#War der Panzer aus dem Keller eines Senioren einsatzbereit?
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„War der Panzer aus dem Keller eines Senioren einsatzbereit?“
Als der Sachverständige aus der Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition seine kleine Kamera durch das Kanonenrohr des Panzers geschoben hat, war da erstmal überall: Rost. Offensichtlich sei das Rohr, so erzählt es Hendrik Oelerich, als er am Donnerstag im Kieler Landgericht sein Gutachten vorstellt, lange gelagert worden, ohne es vorher zu ölen. Nun sei es gleichmäßig verrostet. Das heiße aber nicht, dass man das nicht reinigen könne. Ein paar Tage brauche es und „letzten Endes eine lange Stange und ne runde Bürste“, so etwas könnte man auch auf Ebay kaufen. Danach widmet sich Oelerich der Frage, ob man mit dem Rohr dann auch noch schießen könnte.
Auf der Anklagebank sitzt Klaus-Dieter F., 84 Jahre alt, güldene Knöpfe am dunkelblauem Sakko, und lauscht den Ausführungen des Sachverständigen. Das Kanonenrohr gehört zu dem Panzer vom Typ Panther, den Ermittler bei der Durchsuchung seiner Villa gefunden haben. Von 1943 an wurden „Panther“ gebaut. Jeder wiegt 44 Tonnen, das Rohr ist gut fünf Meter lang. Seit Ende Mai muss sich der frühere Kaufmann vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und weitere waffenrechtliche Bestimmungen vor. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.
Mörser, Torpedo, Flak, Munition – und der Panzer
Sechs Jahre ist es nun her, dass Ermittler 2015 das Anwesen von Klaus-Dieter F. an der Kieler Förde betraten. Auf den wohlhabenden Rentner wurden sie bei der Suche nach verschwundener Nazi-Kunst aufmerksam. Was sie dann aber auf dem Grundstück und im Keller fanden, überraschte sie: zahlreiche NS-Devotionalien, Maschinengewehre, einen Mörser, Torpedo, eine Flak vom Kaliber 8,8 Zentimeter, mehr als 1000 Schuss Munition – und den Panzer vom Typ Panther, sandfarben.
Beschuldigt: Der Angeklagte (Mitte) mit seinem Anwalt im Kieler Landgericht
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Bild: dpa
Den Panzer hatte F. Ende der siebziger Jahre in Großbritannien im schrottreifen Zustand erstanden und aufwendig restauriert – sein Verteidiger sprach am ersten Verhandlungstag von F.s „Lebenswerk“. Soldaten brauchten nach der Durchsuchung 2015 viele Stunden, um ihn aus dem Keller zu bergen. Die Aufregung war groß, auch im Ausland wurde über den Rentner an der Ostsee mit Weltkriegs-Panzer im Keller berichtet. Verständigungsversuche zwischen Verteidigung und Anklage scheiterten später, so kam es nun zum Prozess.
In dem Prozess im Kieler Landgericht geht es nicht darum, warum F. sich seine Villa so eingerichtet hat und mit seiner Sammelleidenschaft so tief eingetaucht ist in diese düstere deutsche Zeit. Es geht im Kern nur um die Waffen – und die Frage, ob vor allem Panzer, Flak und Mörser noch eingesetzt werden könnten und unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Oelerich war am zweiten Verhandlungstag am Donnerstag der erste Gutachter, der sich explizit das angeschaut hat: Was können die Rohre noch? Und könnte man mit ihnen noch schießen?
Museumsstück oder Kriegswaffe?
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft, das wurde am Donnerstag deutlich, scheint die Sache klar. Alles, was auf der Kriegswaffenliste stehe, sei verboten. Dementsprechend wäre es sogar nachrangig, ob die Waffen wirklich noch eingesetzt werden könnten. Es komme nicht darauf an, ob man mit dem alten Panzer noch in einen aktuellen Konflikt fahren würde. Doch der Richter hat an dieser Auslegung große Zweifel erkennen lassen. Mit Blick auf den Panzer formulierte er, der Maßstab sei eben, ob er als Kampfmittel in einem Konflikt zwischen bewaffneten Staaten einsetzbar sei, trotz verrostetem Rohr. Aus Sicht der Verteidigung ist es ausreichend, dass der Panzer so unbrauchbar gemacht worden sei, um einen bestimmungsgemäßen Einsatz zu verhindern. Tatsächlich ist das Patronenlager am Ende des Kanonenrohrs mit einer Stahlplatte verschweißt, und der Verschlusskeil fehlt. Der Panzer ist aus Sicht der Verteidigung ein Museumsstück, keine Kriegswaffe.
So richtete sich am Donnerstag viel Aufmerksamkeit auf Oelerichs Ausführungen. Stundenlang erzählt er von Rost und Rohren, von Treibladung und Gasschlupf. Den Mörser hält er aufgrund eines Lochs im Rohr für „dauerhaft unbrauchbar“. Bei der Flak sieht zwar das Rohr besser aus, es war mit einem Fettpfropfen verschlossen. Allerdings ist es mit der Munition schwieriger. Wenn man sie nach heutigen Standards würde fertigen lassen, würde das mehr als 200.000 Euro kosten.
Und der Panzer mit dem verschweißten Patronenlager, dem fehlenden Verschlusskeil und dem ebenso fehlenden hydraulische Richtantrieb? Der Sachverständige formuliert es vorsichtig, schränkt ein und weicht aus, und doch wird klar, dass aus seiner Sicht aus dem Kanonenrohr wieder geschossen werden könnte. Wenn man nur will und es sich leisten kann. Der Richter will wissen, was so ein Panzer dann noch leisten könnte. „Wenn ich damit schießen kann, dann hat das auch Wirkung“, sagt der Sachverständige.
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