#Warum eine Schauspielerin zur Strandwärterin an der Nordsee wurde
Frau Fichtner, Sie sind die erste Strandwärterin am Bade- und Burgenstrand auf Wangerooge. Fühlen Sie sich als Pionierin?
Ehrlich gesagt nicht. Mir war das gar nicht klar. Ich wollte etwas am Strand und draußen machen und habe erst in den ersten ein bis zwei Wochen rausgefunden, dass das eigentlich bisher ein reiner Männerjob war.
Warum sind Sie Strandwärterin geworden?
Vorher habe ich kurz in Berlin gewohnt. Ich wollte unbedingt mehr Ruhe. Dann habe ich explizit nach Jobs auf den Inseln geschaut, weil ich die sehr schön finde. Ich hatte auf Norderney ein Angebot für ein Sporttraining. Aber da hätte ich mir ein eigenes Programm erarbeiten müssen. Und sechs Stunden am Tag Sport war dann doch nicht so meins. Bei der Strandwärterin dachte ich: Das klingt nach einem schönen und entspannten Job, das mache ich mal.
Was macht denn eine Strandwärterin?
Der größte Teil ist die Strandkorbvermietung an die Urlauber. Der Strand hier auf Wangerooge ist unterteilt in Felder von A bis J. Insgesamt haben wir 1300 Strandkörbe. Ansonsten sorgen wir dafür, dass mit den Körben alles in Ordnung ist. Wenn nicht, reparieren wir sie. Wir schauen jeden Morgen nach, ob noch jeder Korb am richtigen Platz steht. Ich sammle auch immer den Müll von den Gästen ein, den sie am Vorabend vielleicht hinterlassen haben. Dann fege ich noch die Stege, die zum Strand führen.
Wie Sand am Meer: Auf Wangerooge ist jetzt Hochsaison.
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Bild: dpa
Wie sieht ein typischer Tag als Strandwärterin aus?
Ich wohne in einer Personalwohnung hier auf der Insel. Meistens stehe ich um halb sechs bis sechs Uhr auf und gehe mit dem Hund eine Runde. Gegen halb acht bin ich dann am Strand und bereite den Tag vor, bis um neun, wenn wir aufmachen und die Gäste kommen. Dazu gehört natürlich, den Strand zu kontrollieren und aufzuräumen. Außerdem schaue ich, wie viele Vorbestellungen für Körbe es an dem Tag gibt. Familien buchen oft mehrere, dann versuche ich, dass sie Körbe bekommen, die direkt nebeneinander stehen. Um neun kommen die Urlauber. Vielen buchen auch dann noch einen Tageskorb. Um zwölf ist Mittagspause. Da esse ich und gehe noch mal mit dem Hund. Von eins bis drei oder vier arbeite ich wieder. Da laufe ich über den Strand und schaue, dass keine hohen Sandburgen gebaut werden und ob sonst alles gut ist. Um vier habe ich meistens Feierabend.
Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spaß?
Dass ich mein Talent, Emotionen zu erkennen, nutzen kann. Jeder Gast kommt mit einer eigenen Emotion rein. Viele sind entspannt und glücklich, manche gestresst. Und ich versuche immer, diese Emotionen aufzunehmen und zu spiegeln. Die Variationen an Menschen und Emotionen, die tagsüber auf einen einprasseln, finde ich sehr spannend und auch unterhaltsam. Und ich freue mich immer mit, wenn die Menschen sich so doll über ihren Strandkorb freuen. Viele kommen dann zurück und bringen mir Schokolade oder Eis mit, das finde ich immer sehr süß.
Sind Sie zufrieden mit Ihrer Entscheidung?
Ich bin definitiv zufrieden, am Anfang war es sehr ungewiss. Früher habe ich viele Jobs gemacht, die nicht so einfach waren. Da wurde ich oft auch nicht so gut behandelt. Mein Arbeitgeber hier ist sehr freundlich und respektvoll. Als ich meinen Eltern erzählt habe, dass ich als Strandwärterin arbeiten will, meinten sie: Du und Touristen – die sind voll anstrengend, mach das nicht. Aber so ist es nicht, 90 Prozent sind richtig nett und entspannt, weil sie ja Urlaub haben. Und auch wenn sich der Job jetzt vielleicht langweilig anhört: Er ist es nicht. Die Zeit vergeht superschnell. Ich bin fast nur draußen an der frischen Luft.
Was haben Sie gemacht, bevor Sie Strandwärterin geworden sind?
Ich habe 2017 bis 2020 meine Bühnenreife bei der Schauspielschule in Mainz gemacht und bin dann genau zu Corona fertig geworden. Dann war ich in Wiesbaden und Mainz bei kleineren Theatern und später in Berlin. Schauspiel bringt mir auch nach wie vor noch Spaß. Das Problem ist nur, dass am Theater viele Narzissten und Arschlöcher arbeiten. Außerdem ist es ein sehr unsicheres Leben, man ist selbständig, muss oft umziehen und hat ein stark schwankendes Einkommen. Man bekommt keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Das war gut für die wilden Zwanziger. Jetzt bin ich 28 und muss etwas anderes machen.
Und wie geht es jetzt für Sie weiter?
Die Stelle ist befristet bis Ende Oktober. Ich habe aber bald ein Gespräch, in dem das hoffentlich entfristet werden soll. Aber auch dann brauche ich für die Zeit zwischen den Saisons, also von November bis Februar, einen anderen Job. Da würde ich gern was hier auf der Insel finden. Entweder in der Touristeninformation oder im Schwimmbad. Oder ich repariere Strandkörbe. Hauptsache, ich kann hierbleiben.
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