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#Warum caffè leccese auf Eis serviert wird

„Warum caffè leccese auf Eis serviert wird“

Ich muss mit einem Geständnis beginnen: Ich bin ein funktionaler Kaffeetrinker. Okay, vielleicht zieh ich mal eine Augenbraue hoch, wenn jemand in einem Café einen Cappuccino nach dem Mittagessen bestellt. Wer würde das nicht, wenn man in Italien ist? Als Mischungslaie ist mein Interesse an der Bohnenbeschaffung recht eingeschränkt. Ich bereite mir morgens einfach meinen vertrauten Espresso zu, um einen Koffeinkick zu bekommen, doch darüber hinaus ist es eher die symbolische und gesellige Bedeutung des Kaffees, die mich anspricht.

Wenn ich in mein heimatliches Städtchen in Salento, an der südlichsten Spitze von Apulien, zurückkehre, gibt es drei Menschen, die ich sofort besuche. Zwei von ihnen sind meine Eltern. Der Dritte ist Antonio, der Barmann des lokalen Cafés mit Patisserie. Wir haben früher auf der Schule zusammen Fünfer-Fußball gespielt. Er kam ins Spiel, wenn wir einen guten Torhüter brauchten. Viel weiter geht unsere Beziehung nicht und es interessiert ihn daher nicht sonderlich, wenn ich an Wochenenden oder während der Ferien nachhause komme.

Doch für mich beginnen meine Tage während des späten Frühlings und während des Sommers in seiner Bar mit einem Ritual: einem Kaffee auf Eis mit Mandelsirup, und mit zwei oder drei kleinen Beignets mit Pistazien- oder Vanillecremefüllung. Wenig fühlt sich mehr nach Heimat an als diese kleine Liturgie, die ich zelebriere so oft ich kann.

Heimatritual: Unser Autor trinkt seinen caffè leccese am liebsten in der Pasticceria Piemontese in Nardò.


Heimatritual: Unser Autor trinkt seinen caffè leccese am liebsten in der Pasticceria Piemontese in Nardò.
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Bild: Federico Plantera

Zunächst natürlich wegen der kleinen Süßigkeiten, die er und seine Verwandten in diesem zwei Generationen umfassenden Familienbetrieb herstellen. Sie sind zu gut, um sie nicht zu beachten: weich, perfekt gebacken, die leichte Creme von einer Hülle Teig bedeckt, auf der manchmal ein wenig gebräunter Zucker eine knusprige Kruste bildet. Doch bevor ich hier völlig abschweife, zurück zum Kaffee.

Dieser Kaffee auf Eis mit Mandelsirup (das hat nichts mit den handelsüblichen Mandelmilchvarianten zu tun!) ist eines dieser typischen Beispiele für die regionale Kaffeekultur Italiens. Das geht soweit, dass wir diese Variante sogar einen caffè leccese oder salentino nennen, je nachdem, ob man dieses Getränk als zur Stadt Lecce gehörig markieren möchte oder weiter gefasst zum geografischen Gebiet der Ferse von Salento. Wir können da leider nicht komplett Anspruch auf die Urheberschaft erheben, auch wenn wir das gern würden, denn andere Regionen Süditaliens servieren ihren Espresso ebenfalls auf Eis mit einem Schuss Sirup. Doch der caffè leccese genießt ein hohes Maß an institutionellem Vertrauen, das in den überwiegend touristischen und ländlichen Gebieten Italiens sonst eher ungewöhnlich ist.

Wie bereitet man einen solchen Kaffee zu?

Die Anhänger des caffè-leccese-Kults führen die Erfindung des Getränks auf Antonio Quarta zurück. Das ist ein anderer Antonio als unser bereits genannter Barmann, dieser hier war der wohl kultigste Kaffeeröster Salentos. Im Nachkriegs-Lecce gehörte er zu den Wenigen, die Eis ausschenken konnten. Sein Ur-Ur-Enkel Edoardo erzählte einmal, dass man zu jener Zeit, als die Menschen noch keine Kühlschränke zuhause hatten, in Antonios Bar kam, um sich mit dem Eispickel von einem großen Block ein paar Splitter abzuschlagen. So kam Antonio auf die Idee, diese amorphen Eissplitter mit Kaffee zu mischen. Sie waren so kalt, dass der heiße Kaffee sie nicht sofort zum Schmelzen bringen konnte.

Wie also bereitet man einen solchen caffè leccese nun zu? Egidio, der verstorbene Barkeeper eines historischen Cafés in meiner Heimatstadt Nardò, erklärte es folgendermaßen: Man nimmt ein Glas mit großer Bodenfläche und gießt ein Schnapsglas kühlschrankkalten Mandelsirup (am besten hausgemacht) hinein. Dann füllt man extra-kalte Eiswürfel ins Glas, sodass der Boden komplett bedeckt ist. Währenddessen kann der Espresso schon einmal zubereitet werden, idealerweise aus der Espressomaschine und nicht aus dem Mokkakännchen. Die Crema mit einem Teelöffel in den Kaffee rühren und ihn dann mit einer einzigen, entschiedenen Bewegung in das Glas mit den Eiswürfeln gießen. Alles im Glas verrühren und genießen, solange das Eis noch nicht komplett geschmolzen ist. Wenn man alles genauestens befolgt hat, dann sollte man einen kalten und süßen Drink in der Hand halten, der selbst die schlimmste contròra (glühende Mittagshitze in Süditalien) kühlen kann.

Die hohen Temperaturen im Juli und August können besonders hart zuschlagen, wenn es draußen 40 Grad sind und man dem Scirocco kaum entkommt. Der caffè leccese war ursprünglich kein Frühstücksgetränk, man genoss ihn vielmehr zwischen der Mittagsstunde und dem frühen Nachmittag, jener Zeit, die der Schriftsteller Norman Douglas als unheilvolle Stunde bezeichnete. In „Old Calabria“ (1915) schrieb er über „das Meridianglühen aller Dinge. Diese Mittagszeit ist die ‚schwere‘ Stunde der Griechen“, wenn kein einziger Priester oder Gläubiger in den Tempeln zu sehen sei. „Mensch und Tier sind an den Schlaf gefesselt, während Geister umhergehen wie um Mitternacht“, so heiß sei es draußen: „Der Mittagsdämon – dieser südliche Heimsucher der ruhigen blauen Räume“.

Wer auch immer in diesen Stunden des Tages im heißesten süditalienischen Sommer irgendetwas zustande bringt, verdient meinen größten Respekt. Vielleicht ist es aber besser, sich für gute zwanzig Minuten an den Tisch einer Bar zu begeben, ein kurzes Gespräch zu führen und die Eiswürfel gegen die Wände des Glases klirren zu lassen. Mit einem Schluck caffè leccese genehmigt man sich selbst eine wohlverdiente Pause von der sengenden Hitze.

Übersetzung aus dem Englischen von Maria Wiesner.

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