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#Was kommt uns da entgegen?

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Das Relief ist der Zwitter der Kunst. Es ist keine vollständig dreidimensionale Skulptur, aber auch keine Malerei, selbst wenn es farbig gefasst ist. Es bleibt in der Fläche, greift aber dennoch in den allermeisten Fällen in den Raum aus – es fordert unsere Sehgewohnheiten weit mehr heraus als ein gemaltes Innen, dessen komplett künstliche Räumlichkeit wir seit Kindestagen zu erschließen gelernt haben, trägt aber doch wiederum weit mehr „definierten“ Raum in sich als eine Freiskulptur, deren Interaktion mit dem jeweiligen Aufstellungsort zu einem Großteil Part der persönlichen Imaginationskraft ist.

Die heute eröffnende Städel-Ausstellung „Herausragend“ will daher mit dem Titel nicht kalauern, vielmehr zeigen, dass nahezu alle bedeutenden Künstler – 100 werden gezeigt – und durchaus auch solche, die wir als Vollblutmaler einordnen, sich vielfach im Medium Relief äußerten.

Schon im Auftaktraum erahnt man an der Gegenüberstellung eines „Bronzeschilds des Herakles“ von Ludwig Schwanthaler aus dem Jahr 1832 und des quadratischen Nagelreliefs „Organische Struktur“ von Günther Uecker von 1962, was die entscheidenden Vorteile des Reliefs sind: Schwanthaler, Schöpfer der Bavaria der Münchner Theresienwiese, konnte mit seiner Monumentalstatue auf nicht mehr hoffen, als dass die Personifikation als jene des neuen Staates Bayern verstanden würde und die Betrachter sich angesichts des Bronzebildwerks alles Übrige hinzudenken würden.

Wie die Lok bei den Brüdern Lumière

Auf seinem Heraklesschild im Städel dagegen sind die zwölf Taten des Halbgottes und vieles mehr minutiös auserzählt, etwas, was reine Bildhauerei nie konnte. Schon die Antike überbrückte dieses Dilemma, indem die Bildhauer häufig die Geschichten um die dargestellten Götter in die Sockel unter den Monumentalstatuen meißelten. Anders bei Ueckers kreisrundem Nagelrelief, das formell dem runden Schild Schwanthalers vergleichbar ist: Die dreidimensionale Wirkung des Uecker ergibt sich erst durch die in weißem Untergrund vollzogene Aufnagelung im Raum. Indem die seit der Kreuzigung Christi hochkonnotierten Nägel in eine einzige Richtung gebürstet werden, entsteht durch den Vortex Bewegung und ein Wirbel wie bei den Hunderten von Lanzen auf Altdorfers Gemälde der Alexanderschlacht. Eine „Handlung“ ersetzt somit bei Ueckers fast gegenstandslosem Nagelrelief die Geschichte, mit Schwanthaler und ihm hängen Anfang und Ende des plastisch erzählenden und abstrakt narrativen Reliefs am Beginn der Schau nebeneinander.

Hans Arp, „Turmuhr“


Hans Arp, „Turmuhr“
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Bild: Hans Arp / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Wie komplex Künstler auch unterschiedliche Zeitlichkeiten im Relief darstellen konnten, entfaltet Christian Daniel Rauchs „Friedrich II. nach der Schlacht bei Kolin“ von 1850, auf dem der Alte Fritz melancholisch über die krachende Niederlage und den völlig ungewissen Ausgang des Schlachtens auf einer riesigen hölzernen Brunnenröhre sitzt, die nicht von ungefähr einem Kanonenrohr ähnelt, und mit einem Stock gedankenversunken Kreise in den Sand vor sich zirkelt.

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