazitätsabfragen möglich. Wir haben das nur immer noch nicht einheitlich für das ganze Land, obwohl wir darüber schon seit Jahren diskutieren. Deshalb sage ich: Damit wir ein Krankenhaussystem mit Zukunft bekommen können, brauchen wir eine Grundgesetzänderung.

Wie müsste dieses System aussehen?

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