#Weiterer Reste der antiken Stadt Nida ausgegraben
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Die sonst eher sachlich auftretende Leiterin des Frankfurter Denkmalamts ist begeistert: „Erstmals haben wir“, sagt Andrea Hampel, „ein zusammenhängendes Bild der Stadt. Einer bedeutenden Stadt.“ Seit 2021 gräbt ihre Behörde, nach früheren Untersuchungen von 1991 an, auf einem 9000 Quadratmeter großen Areal an der Straße „In der Römerstadt 120–134“ in Heddernheim Überreste von Nida aus.
Dass der einstige Hauptort der Civitas Taunensium innerhalb der römischen Provinz Obergermanien eine pulsierende, anderen antiken Städten in nichts nachstehende Metropole war, ist keine neue Erkenntnis. Doch glaubte man bisher auf dem aktuellen Grabungsareal ein Handwerkerviertel mit Werkstätten, Brunnen, Zisternen und Kloaken vor sich zu haben.
Aber nun, kurz vor dem Abschluss der Grabungen, kamen Überreste zweier etwa 500 Quadratmeter großer Gebäude ans Tageslicht: wahrscheinlich zwei Stockwerke hoch, in Fachwerk errichtet, das Ganze in einzelne Räume unterteilt, unterkellert und direkt an der antiken Hauptmagistrale Platea novi vici gelegen, deren Verlauf die Straße „In der Römerstadt“ folgt: „Das sind kommunale Gebäude einer würdigen Provinzhauptstadt“, ist Hampel überzeugt.
Dass das Gelände mit solch bedeutenden Relikten, von denen eines sogar einen 14 Quadratmeter großen Annex mit Fußbodenheizung besaß, bei der Errichtung der Ernst-May-Siedlung Ende der Zwanzigerjahre und der Nordweststadt zwischen 1961 und 1973 nicht – wie fast das gesamte bis dahin im Boden zu großen Teilen erhaltene Nida – überbaut wurde, sei ein „Glücksfall“. Nun aber werden die Archäologen nach abschließenden Arbeiten, wie Hampel ankündigt, im August das Feld räumen. Auf dem Gelände, das 2019 von der städtischen Wohnungsgesellschaft ABG erworben wurde, sollen in acht Gebäuden knapp 200 teils sozial geförderte Wohnungen entstehen, dazu eine Kindertagesstätte und eine Tiefgarage.
Ein Konvolut für Generationen von Archäologen
Bei einer „finalen Begehung“ hat das Denkmalamt nun jüngste Grabungsergebnisse und beeindruckende Zahlen präsentiert: 1637 Gruben, Fundamentgräben, Pfostenlöcher, Kloaken, Brunnen und Zisternen sind seit 1991 auf dem Areal „In der Römerstadt“ untersucht worden. Darin finden sich Unmengen an Tonscherben, außerdem Ziegelbruchstücke, Münzen, Schmuck, Eisengeräte, Glasscherben, Knochen. Alles in allem zehn Tonnen Fundmaterial, das 662 Kisten füllt. An herausragenden Stücken herrscht kein Mangel: Zwei Jupitergigantensäulen zählen dazu, auch vollständig erhaltene Tongefäße, bunt bemalter Wandputz, ein eiserner Zelt-Hering, Spielsteine, vielgliedrige Gewandnadeln, das Bruchstück einer Terrakottafigur der Pferdegöttin Epona, eine winzig kleine Öllampe, ein bronzener Schildbuckel, eine Säulenbasis.
In der Römerstadt
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Die Überreste der Stadt Nida
Ein Konvolut also, das noch Generationen von Archäologen beschäftigen wird. Denn nur ein Bruchteil ist bisher wissenschaftlich ausgewertet: „Was nach 2019 gefunden wurde“, sagt Elke Sichert vom Denkmalamt, „ist noch gar nicht veröffentlicht.“ Doch die Erschließung des Fundmaterials für die Fachwelt ist das eine, die öffentliche Präsentation das andere.
Jahrzehntelang haben sich der zuständige Ortsbeirat 8, zahlreiche Stadtverordnete wie etwa Sylvia Momsen (Die Grünen) und Vereine wie das Archäologische Forum Nida daran abgearbeitet, dass auf dem Areal „In der Römerstadt“ bedeutende Befunde erhalten bleiben und in die künftige Bebauung integriert werden.
Kosten von 750.000 Euro
Ihre Bemühungen waren nicht vergeblich. Wie Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD) bei der Begehung des Geländes ankündigte, soll ein bereits 2013 entdeckter sogenannter Kultkeller anschaulich präsentiert werden. „Dies wird geschehen und ist fix.“ Auch ein vor Jahren ausgegrabener, vollständig erhaltener Töpferofen werde in den Neubau der ABG integriert, obwohl dafür eine Wohnung sowie einige Stellplätze in der Tiefgarage wegfielen. Das koste die Stadt etwa 750.000 Euro, „aber das ist es uns wert“.
Ob drei vor Kurzem freigelegte, hervorragend erhaltene Töpferöfen und ein im April entdeckter, etwa sechs Quadratmeter großer Holzkeller samt Treppe später einmal vor Ort zu sehen sein werden, steht allerdings noch nicht fest. Erst einmal wird der überaus seltene Keller, der vom Stadtvermessungsamt bereits in einem 3-D-Scan erfasst wurde, von diesem Montag an abgebaut und in einer Spezialwerkstatt im Hunsrück konserviert. Anhand vorhandener Baumringe, stellt Carsten Wenzel, Kustos für Römerzeit im Archäologischen Museum, in Aussicht, könne später möglicherweise festgestellt werden, in welchem Jahr der Keller errichtet wurde.
Wohnungsbau muss warten
„Wir werden gemeinsam mit der Denkmalpflege, dem Archäologischen Museum, der ABG und dem Runden Tisch Nida an einer Lösung für Erhalt und Präsentation arbeiten“, verspricht Gwechenberger, der von 2007 bis 2014 als Projektleiter UNESCO-Welterbestätten betreut hat. „Es gibt auf allen Seiten Gesprächsbereitschaft. Mir ist es wichtig, dass man hier wirklich einen Ort hat, an dem man die Geschichte Nidas erleben kann.“
Der politische Wille, an dieser Stelle antike Relikte in originaler Lage zu erhalten, sei vorhanden. Wie die geplante Wohnbebauung aussehen werde, stehe noch nicht konkret fest. Deshalb würden nach Abzug der Archäologen hier erst einmal keine Bagger anrollen. Allerdings müsse das Archäologische Museum jetzt seine „Hausaufgaben erledigen“ und so bald wie möglich ein neues Konzept für die museale Präsentation vorlegen.
Kurz vor Grabungsschluss gab es noch eine weitere Überraschung: Auf dem Gelände „In der Römerstadt“ existierte bereits vor gut 4000 Jahren eine Siedlung. Entdeckt wurden vier Gruben, teils mit Vorratsgefäßen, und ein Gebäudegrundriss der späten Bronzezeit.
„Der Rest ist von den Römern zerstört worden“, konstatiert Grabungsleiter Rolf Skrypzak. „Die waren kein bisschen besser als wir.“
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