#Von der Inflation zur Hyperinflation: Rückblick ins Jahr 1923
Inhaltsverzeichnis
Mit einer wahrhaft heroischen Geste hat die Reichsbankleitung am 2. August den Diskontsatz von 18 auf 30 Prozent heraufgesetzt. Der Bericht über die Abstimmung des Zentralausschusses der Reichsbank, der zu der Diskonterhöhung Stellung zu nehmen hatte, liest sich wie eine unfreiwillige, aber treffliche Satire. Von irgendeiner Erkenntnis der offen liegenden Notwendigkeiten keine Spur!
Die Herren Mitglieder des Zentralausschusses, natürlich „Sachverständige“, und leider ebenso natürlich deswegen Interessenten, opponieren mit Besorgnis für Produktion und Preiserhöhung, wollen in Wirklichkeit aber sich ihren sicheren Entwertungsgewinn nicht beschneiden lassen. Denn was sind schließlich 30 Prozent Zinsen im Jahr bei einer Geldentwertung von 600 Prozent im Monat Juli?
Danach wird sich das Geschäft der Wechseldiskonteure, die, nebenbei bemerkt, zumeist die leistungsfähigsten Elemente der Wirtschaft sind, künftig ungefähr folgendermaßen darstellen: Angenommen, die Entwertung der Mark betrüge im Monat 60 Prozent, was ungefähr der Schätzung entspräche, die einem Geldzins von 2 Prozent pro Tag zu Grunde liegen müsste, so verdiente der Geschäftsmann an einem Wechsel von einer Milliarde Mark im Monat rund 575 Millionen Mark, wenn er den Gegenwert des Kredits wertsicher in Waren oder Devisen angelegt hat.
Ein Warnsignal vom Reichsbankpräsidenten
Der „Verlust“, den er dabei gegenüber dem alten Zinssatz von 18 Prozent pro Jahr erlitte, betrüge 10 Millionen Mark, da er nämlich bei dem niedrigeren Zinsfuß 585 Millionen Mark verdient hätte. Man sieht, dass es ein ganz außerordentliches „Opfer“ ist, das mit der Diskonterhöhung von den Kreditempfängern der Reichsbank gebracht wird.
Erheiternd wirkt es, dass einer der Bankherren, die in der Zentralausschusssitzung gegen die Erhöhung gestimmt haben, erklärte, dass er mit einem Satz von 25 Prozent einverstanden gewesen wäre. Eine übertriebene Finesse! Der Herr Reichsbankpräsident hat also wieder einmal sein Warnungssignal gehisst (als solches charakterisierte er nämlich vor dem Untersuchungsausschuss des Reichstags die Bedeutung seiner Diskonterhöhungen). Die Wirtschaft wird sich darum ebenso wenig kümmern wie die brausende Sturmflut um den roten Ball am Strand.
Unter den Argumenten der Gegner einer Diskonterhöhung, als welche stets die Industrie- und Handelskreise auftreten, findet sich seit einem Jahrhundert der Hinweis darauf, dass ein Steigen des Zinses die Warenpreise in die Höhe treibe. Das ist prinzipiell falsch.
Handelt es sich um eine einigermaßen stabile Währung und also um einen effektiven Zins, der an den Gläubiger über den Kapitalwert hinaus zu entrichten ist, so wirkt eine angemessene Zinserhöhung drosselnd auf die Unternehmungslust, damit auf die Nachfrage nach Gütern und Arbeitsleistungen, und führt, volkswirtschaftlich gesehen, dazu, dass anstelle von Produktionsgütern, das heißt Gütern, die erst auf vielen Umwegen dem Bedarf des letzten Käufers dienen, mehr konsumreife Güter hergestellt werden, was alles zusammengenommen die Tendenz zur Verbilligung der Warenpreise hervorrufen muss.
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