#Was tut Portugal gegen die neue Rechte?
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„Was tut Portugal gegen die neue Rechte?“
Eigentlich wollte Luís Filipe Castro Mendes nur noch über Poesie reden. Er sitzt im Hinterzimmer eines sehr stilvollen Lokals am Fuß des Bairro Alto, des auf dem Hügel gelegenen Innenstadtviertels Lissabons. Seinen gerade auf Deutsch übersetzten Lyrikband hat er schon rumgereicht. Als ehemaliger portugiesischer Kulturminister und Diplomat ist er es gewöhnt, dass ihm die Leute zuhören, also ein kleiner Vortrag über den Hang der portugiesischen Lyrik zur Introspektive, den Trend zum Surrealismus. Früher, sagt Castro Mendes, ein kleiner Mann mit bohrendem Blick, war Lyrik Politik. Und jetzt? Jetzt will er, wollen seine Zuhörer doch lieber über Politik sprechen und über die neue portugiesische Rechte, von der in diesen Monaten so viel die Rede war. „Sie werden Wahl um Wahl dazugewinnen“, spricht düster der Sozialist. Die sozialen Probleme haben sich multipliziert. Die Menschen sind wütend. Das Vertrauen in ihre Regierung ist erschöpft. Warum sollte es anders laufen als irgendwo sonst in Europa?
Weil Portugal bislang anders war. Das hat mit der langen Diktatur zu tun, dem Salazar-Regime, mit einer friedlichen Revolution in den siebziger Jahren und dem Argwohn der Portugiesen gegenüber jedem Anflug von Faschismus. Das hat mit der schlechten ökonomischen Lage zu tun – wer wenig hat, wählt links, so war es in Portugal schon immer. Aber Portugal ist auch eines der Länder, die während der Wirtschaftskrise besonders gelitten haben. Gespart wurde bei Löhnen, Pensionen und Familienbeihilfen, bei Angestellten im öffentlichen Dienst und bei der Infrastruktur. Die Krise beendete das nicht. Jahrelang lag die Jugendarbeitslosigkeit bei mehr als 40 Prozent. Trotzdem wählten die Portugiesen wieder links. Auf den liberal-konservativen Premier Pedro Passos Coelho folgte 2015 António Costa, der ehemalige Bürgermeister von Lissabon, ein Sozialist.
Ausländerfeindlichkeit bislang kein politisches Instrument
Chega (auf Deutsch: „Jetzt reicht’s“) heißt die neue rechtspopulistische Partei, die vor eineinhalb Jahren mit einem Prozent der Stimmen ins Parlament eingezogen ist. Das klingt, an europäischen Maßstäben gemessen, ziemlich unerheblich, aber politische Beobachter prophezeien ihr ein großes Potential. Chega verbreitet Fake News, chauvinistische Weisheiten, fordert eine Einheitsteuer und lockt diejenigen, die sich abgehängt fühlen. Seit Juli gehört sie gemeinsam mit den französischen, italienischen und österreichischen Rechtskonservativen zum europäischen Parteienbündnis Identität und Demokratie. Bei der Präsidentenwahl im Januar erzielte der Parteichef und Gründer André Ventura knapp zwölf Prozent der Stimmen. Für ein Land, das bislang ohne nennenswerte rechtsextreme Kräfte auskam, ist der dritte Platz im politischen Gefüge eine ziemliche Überraschung.
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