#Wagen Jerusalem und Ankara den Neustart?
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„Wagen Jerusalem und Ankara den Neustart?“
Kurz bevor Israels Staatspräsident Jitzchak Herzog am Mittwoch nach Ankara aufbrach, sprach er von einem „Neustart“, den Israel in den Beziehungen zur Türkei anstrebe. Das beiderseitige Verhältnis habe in den vergangenen Jahren „gewiss Höhen und Tiefen sowie schwierige Momente gekannt“, sagte Herzog; nun wolle man es „schrittweise und behutsam“ wieder aufbauen.
Herzogs zweitägige Reise in die Türkei ist das bislang sichtbarste Zeichen dieser vorsichtigen Wiederannäherung. Der erste Besuch eines israelischen Staats- oder Regierungschefs in dem Land seit 2008 begann mit einer Kranzniederlegung am Atatürk-Mausoleum in Ankara. Im Schneeregen wurde Herzog danach vor dem Präsidentenpalast von Tayyip Erdogan empfangen. Der türkische Präsident war es gewesen, der in den vergangenen Monaten Israel und insbesondere Herzog umworben hatte. Nach dessen Wahl zum Präsidenten im Juli vergangenen Jahres rief Erdogan an, um zu gratulieren, und danach verlieh er wiederholt öffentlich seiner Hoffnung auf ein Treffen mit Herzog Ausdruck.
Die israelische Seite verstand die Botschaft: Erdogan ging es darum, die politische Eiszeit zwischen beiden Ländern zu beenden. Über viele Jahre hinweg hatten Israel und die Türkei eng kooperiert, nicht zuletzt im militärischen Bereich. Die Erstürmung des türkischen, auf dem Weg in den Gazastreifen befindlichen Schiffs „Mavi Marmara“ im Mai 2010 durch das israelische Militär mit neun Toten vergiftete die Beziehungen dann nachhaltig. Im Zuge einer weiteren Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts wies Ankara 2018 den israelischen Botschafter aus und zog seinen eigenen ab. Nun hat sich der Wind gedreht. Die türkische Führung bemüht sich seit einiger Zeit darum, sich regionalpolitisch neu aufzustellen. Erdogans Tonfall hat sich merklich gewandelt. Noch im September 2020, als Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate mit der Unterzeichnung des „Abraham-Abkommens“ ihre Beziehungen normalisierten, drohte er dem Golfstaat mit dem Abbruch der Beziehungen.
Streben nach einem „problemfreien Kreis“
In den eineinhalb Jahren seither hat sich viel getan: Vor einen Monat, am 14. Februar, besuchte Erdogan zum ersten Mal seit fast einem Jahrzehnt wieder die Emirate. Er hat auch angekündigt, in Kürze Saudi-Arabien zu besuchen. Zudem bereiten Ankara und Kairo die Wiederaufnahme ihrer Beziehungen vor. Die Türkei strebe in ihrer Nachbarschaft mit regionalen Verbündeten einen „problemfreien Kreis“ an, heißt es dazu in Ankara. Mit dieser Neuausrichtung ihrer Außenpolitik knüpft die AKP-Regierung an die Politik der „null Probleme“ mit den Nachbarn an, die sie von 2002 an verfolgt hatte. Erst 2011, mit dem Beginn der Aufstände in arabischen Ländern, änderte sich Erdogans Politik: Er beanspruchte nun eine Führungsrolle in der Region. Nach dem Putschversuch von 2016 wurde die türkische Außenpolitik zudem zunehmend aggressiv und bestimmend.
Der Neuausrichtung der Außenpolitik liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Türkei die Probleme in ihrer Nachbarschaft nicht allein lösen kann. An Israel richtet Ankara in diesem Zusammenhang vier Erwartungen. Beide Staaten fühlen sich, erstens, von Syrien bedroht. Die Türkei intervenierte daher im Norden mit Bodentruppen, von Süden geht Israel mit seiner Luftwaffe gegen iranische Stellungen vor. Zweitens sehen die Türkei und Israel das iranische Atomprogramm mit Besorgnis, beide wollen den Einfluss Irans zurückdrängen. Drittens hat Erdogan angekündigt, dass im März Gespräche mit Israel über eine Energiekooperation beginnen würden. Denn die Türkei will mit Gasimporten aus Israel ihre große Energieabhängigkeit von Russland reduzieren. Viertens hofft Ankara darauf, dass sich die jüdische Lobby in den Vereinigten Staaten im Kongress dafür einsetzt, dass sich dort der Blick auf die Türkei wieder verbessert.
Israel hat auf die türkischen Avancen mit Vorsicht reagiert. Herzog besuchte kurz vor seiner Türkei-Reise Griechenland und Zypern – zwei Länder, die der Türkei und einer israelisch-türkischen Annäherung misstrauisch gegenüberstehen. Und Ministerpräsident Naftali Bennett sagte in einem Zeitungsinterview im Januar, er hege „keine Illusionen“, was die Türkei betreffe. In Israel heißt es, man wäre nicht überrascht, wenn Erdogan bei der nächsten Gelegenheit doch wieder antiisraelische Tiraden losließe. Die Wiederentsendung von Botschaftern wurde dann auch vorerst nicht verkündet. Aber man bleibt im Kontakt: Wie Herzog und Erdogan nach ihrem Gespräch mitteilten, werde der türkische Außenminister im April Israel besuchen.
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