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#Und der Wahlsieger heißt: Stammeskrieg

Und der Wahlsieger heißt: Stammeskrieg

Ein Sieger der amerikanischen Präsidentenwahl steht schon fest. Ich wünschte, ich könnte nun ohne Gewissensbisse schreiben: das amerikanische Volk, weil sich mehr Amerikaner denn je an der Abstimmung beteiligt und so die Vitalität der Demokratie bewiesen haben. Das mit der Rekordbeteiligung ist zwar richtig, und bisher kam es auch nicht zu der von manchen befürchteten Gewalt, aber mein Fazit fällt trotzdem pessimistisch aus: Gesiegt hat der Tribalismus, die zur Stammesfeindschaft geronnene Unversöhnlichkeit der beiden Lager.

Andreas Ross

Andreas Ross

Verantwortlicher Redakteur für Politik Online und stellvertretender verantwortlicher Redakteur für Nachrichten.

Das schreibe ich nicht, weil wir am zweiten Tag nach der Wahl noch keinen Sieger kennen und weil sich insofern der Wahlkampf noch verlängert. Sondern, weil ich keine Anzeichen dafür sehe, dass viele Bürger die Wahl genutzt hätten, um die Spaltung zu überwinden. Der Spalter Trump hat noch einige Millionen mehr Stimmen bekommen als 2016. Dass Joe Biden dem Amtsinhaber trotzdem die 2016 verlorenen Staaten Wisconsin und Michigan entwinden konnte und damit die wesentlich besseren Siegaussichten hat, verdankt er nach bisherigen Erkenntnissen so gut wie gar nicht sogenannten Obama-Trump-Wählern, die zu den Demokraten „heimgefunden“ hätten. Das wäre immerhin ein Zeichen dafür, dass es die Wechselwähler noch gibt, die sich noch nicht abschließend für eine Seite des Grabens entschieden hätten. Wäre! Biden konnte sich in den beiden Staaten und anderswo tatsächlich nur deshalb (denkbar knapp) durchsetzen, weil seine Partei noch mehr Großstadtwähler mobilisiert hat als beim letzten Mal.

Dazu gibt es noch viel zu erforschen, wenn sich der Pulverdampf dieser Wahlschlacht verzogen haben wird. Aber die Gefahr, dass sich, verkürzt gesagt, der Stadt-Land-Gegensatz noch weiter verschärft hat, scheint mir groß zu sein. Aus Sicht vieler Demokraten heißt das: Obwohl man sich gleichsam den Wunsch versagt hat, einen dezidiert progressiven Kandidaten aufzustellen, haben die „abtrünnigen“ Wähler das Versöhnungsangebot in Person von Joe Biden ausgeschlagen. Auch wenn Biden im Januar ins Weiße Haus einzieht, worauf derzeit Vieles hindeutet, wird die Versuchung in der Partei also wachsen, auf die weiße Arbeiterklasse gar nicht mehr einzugehen und nur noch die urbane und bunte Klientel zu bedienen. (Wobei das schlechte Abschneiden unter Latinos in Südflorida die Demokraten lehren sollte, dass auch die Unterstützung der Demokraten durch ethnische Minderheiten kein Naturgesetz ist.)

Die Online-Flatrate: F+


Aus Sicht der Republikaner wiederum besagt der Wahlausgang: In einer strukturell schrumpfenden Kernwählerschaft hat Trump mit seiner Methode das Maximum herausgeholt. Das ist eine denkbar schlechte Ausgangslage für alle Republikaner, die eine Gelegenheit herbeisehnen, einen Schlussstrich unter den Trumpismus zu ziehen. Auch wenn der Präsident nach einer Amtszeit aus dem Weißen Haus ausziehen muss (was, wie gesagt, keineswegs feststeht, aber wahrscheinlicher ist als die Verlängerung um vier Jahre): Ein Mandat, mit seinen Lehren zu brechen, haben die Republikaner-Wähler den Parteipolitikern nicht gegeben.

Im Gegenteil. Die Partei wird wenig dagegen unternehmen können, wenn Trump sich auch im Falle seiner etwaigen Abwahl weiterhin täglich mit Tweets und Interviews in die Politik einmischt. Unabhängig von seinen wahren Plänen sähe es ihm ähnlich, schon aus Vermarktungszwecken mit einer abermaligen Kandidatur im Jahr 2024 zu liebäugeln. Oder soll er doch lieber anfangen, seinen Sohn Donald Trump junior aufzubauen? In beiden Fällen könnte Trump beibehalten, was ihm am besten in der Politik gefällt: das regelmäßige Bad in der Menge, die er aufpeitscht und unterhält wie wenige andere.

Doch auch wenn dies der vorerst letzte Amerika-Newsletter ist: Wir sollten dem Ergebnis der Auszählung (und der diversen Anfechtungsversuche vor den Gerichten) nicht vorgreifen. Noch wissen wir nicht, wer Amerika in den nächsten vier Jahren regieren wird.

Was sagen die Zahlen? Bestimmt haben auch Sie viel Zeit vor der interaktiven Amerika-Karte von FAZ.NET verbracht, Sie kennen die Lage. Je nach Quelle hat Biden 264 oder erst 253 Wahlmännerstimmen sicher; je nachdem, ob man ihm wie Fox News und die Agentur AP Arizona zuschlägt, über das sich die Fachleute streiten. Trump hat 213 oder 216 (wenn man ihm das klar konservative Alaska zurechnet, selbst wenn dort noch nicht einmal die Hälfte der Stimmen ausgezählt wurde). Nötig sind 270 Stimmen.





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Vier Jahre Trump
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Von Covfefe bis Covid
Bild: AFP

Es ist denkbar, dass Biden heute noch die sechs Wahlmänner aus Nevada zugeschrieben werden, nachdem dort ein neuer Auszählungsstand bekanntgegeben worden sein wird. Solange Arizona nicht wackelt, wäre damit die knappest mögliche Mehrheit für Biden beisammen – weshalb sich Vertreter der Trump-Kampagne heute noch aus Las Vegas zu Wort melden wollen, mutmaßlich mit weiteren Betrugsvorwürfen.

Offen sind außerdem noch Pennsylvania und Georgia, wo Trumps Vorsprung mit fortschreitender Auszählung geschrumpft ist, sowie North Carolina, wo es sehr oft sehr knapp ausgeht und Trump ebenfalls knapp führt. Und, nicht zu vergessen, ein einsamer Wahlmann aus Maine. Ein bisschen Geduld brauchen wir also noch. Wieviel Geduld? Ich wünschte, ich wüsste es.

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