#Tote Pinguin-Küken durch Meereisverlust
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In vier antarktischen Kaiserpinguin-Kolonien sind im vergangenen Jahr die Küken dem verfrühten Schmelzen des antarktischen Meereises zum Opfer gefallen, berichten Forscher. Dies geht aus Satellitenbeobachtungen in der Bellingshausensee hervor. Die Entdeckung bestärkt damit Befürchtungen, wonach die prognostizierte Erwärmung im antarktischen Bereich einen Großteil der Kaiserpinguin-Populationen noch in diesem Jahrhundert vernichten könnte, sagen die Wissenschaftler.
In der kalten Jahreshälfte breitet sich das Meereis aus und im Sommerhalbjahr schrumpft es: In beiden Polarregionen der Erde kommt es zu dieser saisonalen Entwicklung. Doch der Klimawandel nagt am Meereis. Besonders drastisch zeichnetet sich dies im hohen Norden der Erde ab und lässt sich deutlich mit dem arktischen Erwärmungstrend verknüpfen. Doch auch in den Gewässern um die Antarktis sind in den letzten Jahren Minimalrekorde bei den 45 Jahre zurückreichenden Satellitenaufzeichnung der Meereisausdehnung zu verzeichnen. Inwieweit dies mit speziellen zyklischen Schwankungen zu tun hat und welche Rolle der Klimawandel dabei spielt, ist allerdings noch unklar. Grundsätzlich geht aber aus Klimamodellen hervor, dass es auch die Südpolarregion der Erde von einem Erwärmungstrend mit Schmelzeffekt betroffen ist.
Für das Symboltier der Antarktis sind dies schlechte Zukunftsaussichten. Denn die Kaiserpinguine sind für ihre Fortpflanzung auf stabiles Meereis angewiesen, das mit der Küste verbunden ist. Sobald die Tiere an ihren angestammten Brutplätzen angekommen sind, legen sie im antarktischen Winter von Mai bis Juni ihre Eier und wärmen sie auf ihren Füßen, während sie auf dem Meereis stehen. Die Küken schlüpfen dann nach 65 Tagen. Anschließen werden sie von den Elterntieren gefüttert, bis sie im antarktischen Sommer flügge werden. Erst dann entwickeln sie ein wasserdichtes Gefieder, das sie zum Schwimmen befähigt. Bis dahin brauchen sie deshalb das schwimmende Eis.
Weltraum-Blick auf Brutverluste
Wie das Forscherteam des Britisch Antarctic Survey (BAS) in Cambridge berichtet, hat dies nun zu einem traurigen Ende der Brutsaison 2022/23 bei den Kaiserpinguinen in der Bellingshausensee im Westen der Antarktis geführt. Seit 2018 beobachten die Forscher dort die Entwicklungen bei fünf Kaiserpinguin-Kolonien anhand von Satellitenaufnahmen. Sie befinden sich vor Rothschild Island, Verdi Inlet, Smyley Island, der Bryan Peninsula und Pfrogner Point. Die dorthin immer wieder zurückkehrenden Tiere machen sich auf den Satellitenbildern durch die braunen Flecken ihres Kots auf dem Eis deutlich bemerkbar. Die Kolonie-Größen reichen dabei von etwa 630 Paaren bei Rothschild Island bis zu etwa 3500 Paaren bei Smyley Island.
Wie die Forscher berichten, erreichte das Meereis um die Antarktis Ende Dezember 2022 die geringste Ausdehnung in der 45-jährigen Geschichte der Satellitenaufzeichnungen. Von diesem Rückgang war dabei die Region der fünf beobachteten Pinguin-Kolonien in der Bellingshausensee besonders intensiv betroffen. Wie aus den Satellitendaten hervorging, kam es bei vier Kolonien zu einem Schwund des Meereises, noch deutlich bevor die Pinguin-Küken flügge wurden. Nur die Rothschild Island Kolonie war davon verschont geblieben. Es zeichnete sich auch ab, dass die betroffenen Brutplätze von den erwachsenen Pinguinen verlassen wurden. Den Forschern zufolge erscheint somit klar, dass es zu einem Totalverlust der Jungtiere gekommen war. „Wir haben noch nie gesehen, dass es Kaiserpinguinen in diesem Ausmaß missglückte, sich fortzupflanzen“, sagt Erst-Autor Peter Fretwell vom BAS.
Schlechte Aussichten für das Symboltier der Antarktis
Dem Team zufolge verdeutlicht diese Beobachtung, wie stark die Kaiserpinguine durch Wärmeanomalien und langfristige Erwärmungsprozesse bedroht werden. Aus früheren Beobachtungen geht zwar hervor, dass die Tiere auf Brutverluste durch Meereisschwund reagieren können, indem sie im darauffolgenden Jahr an stabilere Standorte umziehen. Langfristig kann aber auch diese Strategie nicht funktionieren, wenn der Meereislebensraum in einer ganzen Region beeinträchtigt wird, sagen die Wissenschaftler.
Wie sich das Klima und die Meereisverluste im antarktischen Bereich weiterentwickeln werden, ist indes nicht klar. Denn die jährlichen Veränderungen der Meereisausdehnung hängen mit natürlichen atmosphärischen Mustern in der südlichen Hemisphäre und regionalen Tiefdrucksystemen zusammen. „Wir benötigen weitere Untersuchungen und Modellierungen, um zu erfassen, wie stark die aktuellen Bedingungen von diesen Phänomenen und der natürlichen Variabilität der Ozeane beeinflusst werden“, sagt Caroline Holmes vom BAS. „Allerdings deuten die jüngsten Jahre mit negativen Meereisrekorden und der Erwärmung des Südpolarmeeres stark darauf hin, dass die vom Menschen verursachte globale Erwärmung diese Extreme verschärft. Klimamodelle prognostizieren zudem einen Rückgang des antarktischen Meereises sowohl unter den gegenwärtigen als auch unter den prognostizierten menschlichen Kohlendioxidemissionen“, so die Forscherin.
Abschließend sagt Jeremy Wilkinson vom BAS: „Bei der aktuellen Entdeckung handelt es sich um ein weiteres Warnsignal für die Menschheit. Es wird in drastischer Weise der Zusammenhang zwischen Meereisverlust und Ökosystemvernichtung deutlich“, so der Wissenschaftler.
Quelle: British Antarctic Survey, Fachartikel: Communications Earth & Environment, doi: 10.1038/s43247-023-00927-x
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