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#Wenn Gandhi zum Erzfeind wird

Wenn Gandhi zum Erzfeind wird

Wenn es um komplexe Globalstrategiespiele geht, kommt man an der Videospiel-Reihe „Civilization“ des amerikanischen Entwicklerstudios Firaxis nicht vorbei. Das jüngste Spiel der Reihe erschien im Jahr 2016 und setzt mit seiner Fülle an Funktionen bei der Steuerung eines Weltreiches noch immer Maßstäbe. Mit dem im August veröffentlichten Spiel „Humankind“ hat das französische Studio Amplitude Studios den Versuch gewagt, dem Platzhirsch aus Amerika die Stirn zu bieten.

Genretypisch steuern wir in „Humankind“ in einem auf Runden basierenden Spielprinzip die Geschicke eines ganzen Volkes. Wie in „Civilization“ beginnt diese Zeitreise in der Antike und führt bis in die heutige Gegenwart – und sogar darüber hinaus. Unsere anfänglichen Siedlungsgebiete wachsen von Epoche zu Epoche zu immer größeren Metropolen heran. Bauern werden zu Angestellten, Marktplätze zu Finanzdistrikten und Ritter zu Berufssoldaten. Zusätzlich können wir über neunzig Technologien erforschen, darunter etwa die Steinverarbeitung, die unsere frühen Bauvorhaben effizienter gestalten. Später machen wir uns Satellitentechnik zunutze, mit der sich Bewegungen gegnerischer Truppen überwachen lassen.

Was in der Realität zu den komplexen, oft unübersichtlichen Themenfeldern gehört, schrumpft hier pragmatisch zu gegebenen Kausalketten zusammen: Der Bau von Monumenten und völkerspezifischen Gebäuden sowie das Schaffen einer eigenen Religion bringen gewisse kulturelle Vorteile mit sich. Haben wir etwa einen starken Glauben etabliert, können die kulturellen Einflüsse unserer Kontrahenten unsere Macht nicht schmälern. Setzen wir hingegen auf den Handel, fließt zwar mehr Geld in die Staatskasse, doch werden unsere Städte dann von der Kultur anderer Völker beeinflusst. Problematisch wird das im Spiel, wenn dadurch unsere Stadtverordnungen hinterfragt werden. So stellt sich die höchst reale politische Sisyphos-Aufgabe des Ausgleichs zwischen Investition und Integration dann eben im Miniaturformat eines Videospieles dar.

Die Weihen gesellschaftlicher Entwicklung

Im direkten Vergleich zu „Civilization“ wirkt Humankind in seinem Funktionsumfang schlanker. Es bietet häufig die gleichen Distrikte für Nahrungserzeugnisse, Industrie, Vergnügung und Forschung, mit denen wir unsere Städte erweitern. Wechselwirkungen mit anderen Stadtbereichen erzeugen zwar individuelle Boni. Und auch Verbesserungen der Infrastruktur – beispielsweise zeitigen das Errichten von Stadtmauern oder der Bau von Schulen weitere Vorteile. Doch bleiben die Möglichkeiten hinter jenen des Funktions- und Pfadmonsters „Civilization“ zurück. Während in „Humankind“ das Errichten eines Wissenschaftsdistrikts unsere Forschung im Allgemeinen beschleunigt, können wir in „Civilization“ auf den Campus unserer Universitäten immer neue Gebäude errichten, die unterschiedliche Boni freischalten.

Die große Stärke von „Humankind“ ist seine dynamische Welt. Die bergigen und zerklüfteten Spielwelten sind durch Höhenunterschiede deutlich abwechslungsreicher als die Landschaften aus „Civilization“ und haben obendrein einen strategischen Wert. Gewisse Stadtdistrikte lassen sich etwa nur auf Bergen bauen, Truppen erhalten auf erhöhten Positionen einen Angriffsbonus, und die Kavallerie richtet mehr Schaden an, wenn sie von einem Berg hinab mit hoher Geschwindigkeit in gegnerische Reihen reitet. Das Kampfsystem ist zwar nicht wesentlich komplexer als in „Civilization“, doch durch seine Verknüpfung mit der Spielwelt abwechslungsreicher und zugleich intuitiv verständlich. Verschiedene Truppen lassen sich zudem zu einer Armee zusammenfassen, die kinderleicht gesteuert werden kann. Erst in der Konfrontation mit feindlichen Einheiten wird auf der Spielwelt ein Schlachtfeld erzeugt, innerhalb dessen wir unsere verschiedenen Einheiten positionieren können. „Civilization“ frustriert seine Spieler bisweilen damit, dass jede Einheit einzeln bewegt werden muss.

Auch in Sachen Völkerwahl bietet Humankind mehr, allerdings jenseits aller historischen Korrektheit: Mit jedem Aufstieg in ein weiteres Zeitalter wählen wir ein neues Volk, das individuelle Eigenschaften besitzt. Waren wir in der Jung-Steinzeit noch die Khmer, können wir in der Bronzezeit etwa die Polen spielen. Wenn auch realitätsfern, schafft dieses Prinzip doch viele spannende strategische Möglichkeiten. In jeder der sechs Epochen können die Spieler zwischen zehn Völkern wählen, die individuelle Fähigkeiten, Truppen oder Boni für bestimmte Vorhaben mit sich bringen. Wollen wir rasch ein Weltwunder errichten, empfiehlt sich die Wahl eines „Baumeister“-Volkes. Planen wir in der nächsten Epoche hingegen den Angriff auf einen Kontrahenten, fällt die Wahl auf ein expansionistisches Volk. Viele dieser Vorteile bleiben auch in späteren Epochen aktiv, sodass wir tatsächlich das Gefühl haben, eine einmalige Zivilisation zu erschaffen. Allerdings entsteht dabei auch ein gewisser Zeitdruck. Steigt ein Kontrahent zuerst in eine neue Epoche auf und schnappt sich das von uns gewünschte Volk, müssen wir bis zur nächsten Epoche mit einem der verbliebenen Völker vorliebnehmen.

In „Civilization“ entscheiden sich Spieler zu Beginn einer Partie für eine historische Figur, beispielsweise Otto von Bismarck, die sie über die gesamte Partie repräsentiert. Ein preußischer Ministerpräsident ist in der Antike zwar auch fehl am Platz, doch erhalten die Kontrahenten dadurch einen höheren Wiedererkennungswert. An eine Erzfeindschaft mit Gandhi in „Civilization“ erinnern wir uns noch ziemlich genau. Bei „Humankind“ bleiben die Gegner vergleichsweise blass. Dennoch: Die dynamischen Kämpfe in einer abwechslungsreichen Spielwelt und die strategischen Möglichkeiten bei der Völkerwahl machen „Humankind“ zu einer frischen Alternative im Globalstrategiegenre. Spieler, die vor den unzähligen Funktionen in „Civilization“ zurückschrecken, werden mit diesem Spiel einen leichteren Einstieg finden.

Humankind ist für den Windows PC und Stadia zu haben und kostet etwa 50 Euro.

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