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#Warum ist der Mars rot?

Die rote Färbung unseres Nachbarplaneten ist unübersehbar – sowohl in Aufnahmen von Raumsonden als auch am Nachthimmel. Doch was verleiht ihm seine rostrote Farbe? Zwar ist schon länger klar, dass eine Form des Eisenoxids dafür verantwortlich sein muss, welche, blieb aber strittig. Jetzt enthüllt eine Kombination aus Spektralanalysen von Marssonden und -rovern mit Laborversuchen Überraschendes: Anders als gedacht besteht der marsianische Rost nicht aus dem nahezu wasserfreien Mineral Hämatit, sondern aus dem hydratisierten Eisenoxid Ferrihydrit. Diese Entdeckung legt nahe, dass der Marsstaub nicht allmählich über Milliarden Jahre hinweg unter weitgehend trockenen Bedingungen oxidierte, sondern sehr viel früher und unter feuchteren Bedingungen als bisher angenommen.

Der Mars ist von feinem, rotem Staub bedeckt und auch in der Atmosphäre wirbeln diese Staubteilchen umher und färben den Himmel rötlich. Selbst von der Erde aus gesehen erscheint unser Nachbarplanet dadurch leicht rötlich, was ihm den Spitznamen “Roter Planet” eingebracht hat. Aber was verleiht dem Mars seine ikonische Farbe? Weil die Kruste des Mars vorwiegend aus Basaltgesteinen besteht, müsste seine Oberfläche eigentlich eher dunkelgrau erscheinen, ähnlich wie beispielsweise die Maria des Mondes. Die gängige Theorie geht jedoch davon aus, dass die Verwitterung des Gesteins die Rotfärbung verursacht hat. Das reichlich darin vorhandene Eisen wurde dabei oxidiert – es rostete. Allerdings gibt es verschiedene Varianten von Eisenoxid, die unter jeweils unterschiedlichen Bedingungen gebildet werden. Zu wissen, welches dieser Oxide dem Mars seine Färbung verleiht, ist daher auch für die Rekonstruktion seiner Vergangenheit wichtig.

Gängiger Theorie nach besteht der sehr feine Staub des Mars vorwiegend aus Hämatit oder dem magnetitähnlichen Mineral Maghämit. “Ein breit verwendetes mineralogisches Modell legte nahe, dass diese nicht hydratisierten Eisenoxide im Marsstaub durch anhaltende Oxidation und Verwitterung unter wasserarmen Oberflächenbedingungen gebildet wurden”, erklären Adomas Valantinas von der Universität Bern und seine Kollegen. Dieser Theorie zufolge bildete sich der Rost im Laufe von Milliarden Jahren während der kalten trockenen Ära des Roten Planeten, die bis heute anhält. Spektraldaten mehrerer Raumsonden und Teleskope zeigten allerdings, dass der rote Marsstaub in seinem Spektrum eine auffällige Absorptionsspitze bei rund drei Mikrometer Wellenlänge aufweist. “Es wurde gezeigt, dass diese spektrale Signatur auf eng gebundenes Wasser oder Hydroxylgruppen in der Mineralstruktur des Staubs zurückzuführen ist”, schreibt das Team. Das warf die Frage auf, ob es sich bei dem Eisenoxid wirklich um das nicht hydratisierte Hämatit handeln kann. Die extrem feine Körnung des Marsstaubs machte es jedoch schwer, genauere Daten zu erheben. “Im Bereich der Nanokristalle verschwinden die klaren Charakteristiken der verschiedenen Eisenoxide mit schrumpfender Partikelgröße und Kristallinität”, erklären Valantinas und seine Kollegen. Dadurch erscheinen die Spektrallinien zunehmend verbreitert und diffus.

Ferrihydrit statt Hämatit

Um mehr Klarheit zu schaffen, haben Valantinas und seine Kollegen nun spektrale Daten ausgewertet, die von verschiedenen Mars-Orbitersonden wie dem Mars Reconnaissance Orbiter der NASA und den europäischen Sonden Mars Express und Trace Gas Orbiter, aber auch von Marsrovern stammen. Diese Spektren nutzte das Team dann, um in Laborexperimenten auszutesten, welche Eisenoxid-Partikel unter simulierten Marsbedingungen diese spektralen Signaturen erzeugen. Dafür mischten sie Hämatit und andere “trockene” Oxide sowie das hydratisierte Eisenoxidmineral Ferrihydrit jeweils mit Basaltgestein. “Wir verwendeten ein spezielles Mahlgerät, um unsere Komponenten bis auf Submikrometer-Größen zu bringen”, berichtet Valantinas.

