#Wagner-Miliz wirbt nach Aufstand offenbar weiter um Kämpfer in Russland
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Die Wagner-Miliz wirbt offenbar nach ihrem gescheiterten Aufstand vom vergangenen Samstag weiter in Russland um Kämpfer. Zu diesem Schluss ist die BBC gekommen, nachdem sie die meist in Kampfsportklubs angesiedelten Rekrutierungsstellen der Miliz in verschiedenen Städten Russlands angerufen hatte. Keiner der Gesprächspartner habe geglaubt, dass die Gruppe aufgelöst werde, heißt es in dem Bericht. „Wir arbeiten. Wenn sich etwas geändert hätte, hätte man uns das gesagt. Aber da ist nichts“, habe eine Werberin im südwestrussischen Krasnodar beteuert. Mehrere Gesprächspartner hätten hervorgehoben, dass die Rekruten Verträge weiterhin direkt mit Wagner abschlössen und nicht mit dem russischen Verteidigungsministerium.
Das ist wichtig, weil Verteidigungsminister Sergej Schojgu Mitte Juni allen angeblich 40 russischen „Freiwilligenverbänden“ befohlen hat, bis zu diesem Samstag einen Vertrag mit dem Militär zu unterzeichnen. Das war als Versuch gewertet worden, Wagner unter direkte Kontrolle zu bringen und von dem Anführer der Miliz, Jewgenij Prigoschin, wütend abgelehnt worden. Am Donnerstag sagte Andrej Kartapolow, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Unterhauses, Prigoschin habe sich geweigert, seine in der „Spezialoperation“, dem Ukrainekrieg, eingesetzten Kämpfer dem Verteidigungsministerium zu unterstellen. Alle anderen Gruppen hätten begonnen, Schojgus Befehl, „diese absolut richtige Entscheidung, zu befolgen. Alle, außer Herrn Prigoschin.“
Unter Vorgängern von Schojgu und Gerassimow geredet
Prigoschin soll nach Belarus ausgereist sein, wie es nach dem Ende des Aufstands als Teil einer Abmachung mit Präsident Wladimir Putin angekündigt worden war. Kartapolow sagte weiter, Prigoschin sei übermittelt worden, Wagner-Kämpfer könnten, wenn sie sich weigerten, einen Vertrag zu unterzeichnen, nicht länger an der „Spezialoperation“ teilnehmen und das „private Militärunternehmen“ seine staatliche Finanzierung verlieren. Am Dienstag hatte Putin entgegen eigener früherer Angaben, der Staat habe nichts mit Wagner zu tun, vor Soldaten im Kreml geäußert, der Staat habe die Miliz komplett finanziert. Putin hat auf seinen öffentlichen Auftritten nach dem Aufstand zwischen einfachen, „patriotischen“ Kämpfern und der „verräterischen“ Führung unterschieden, ohne Prigoschin zu nennen.
Der Präsident muss behutsam vorgehen. Einerseits gilt es, die Kampfkraft der Wagner-Milizionäre nicht zu verlieren. Andererseits dürfte Putin bestrebt sein, etwaige Sympathisanten Prigoschins in den Reihen des Militärs aufspüren und die Streitkräfte „säubern“ zu lassen. Dafür sprechen die sich seit Donnerstag verdichtenden Berichte, nach denen General Sergej Surowikin festgenommen wurde. Im vergangenen Herbst hatte Prigoschin gegen die Militärführung um Schojgu und Generalstabschef Valerij Gerassimow Stellung bezogen und Surowikins Ernennung zum Kommandeur der Invasionstruppen im Oktober gelobt. Allerdings ist Surowkin seit Januar dieses Jahres nur noch einer der drei Stellvertreter von Gerassimow, dem das Kommando der Invasionstruppen übertragen worden ist. Surowikin war zuletzt für die Zusammenarbeit von Militär und Wagner zuständig und hatte die Miliz am Samstagmorgen nach Beginn des Aufstands aufgerufen, einzulenken. Seither wurde er offenbar nicht mehr gesehen.
Der Politikwissenschaftler Michail Komin hat Surowikin einer Analyse für die Carnegie-Denkfabrik zufolge zu den Kreisen im russischen Militär gezählt, auf deren mindestens passives Wohlwollen Prigoschin bei seinem Aufstand vermutlich gezählt habe: Ranghohe Offiziere, deren Karrieren unter den Vorgängern von Schojgu und Gerassimow, Anatolij Serdjukow und Nikolaj Makarow, vorankamen. Die Reformen der beiden Männer, die im November 2012 abgelöst wurden, hätten Aufstiegschancen für junge Offiziere geschaffen, die mittlerweile noch höher aufgestiegen seien, ohne Schojgu und Gerassimow persönlich verpflichtet zu sein. Zu diesen Serdjukow-Makarow-Kreisen zählt Komin einen weiteren General, Michail Misinzew. Schojgu hatte ihn Ende April als stellvertretenden Verteidigungsminister entlassen – und schon Anfang Mai trat Misinzew, der als „Schlächter von Mariupol“ bezeichnet wird, wegen einer angeblichen Rolle bei der Einnahme der Hafenstadt, in Prigoschins Dienste.
Er ist der bisher prominenteste „Überläufer“ vom Militär zu Wagner. Komin hebt hervor, dass Misinzew unter den Offizieren, die unter seinem Kommando aufgestiegen seien, noch Einfluss habe. Das habe Prigoschin womöglich dabei geholfen, den Stab des Südlichen Militärbezirks in Rostow am Don ohne jede Gegenwehr zu besetzen. Komin verweist auf Kritik von Militärs an ihrer Führung im Ukrainekrieg, die Offiziere anonym äußerten. Prigoschins Aufstand habe die Krise der Streitkräfte offengelegt, die von dauernden Misserfolgen enttäuscht seien. Die schleppende, an Arbeitsverweigerung grenzende Reaktion auf den Aufstand lasse wenig Zweifel daran, dass nach Prigoschin andere versuchen würden, die Unzufriedenheit in der Armee auszunutzen.
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