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#Thomas Müller auf der Suche nach sich selbst

Thomas Müller auf der Suche nach sich selbst

Zu den jungen Wilden gehört Thomas Müller sowieso nicht mehr. Die nähern sich meist in Gruppen und Schwärmen dem Trainingsplatz in Herzogenaurach, das sieht dann nach Fahrradausflug zum Sport oder Schwimmbad aus, weil die Nationalspieler die paar hundert Meter von ihrem Wohnbereich auf den blauen Drahteseln des Ausrüsters zurücklegen.

Manchmal kann man dabei auch den einen oder anderen etwas älteren Wilden sehen, Mats Hummels zum Beispiel ist oft zu Scherzen aufgelegt und transportiert schon mal einen Basketball in einem der Fahrradkörbchen, oder Leon Goretzka, der gern musikhörend anrollt. Das auffälligste Accessoire von Thomas Müller hingegen ist ein grauer Fahrradhelm. Der lässt ihn zusammen mit der aufrechten Sitzposition auf den auffallend unsportlichen Modellen wie einen freundlichen Herrn im etwas gemütlicheren Alter erscheinen. Am Montag pfiff er dabei fröhlich eine Melodie.

Auf Nummer sicher: Fahrradtourist Müller mit Helm.


Auf Nummer sicher: Fahrradtourist Müller mit Helm.
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Bild: dpa

Am Wochenende hatte derselbe Müller, der auf dem Rad auf Nummer sicher geht, eine kleine Ansprache gehalten, in der er wie der Sicherheitsbeauftragte oder auch Verteidigungsminister der Fußball-Nationalmannschaft klang. Tatsächlich sprach Müller, der WM-Schützenkönig von 2010 und Zehnte der ewigen deutschen Stürmerrangliste, mit 39 Toren insgesamt, in der Pressekonferenz in Herzogenaurach lang und breit über eine Kunst, die eigentlich nicht die seine ist: das Verteidigen. Wenn man Müller folgte, ist das der Weg, mit dem an diesem Dienstag die Engländer im EM-Achtelfinale im Londoner Wembley-Stadion (18 Uhr, im F.A.Z-Liveticker zur Fußball-EM, in der ARD und MagentaTV live) geschlagen werden sollen. Es bringe nichts, „auf Teufel komm raus“ nach vorne zu spielen, vielmehr könne es sein, dass es in den 90 Minuten „nur zwei, drei Chancen“ gebe, sagte Müller, vielleicht gehe es sogar mit 0:0 in die Verlängerung, und wenn man ein Spiel knapp gewinne, dann sei das „auch keine Schande“. Die Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass Deutschland hinten dicht hält. Das werde „eher das Entscheidende“ sein, als sich viele Chancen herauszuspielen, sagte Müller. Nur: Fünf Gegentore und vier Rückstände in den drei bisherigen Spielen sind dafür eher eine ungünstige Bilanz.

Also sprach der Verteidigungsminister: Bei den bisherigen Gegentoren sei ihm etwas aufgefallen, sagte Müller. Dass die Deutschen nicht in Unterzahl gewesen seien, „es waren genügend Spieler hinter dem Ball“. Was so zu verstehen war, dass dann entweder die Zuordnung nicht stimmte oder nicht entschlossen genug zugepackt wurde. Das soll sich gegen England ändern. Es sei wichtig, sich hinten nicht schon qua Überzahl sicher zu fühlen, sondern „den Druck auf den Ball hochzuhalten“, um die Umschaltmomente der schnellen Offensive zu blockieren, es gehe wie schon in Ansätzen gegen Frankreich um den „Spirit“, den „Willen, Zweikämpfe zu führen, eklig zu sein, immer wieder nachzusetzen, sich „immer wieder hinten anzustellen, einer führt den Zweikampf, und wenn er ihn verliert, dann kommt der Nächste“. England durch Schlangestehen zu bezwingen, sie also praktisch mit den eigenen Waffen zu schlagen, das wäre fast schon etwas für einen Monty-Python-Sketch. Aber es deutete nichts drauf hin, dass es von Müller auch nur irgendwie witzig gemeint sein könnte.

Es ist ja überhaupt ein Missverständnis, dass Müller immer mit einem flotten Spruch um die Ecke kommen würde. Das ist beim FC Bayern schon länger nicht so, und auch in der Nationalmannschaft bekommt man in diesen Wochen einen Mann zu sehen und zu hören, der durch äußerste Seriosität auffällt. Der sich einfach sehr intensiv mit Fußball beschäftigt, der ausführliche und substantielle Referate hält, wo andere mit einem halben Satz nichts sagen. Man kann darüber spekulieren, ob Müller das bewusst tut, was ja auch verständlich wäre: Auch „Tatort“-Kommissare merken irgendwann, dass es nicht schön ist, immer mit derselben Rolle identifiziert zu werden, und wenn man mit 31 Jahren und hundert Länderspielen ins Nationalteam zurückkehrt, dann möchte man das vielleicht doch nicht so gerne als Quatschmacher der Nation tun. Genauso gut könnte es aber auch einfach so sein, dass Müller sich über all so etwas gar keine Gedanken macht und einfach die Chance, die ihm mit dieser EM zugeflogen ist, mit höchster Konzentration und letzter Konsequenz nutzen will.

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