Die Vergleichsanalysen ergaben, dass Hämatit und andere “trockene” Eisenoxide auch bei Mischung mit Basalt nicht zu den Spektraldaten passen. Stattdessen erwies sich eine Mischung aus Basalt und dem Eisenoxid-Hydroxid Ferrihydrit (Fe5O8H · nH2O) als am besten passend. „Anhand unserer Analysen denken wir, dass das schwach kristallisierte, hydratisierte Ferrihydrit überall im Staub und wahrscheinlich auch in den Gesteinsschichten vorhanden ist”, sagt Valantinas. “Wir sind nicht die Ersten, die Ferrihydrit als Grund für die rote Farbe des Mars in Betracht ziehen. Aber es wurde zuvor noch nie eindeutig bewiesen, wie jetzt durch die Kombination von Beobachtungsdaten und neuartigen Labormethoden.“ Wie die Forschenden ermittelten, muss der Basaltstaub der Marsoberfläche mit rund 20 bis 33 Gewichtsprozent Ferrihydrit gemischt sein, um die von den Raumsonden und Marsrovern gemessenen Spektralsignaturen hervorzubringen. Zusätzlich könnte ein geringer Anteil von Sulfaten in dem Staub enthalten sein.

Kaltes Wasser und schnelles Rosten

Die Tatsache, dass nicht Hämatit, sondern Ferrihydrit für die rote Farbe des Mars verantwortlich ist, hat weitreichende Auswirkungen. Denn es wirft ein neues Licht auf die Entstehungsbedingungen dieses “Marsrosts”. Während sich Hämatit im Laufe langer Zeiträume auch unter trockenen Bedingungen bilden kann, entsteht Ferrihydrit relativ schnell und in Gegenwart von kaltem Wasser. „Unsere Studie zeigt, dass zur Bildung von Ferrihydrit auf dem Mars sowohl Sauerstoff – ob aus der Atmosphäre oder anderen Quellen – als auch Wasser erforderlich waren. Dies deutet darauf hin, dass der Mars einst eine Umgebung hatte, in der flüssiges Wasser vorhanden war“, sagt Valantinas. “Diese Bedingungen unterschieden sich deutlich von der trockenen, kalten Umgebung des heutigen Mars.“ Hinzu kommt, dass Ferrihydrit auf der Erde häufig zusammen mit vulkanischen Gesteinen vorkommt. Nach Ansicht der Forschenden sprechen diese Faktoren dafür, dass der “Marsrost” nicht über Jahrmilliarden entstand, sondern innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne während des Hesperian-Zeitalters vor rund drei Milliarden Jahren. Damals hatte die lebensfreundlichere Anfangsphase des Mars bereits geendet und flüssiges Wasser trat nur noch sporadisch auf. Dafür gab es eine intensive Vulkanaktivität, die die Bildung des Ferrihydrits begünstigt haben könnte.

„Mars ist immer noch der Rote Planet. Aber unsere Vorstellungen dazu, warum der Mars rot ist, haben sich verändert”, sagt Valantinas. “Die wichtigste Implikation ist, dass Ferrihydrit nur gebildet werden konnte, als noch Wasser auf der Oberfläche vorhanden war. Der Mars ist also früher gerostet, als wir bisher dachten.” Er und seine Kollegen warten nun gespannt auf die Proben, die der NASA-Rover Perseverance auf dem Mars gesammelt hat und die in einer zukünftigen Rückholmission zur Erde gebracht werden sollen. „Einige der bereits von Perseverance gesammelten Proben enthalten Staub. Sobald wir diese wertvollen Proben im Labor haben, können wir genau messen, wie viel Ferrihydrit der Staub enthält und was das für unser Verständnis der Geschichte des Wassers – und der Möglichkeit von Leben – auf dem Mars bedeutet”, sagt der nicht an der Studie beteiligte ESA-Planetenforscher Colin Wilson.

Quelle: Adomas Valantinas (Universität Bern) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-025-56970-z

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