Wissenschaft

#Verlust des Y-Chromosoms gefährdet Männer-Herzen

In den Blutzellen von älteren Männern geht das Y-Chromosom teilweise verloren. Ist das Geschlechtschromosom in besonders vielen Blutzellen verschwunden, haben die Männer ein erhöhtes Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln und an einem Herzinfarkt zu sterben, zeigt nun eine Studie. Ein Bluttest könnte künftig das Ausmaß des Y-Chromosomen-Verlusts und somit das individuelle Risiko bestimmen. Dadurch könnten Betroffene besser behandelt werden.

Wenn Männer altern, geht in einem Teil ihrer Blutzellen das Y-Chromosom verloren, insbesondere in den sich schnell teilenden weißen Blutzellen. Dieser mosaikartige Verlust des männlichen Geschlechtschromosoms (LOY) kommt bei mehr als 20 Prozent aller Männern über 60 Jahren vor und kann sich mit der Zeit verstärken. Die Veränderung bleibt lange unbemerkt, kann jedoch die Funktionen der betroffenen Blutzellen beeinflussen. Dadurch haben Männer mit zunehmendem Alter ein erhöhtes Risiko für Alzheimer, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie frühere Studien bereits nahelegten. Zusätzlich zu Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht, kommt bei Männern demnach möglicherweise eine weitere, genetische Risikokomponente für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinzu.

Verlust des Y-Chromosoms erhöht Herzinfarkt-Risiko

Wie stark dieser Zusammenhang ist, hat ein Team um Michael Weyrich von der Universitätsmedizin der Goethe-Universität Frankfurt nun näher untersucht. Dafür analysierten die Mediziner Blutproben von 1698 Männern und 739 Frauen aus einer Langzeitstudie, deren Herz zwischen 1997 und 2000 per Herzkatheter untersucht wurde. Dabei suchten sie nach Veränderungen im Blutplasma und an der DNA der Blutzellen.

Die Auswertung ergab, dass rund zehn Prozent der untersuchten Männer unter einem ausgeprägten Y-Chromosom-Verlust litten – bei ihnen waren mehr als 17 Prozent der Blutzellen betroffen. „Bei älteren Patienten, bei Rauchern und bei Patienten mit Herzinfarkt war der Verlust des Y-Chromosoms höher“, berichtet das Team. Diese Männer hatten wie vermutet ein insgesamt höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem hatten sie eine um 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an den Folgen eines Herzinfarkts zu sterben. Männer mit nur geringfügigem Y-Chromosom-Verlust hatten hingegen ein ähnliches Sterberisiko wie Frauen.

Was hinter dem negativen Effekt des Y-Chromosomen-Verlusts steckt, haben Weyrich und seine Kollegen ebenfalls untersucht. Demnach setzen Blutzellen ohne Y-Chromosom verstärkt Botenstoffe frei, die Entzündungen, Gewebeveränderungen und Narbenbildung im Herzgewebe fördern, wie das Team in Laborexperimenten mit Zellkulturen feststellte. Unter den Botenstoffen waren verschiedene Proteine, beispielsweise Wachstumsfaktoren. Zudem waren in den Blutzellen ohne Y-Chromosom 37 Gene epigenetisch verändert und dadurch mehr oder weniger stark aktiv als in normalen Blutzellen. Diese Genveränderungen trugen ebenfalls zu Gewebeverhärtungen im Herz-Kreislauf-System bei.

Bluttest könnte individuelles Risiko verraten

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Chromosomen-Veränderungen, die mit dem Alter auftreten, möglicherweise eine größere Rolle für die Herzgesundheit spielen, als wir bisher dachten“, sagt Seniorautor Andreas Zeiher von der Universitätsmedizin Frankfurt. Die Erkenntnisse könnten künftig helfen, Männer individuell zu untersuchen und zu behandeln. Über einen Bluttest, bei dem nach bestimmten Biomarker gesucht wird, könnten dann Risikopatienten frühzeitig erkannt werden. „Langfristig könnte die Messung des Y-Chromosom-Verlusts dabei helfen, Männer mit einem besonders hohen Risiko frühzeitig zu identifizieren und gezielt zu behandeln“, so Zeiher.

Quelle: Michael Weyrich (Goethe-Universität Frankfurt) et al.; European Heart Journal, doi: 10.1093/eurheartj/ehaf035

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