#Was der BND nicht wusste
Inhaltsverzeichnis
Empörungswellen, die sich hoch auftürmen und schnell wieder abflachen, sind Teil des politischen Geschäfts. Kürzlich wurde der Bundesnachrichtendienst (BND) von einer erfasst, genauer gesagt dessen Präsident Bruno Kahl. Ein paar Tage musste er bangen, ob nach sieben Jahren an der Spitze des Auslandsnachrichtendienstes der Moment gekommen war, den Posten, der als Schleudersitz gilt, zu räumen. Er kann bleiben. Aber muss sich etwas ändern an seiner Arbeit und der seines Dienstes?
Dass der BND in die Kritik geriet, hat mit dem Putschversuch der russischen Wagner-Gruppe am 24. Juni zu tun. Jewgenij Prigoschin, Chef der paramilitärischen Organisation, begann seinen „Marsch der Gerechtigkeit“ in Richtung Moskau. Der BND hatte die wachsenden Spannungen im Verhältnis Prigoschins zum russischen Präsidenten Wladimir Putin beobachtet. Ein paar Tage vor dem Putschversuch gab es einen Informationsschnipsel eines ausländischen Dienstes, der auf einen Aufstand hindeutete. Die Mitarbeiter des BND haben das nicht sofort nach oben gemeldet. Sie wollten erst einmal prüfen, ob da etwas dran ist.
Auch der Partnerdienst hatte keine Bestätigung. Mit anderen Diensten tauschte man sich aus, auf der Suche nach einer Bestätigung. Jeden Tag gehen etliche Hinweise ein, die Mehrheit ist dann meist nicht so heiß oder sogar kompletter Unsinn. Wenn der Nachrichtendienst alles ans Kanzleramt melden würde, was es an Hinweisen gibt, würde das auch nicht helfen. So wurde die Bundesregierung vom Putsch überrascht. Noch am Tag zuvor, dem Freitag, konnte man im Auswärtigen Amt hören, dass Putin fest im Sattel sitze. Am Abend gab es erst die Meldung des BND, was sich da gerade entwickelt. Wenig später wusste es die ganze Welt.
Sind die amerikanischen Dienste besser informiert?
Tatsächlich blieb Putin im Sattel sitzen. Der Aufstand wurde abgesagt, Putin sagte der Söldner-Truppe Straffreiheit zu, Prigoschin soll nach Belarus gegangen sein und später sogar wieder mit Putin im Kreml gesprochen haben. Kurz nach dem Aufstand begann das Rumoren im parlamentarischen Berlin: Warum hat der BND nicht gewarnt? Aus der Ampelkoalition ließen sich einzelne Außenpolitiker mit Kritik zitieren, Ralf Stegner von der SPD etwa („Wir sind jetzt langsam zu oft von den Ereignissen überrascht worden“), oder Ulrich Lechte von der FDP („Die Informationslage des BND zum Innenleben Russlands war offensichtlich dünn“).
Das Gerücht machte die Runde, dass die amerikanischen Dienste besser informiert gewesen seien. Es gab Medienberichte, warum die Regierung nichts gewusst habe vom Aufstand. Beim BND breitete sich die Nervosität aus. Was sagt der Kanzler? Der saß ein paar Tage später in der Sendung von Sandra Maischberger. Die Dienste in Deutschland „haben das natürlich nicht vorher gewusst“, sagte er. Über das „natürlich“ stolpert man, das klingt nach Vorwurf. Im Umfeld von Scholz wird das aber dementiert: Das sei nur die Beschreibung der Faktenlage, der BND habe die klandestine Aktion nicht vorhergesehen, sonst hätte er ja gewarnt. Bestreiten lässt sich aber nicht, dass es dem Bundeskanzler möglich gewesen wäre, mehr Solidarität mit dem deutschen Auslandsdienst zu zeigen.
Dass er das nicht getan hat, dürfte den Dienst nicht überrascht haben. Es hat in Deutschland Tradition, dass die Bundesregierung möglichst große Distanz zu den Nachrichtendiensten wahrt. Sie will möglichst wenig von dem Schmutz abbekommen, der in diesem Geschäft zwangsläufig anfällt. Derzeit ist Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt zuständig. In der Regierung Merkel gab es hingegen noch einen Staatssekretär, der sich im Kanzleramt um die Nachrichtendienste kümmern sollte.
Ein „menschlicher Schutzschild“ für die Politiker, so wurde die Funktion beschrieben. Damit ein möglicher Skandal am Ende nicht die Spitze des Hauses gefährdet. Auch gehört viel Kenntnis dazu, nicht nur die Vorgänge und Möglichkeiten des Dienstes einschätzen zu können, sondern auch die Meldungen richtig einzuordnen. Manchmal ist das neu erlangte Rohmaterial in den Meldungen kaum mehr zu trennen von den politischen Analysen des Dienstes. Das kann helfen, die Quellen zu schützen oder die Informationen überhaupt zu verstehen.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.