#Wie Pflanzen winzige Helfer gewinnen
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Was beeinflusst die Entwicklung des Pendants zu unserer Darmflora bei den Pflanzen? Die Zusammensetzung einer gesunden Mikroben-Gesellschaft rund um die Wurzeln wird nicht nur von Bodeneigenschaften bestimmt, verdeutlicht nun eine Studie. Auch die genetische Veranlagung einer Pflanze prägt die Gemeinschaft, geht aus den Untersuchungen an verschiedenen Mais-Sorten hervor. Diese Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung von Zuchtlinien helfen, die durch ein optimiertes Wurzel-Mikrobiom besonders gut mit Dürre und Nährstoffmangel zurechtkommen, sagen die Forschenden.
Sie fördern die Aufnahme von Nährstoffen, ein gesundes Immunsystem und sind in viele weitere Prozesse involviert: Die enorme Bedeutung spezieller Mikroben für Mensch und Tier ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden. Ähnliches gilt auch für Pflanzen, wie Studien gezeigt haben: Spezielle Mikroben rund um die Wurzeln helfen demnach bei der Wasser- und Nährstoffaufnahme und wehren schädliche Lebewesen ab – ähnlich wie die Darmflora des Menschen. „Diese Mikroorganismen sind auch bei Pflanzen für Gesundheit und Fitness essenziell“, sagt Erst-Autor Peng Yu von der Universität Bonn. Dadurch kann das Wurzel-Mikrobiom auch stark beeinflussen, wie gut Nutzpflanzen mit ungünstigen Bedingungen wie Nährstoffmangel oder Trockenheit zurechtgekommen. Der Erforschung der Faktoren, die bei der Entwicklung der mikrobiellen Gemeinschaften eine Rolle spielen, kommt deshalb eine große Bedeutung zu.
Bisher standen dabei oft die Merkmale der Böden im Fokus, in denen die Pflanzen wachsen. Denn Humusgehalte, Mineralstoffe, und weitere Aspekte können sich auf das Wachstum von Mikroben stark auswirken. Yu und seine Kollegen sind im Rahmen ihrer Studie nun dagegen der Frage nachgegangen, inwieweit genetische Faktoren von Pflanzen sich auf die Mikroben-Besiedlung um ihre Wurzeln auswirken. Dazu führten sie Untersuchungen an verschiedenen Mais-Sorten durch. Wie sie erklären, unterscheidet sich deren Erbgut teils deutlich. „Die Jahrhunderte lange Selektion von an lokales Klima angepassten Mais-Sorten führte zu sehr unterschiedlichen Genotypen, die wir für die Studie nutzen konnten“, sagt Yu.
Beeinflusst die Pflanzengenetik das Wurzel-Mikrobiom?
Insgesamt beschäftigten sich die Forschenden im Rahmen ihrer Studie mit 129 verschiedenen Mais-Sorten. Einige Versuchspflanzen wurden dabei unter „normalen“ Bedingungen, andere dagegen unter Nährstoff- oder Wassermangel angezogen. Aus der wenige Millimeter dicken Schicht um die Wurzeln aller Versuchspflanzen gewannen die Forscher dann Proben, die auf die Zusammensetzung der Mikroben-Gemeinschaft untersucht wurden. Anschließend konnte das Team die Ergebnisse mit bestimmten genetischen Merkmalen der verschiedenen Sorten in Verbindung bringen. „Wir haben für diese Studie den Werkzeugkasten der quantitativen Genetik auch für die Mikrobiom-Forschung aufgeschlossen“, sagt Co-Autor Yong Jiang vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben.
Wie zu erwarten war, zeigte sich zunächst grundsätzlich, dass sich Nährstoff- und Wassermangel erheblich auf die Merkmale des Wurzel-Mikrobioms auswirkten. Dabei stellten die Forschenden allerdings charakteristische Unterschiede zwischen den verschiedenen Mais-Sorten fest. Das bedeutet wiederum: Das Erbgut der jeweiligen Pflanze hat tatsächlich einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Wurzelmikroben. „Wir konnten zudem nachweisen, dass bestimmte Mais-Gene mit bestimmten Bakterien interagieren“, sagt Yu. Anhand von Informationen zu den Wuchsbedingungen der Herkunftsregionen sowie zu speziellen Erbanlagen konnten die Forschenden sogar vorhersagen, welche Mikrobenarten durch bestimmte Bedingungen beeinflusst werden.
Bedeutung für die Sorten der Zukunft
Dabei heben die Forschenden die Bakterien-Gattung Massilia besonders hervor: Wenn Stickstoff knapp war, traten bei bestimmten Sorten besonders viele dieser Mikroben an den Wurzeln auf, stellten sie fest. Durch Versuche konnte das Team dabei auch belegen, dass die verstärkte Besiedlung zu einer intensiveren Ausbildung von Seitenwurzeln führt, wodurch die Nährstoff- und Wasseraufnahme deutlich verbessert wird. Außerdem konnten sie Hinweise darauf gewinnen, auf welchem Effekt die Rekrutierung der Massilia-Bakterien beruht. Die entsprechenden Mais-Sorten locken sie demnach offenbar mithilfe von Substanzen aus der Gruppe der Flavone an. „Voraussetzung dafür war jedoch, dass die Maispflanze über ein Mikrotubuli-bindendes Gen verfügt“, sagt Yu. War es nicht vorhanden, kam es auch nicht zu den günstigen Wirkungen, stellten die Forschenden fest.
„Es hat sich erneut gezeigt, dass das Mikrobiom an der Wurzel ganz entscheidend dafür ist, wie widerstandsfähig die Maispflanzen gerade unter Stressbedingungen wie Nährstoff- oder Wassermangel sind“, sagt Co-Autor Frank Hochholdinger von der Universität Bonn. Vor allem im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels sowie den Trend zum Anbau von Nutzpflanzen auf Flächen mit eher schlechter Bodenqualität könnte dies eine erhebliche Bedeutung haben. „Wir betreiben zwar Grundlagenforschung. Diese Resultate könnten jedoch eine Basis bilden, um künftig besser an Dürre und Nährstoffmangel angepasste Mais-Sorten anhand der Genom- und Mikrobiomdaten zu züchten“, sagt Hochholdinger.
Quelle: Universität Bonn, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung, Fachartikel: Nature Plants, doi: 10.1038/s41477-024-01654-7
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