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#Wenn es tief im Inneren der Erde rumpelt

Wenn es tief im Inneren der Erde rumpelt

Erdbeben, die sich in großen Tiefen von bis zu 700 Kilometern ereignen, geben den Geowissenschaftlern seit ihrer Entdeckung vor fast hundert Jahren Rätsel auf. Wie kann es in einer Tiefe zu Brüchen im Gestein kommen, in der Druck und Temperatur so hoch sind, dass sich dort Gestein plastisch verformt und es nicht, wie in der spröden Erdkruste, unter dem Einfluss mechanischer Spannungen bricht?

Dass das offenkundig dennoch möglich ist, zeigen die recht seltenen, aber deutlich messbaren Tiefherdbeben, von denen der stärkste bisher gemessene Erdstoß immerhin eine Magnitude von 8,3 hatte. Dieses Beben ereignete sich im Mai 1995 in 610 Kilometer Tiefe unter Bolovien an der Nazca-Platte, die entlang der Westküste Südamerikas unter die südamerikanische Platte taucht. Mit 695 Kilometern hält ein Beben vom 30. Mai 2013 vor Japan den Tiefenrekord. Eine Forschergruppe von der Carnegie Institution in Washington hat nun eine mögliche Lösung des Rätsels um diese tiefen Erbeben gefunden – und zwar in Diamanten, die mit eingeschlossenen Mineralen „verschmutzt“ waren.

Die meisten Erdbeben treten in der bis zu etwa 70 Kilometer tiefen Erdkruste auf. Bis in solche Tiefen ist das Gestein durchweg recht spröde und kann plötzlich brechen, wenn es mechanischen Kräften ausgesetzt wird. Mit steigender Temperatur geht diese Sprödigkeit aber verloren, und das Gestein wird – ähnlich wie Knetmasse – plastisch. Weil dort also theoretisch Brüche ausgeschlossen sind, haben die Geowissenschaftler lange Zeit Phasenübergänge als Ursache für Tiefherdbeben verantwortlich gemacht.

Wie Wasser als Gleitmittel wirkt und Brüche im Gestein fördert

Der in Betracht gezogene Vorgang ist mit dem Platzen einer Wasserflasche vergleichbar, die zu lange im Tiefkühlfach eines Kühlschranks belassen wurde. Weil Eis eine um etwa sieben Prozent geringere Dichte als Wasser besitzt, dehnt es sich beim Gefrieren aus. Die dabei entstehenden Kräfte sind groß genug, um sprödes Glas zum Platzen zu bringen, also einen Bruch zu erzeugen.

Ein Diamant aus großer Tiefe. Deutlich zu erkennen sind die mineralischen Einschlüsse.


Ein Diamant aus großer Tiefe. Deutlich zu erkennen sind die mineralischen Einschlüsse.
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Bild: Evan Smith/2021 GIA

In einigen Hundert Kilometer Tiefe ist es dagegen der Übergang zwischen den beiden Mineralien Olivin und Spinell, der zu einer erheblichen Volumenänderung führt. Obwohl chemisch identisch, ist Spinell um etwa sieben Prozent dichter als Olivin. Beim Übergang von Olivin zu Spinell kommt es also zu einer Verringerung des Volumens, die sich unter dem großen Druck im Erdmantel als plötzliche Implosion bemerkbar macht. Das Gestein kollabiert ruckartig, und es kommt zu einem Erdbeben. Weil sich unterhalb von etwa 700 Kilometern bereits alles Olivin in Spinell umgewandelt hat, gibt es in diesen Tiefen auch keine Erdbeben mehr.

Allerdings hat diese Erklärung einen Nachteil. Mit modernen mathematischen Methoden kann man nämlich aus Seismogrammen mehrerer Erdbebenstationen den physikalischen Mechanismus in einem Erdbebenherd re­konstruieren. Dabei lässt sich deutlich zwischen einer Implosion und anderen zu Erdbeben führenden Vorgängen wie einer Explosion oder einem Bruch unterscheiden. Fast alle auf diese Weise analysierten Tiefherdbeben zeigen aber als „Herdmechanismus“ einen Bruch und keine Implosion, wie die Hypothese vom Phasenübergang vorhersagt.

Die Forschergruppe um Steven Shirey aus Washington beschreibt nun in der Zeitschrift AGU Advances eine andere mögliche Ursache für Tiefherdbeben. Die wichtigste Rolle spielt dabei Wasser, und zwar Wassermoleküle, die chemisch in Gesteinen gebunden sind. In großen Tiefen können diese Wasseroleküle aus dem Gestein gelöst werden und es dabei anfällig für Brüche machen. Das Wasser wirkt gleichsam als Gleitmittel, sodass sich zwei Gesteinsschollen ähnlich wie bei einem Sprödbruch plötzlich gegeneinander verschieben können.

Die Analyse von Diamanten bringt die Forscher auf die richtige Spur

Zunächst schien diese Vorstellung abwegig, denn es ­wurde bisher nicht für möglich ­ge­halten, dass die Wassermoleküle die Reise innerhalb einer Subduktionszone in derart große Tiefen überstehen ­würden. Dem widersprechen aber Petrologen, die sich mit der Untersuchung von Diamanten aus großen Erdtiefen beschäftigen. Diese Wissenschaftler haben in vielen dieser Edelsteine Einschlüsse gefunden, die eindeutig von wasserhaltigen Mineralien stammen. Shirey und seine Kollegen haben nun herausgefunden, dass diese Diamanten wiederum aus Gegenden stammen, in denen sich auch Tiefherdbeben ereignen.

Wenn es also dort unten wasserhaltige Minerale gibt, wie die Analyse der Diamanten gezeigt hat, dann kann das Wasser sich auch aus dem Gesteinsverband lösen und die mögliche Schmierwirkung zum Entstehen von Erdbeben entfalten. Sollte sich diese neue Hypothese bei weiteren Untersuchungen bestätigen, wären Geowissenschaftler der Lösung des Rätsels um die Tiefherdbeben ein gutes Stück näher gekommen.

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