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#Was kann Israel in Dschenin erreichen?

Politische und militärische Vertreter Israels sandten unterschiedliche Botschaften aus, was die Militäraktion in Dschenin angeht. Einige hoben hervor, die am Montag um kurz nach Mitternacht begonnene Operation sei in Dauer und Umfang begrenzt. Dies sei „kein Krieg“, sagte eine Armeesprecherin der F.A.Z. am Dienstagnachmittag. „Wir gehen wieder heraus, sobald wir unsere Ziele erreicht haben.“ Möglicherweise sei das noch im Verlauf des Dienstags der Fall oder „innerhalb von ein, zwei Tagen“.

Christian Meier

Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

Andere legten einen gegenteiligen Schwerpunkt in ihren Aussagen. Jehuda Fox, der Kommandeur des Zentralkommandos der Armee, sagte am Montagabend in der Nähe von Dschenin zu Journalisten, es gebe „eine Serie von Operationen“ in der Gegend. „Wir werden diese Operation beenden, und wir werden in ein paar Tagen oder in einer Woche wiederkommen.“ Es war sogar unklar, ob der groß angelegte Einmarsch in Dschenin mit Drohnen- und Luftangriffen einen eigenen Namen hat. Anfangs sprach das Militär von der Operation „Haus und Garten“. Der Pressestab der Armee stellte später allerdings klar, die Operation habe keinen Namen – man wollte ihr offenbar keine übermäßige Bedeutung zuweisen.

Zwei Ziele für die Operation

Tatsächlich stellt sich die Frage, was Israel erreichen kann, wenn es in Dschenin massiv gegen bewaffnete Gruppen vorgeht. Etwa 40.000 Menschen leben in der Stadt im Norden des Westjordanlandes, mehr als 14.000 davon in dem äußerst dicht besiedelten Flüchtlingslager. Seit einem Jahr hat es immer wieder israelische Militäraktionen dort gegeben, auch wenn das Gebiet eigentlich der Sicherheitshoheit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) untersteht. Auch wenn es sich um gezieltere Operationen mit weniger Truppen handelte als jetzt, führten sie oft zu zahlreichen Toten und Verwundeten – überwiegend bewaffnete Kämpfer, aber auch Zivilisten.

Die Aktionen des israelischen Militärs steigern die Verbitterung in der Bevölkerung und verschaffen den lokalen Milizen Zulauf – und mindern so den Handlungsspielraum der unbeliebten PA weiter. Das wurde am Montagabend sichtbar, als palästinensischen Berichten zufolge Jugendliche eine PA-Polizeistation südlich von Dschenin mit Molotowcocktails angriffen. Die Machtlosigkeit der PA nennt das israelische Militär wiederum als Grund dafür, dass es überhaupt in Dschenin agieren müsse.

Eine von einem Palästinenser geworfene Bombe explodiert am 4. Juli neben einem Fahrzeug der israelischen Armee in Dschenin.


Eine von einem Palästinenser geworfene Bombe explodiert am 4. Juli neben einem Fahrzeug der israelischen Armee in Dschenin.
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Bild: dpa

Von israelischer Seite wurden wiederholt zwei Ziele für die Operation ohne Namen genannt. Das eine ist ein generelleres: Dschenin sei aus Sicht von Terroristen „ein sicherer Hafen“ geworden, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montagabend. Dem setze man nun ein Ende. Es geht also um einen Abschreckungseffekt. Als konkretes Ziel gab das Militär an, „terroristische Infrastruktur“ zu zerstören. Neben „Operationszentren“ bewaffneter Gruppen hob die Armee eigenen Angaben zufolge Waffenlager und -produktionsstätten aus, unter anderem in einer Moschee. Hunderte Personen seien festgenommen worden, etwa hundert seien noch in Haft. Die Armee legte zugleich Wert darauf, den Eindruck zu vermitteln, dass die Einschränkungen für Zivilisten sich im Rahmen hielten. Leute hätten das Lager weiter verlassen und zur Arbeit gehen können, sagte die Armeesprecherin. In der Nacht hätten die Kämpfe nachgelassen. Bei den zehn Getöteten habe es sich um Kämpfer gehandelt, die auf Soldaten geschossen hätten. „Wir sehen das als großen Erfolg.“

Aussetzung aller Kontakte mit Israel

Indessen verließen etwa 3000 Menschen am späten Montagabend aus Furcht vor Kämpfen das Flüchtlingslager. Sie wurden in Schulen und anderen Orten in Dschenin untergebracht. Andere im Lager waren aufgrund der massiven Kämpfe praktisch eingeschlossen. Manche Bewohner berichteten Medien, sie fühlten sich an die schweren Kämpfe während der Zweiten Intifada erinnert. Es gab etwa hundert zum Teil schwer Verwundete, unter ihnen Zivilisten; Rettungskräfte konnten zum Teil über Stunden nicht zu ihnen gelangen. Die Wasser- und Stromversorgung in Teilen der Stadt fiel aus. António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen zeigte sich „tief besorgt“ und bekräftigte, dass „alle militärischen Operationen unter voller Achtung des humanitären Völkerrechts durchgeführt werden müssen“. Ein Sprecher Guterres‘ sagte, Angriffe bewaffneter Drohnen in so dicht besiedeltem Gebiet sein „nicht akzeptabel“.

Die PA-Führung verkündete nach einem Krisentreffen am Montagabend eine Reihe von Maßnahmen, etwa die Aussetzung aller Kontakte mit Israel. Präsident Mahmud Abbas nannte die Operation ein „Kriegsverbrechen“. Die islamistischen Organisationen Hamas und „Palästinensischer Islamischer Dschihad“ gaben sich unbeugsam und kündigten Vergeltung an. Am Montagabend verwundete ein 14 Jahre alter Palästinenser einen Menschen in Bnei Brak mit einem Messer. Am Dienstagnachmittag gab es eine Auto- und Messerattacke in Tel Aviv; sieben Menschen wurden verletzt, drei von ihnen schwer. Der Täter, ein Palästinenser aus der Nähe von Hebron, wurde von einem Ersthelfer erschossen. Die Hamas sprach umgehend von einem „heroischen Racheakt“ für die Militäroperation in Dschenin. Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sagte, der Vorfall zeige, dass es wichtig sei, mehr Zivilisten zu bewaffnen.

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