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#Musik für Blumenkinder und Raumfahrer

Zum Siedepunkt der Party legt Mr. Alien um 1.30 Uhr „Mother Sky“ von Can auf. Die schneidende Gitarre, der pulsierende Bass, hypnotische Drums und spacige Keyboards versetzen den Club am Rande der Reeperbahn in eine Zeitreise. Rote Birnen in Vintage-Leuchten. Vorher hatte sein DJ-Partner Starlight Steven „I’m Waiting For The Man“ gespielt, die Rauschgiftbeschaffungshymne von The Velvet Underground. Es sind die letzten Stunden Flower Power Space Rock Party, dieser Reihe, die seit 1990 mit dem Attribut „Mind Expanding“, also bewusstseinserweiternd, auf Plakaten für sich wirbt.

Philipp Krohn

Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

Drei legendäre Partyreihen mit handgemachter Musik haben in Hamburg viele flüchtige Musiktrends überdauert. Der Schwarze Tanztempel, der die Neunziger-Indiekultur und ihre Wurzeln feiert, der Soul Allnighter mit unbekannten Northern-Soul- und Soul-Jazz-Singles und eben die Hippie-Reihe im „Molotow“, ­dieser geschundenen Perle von einem Musikclub, der sich nach dem erzwungenen Umzug vom Ost- ans Westende des Kiezes neu erfunden hat.

Mr. Alien sind die Strapazen von 33 Jahren Auflegen psychedelischer Klassiker anzusehen. Zu Beginn seines siebten Lebensjahrzehnts hat er keine Lust mehr. Sein fünf Jahre jüngerer Partner hätte gerne noch weitergemacht, aber die Reihe gibt es nur mit dem Duo Mr. Alien/Starlight Steven, das war immer klar.

Gern Obskures wie Krautrock

Die Regel ist einfach: Der Abend soll klingen wie in einer beliebigen Underground-Dorf-Diskothek in den frühen Siebzigerjahren. Keine Scheu vor langen Gitarren- oder Schlagzeugsoli, gern Obskures wie Krautrock oder die im Titel versprochene, aber außer von Hawkwind kaum je eingelöste Stilrichtung Space Rock. Selbst vermeintliche Tabus (Scott McKenzie, „Light My Fire“, The Mamas and the Papas) sind kein Dogma.

Zum letzten Mal am Pult: Die Hamburger DJ-Legenden Mr. Alien (links) und Starlight Steven legen beim Flower Power Space Rock auf.


Zum letzten Mal am Pult: Die Hamburger DJ-Legenden Mr. Alien (links) und Starlight Steven legen beim Flower Power Space Rock auf.
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Bild: Jonas Wresch

Zwei Stunden vor dem deutschen Krautrockklassiker füllt „Purple Haze“ von Jimi Hendrix die Tanzfläche. Die Altersspanne reicht von Anfang 20 bis Mitte 60, der Bewegungsstil von Siebziger-Ausdruckstanz bis zum Instagram-angepassten Muster unserer Zeit. Lieder wie „Suzie Q“ von Creedence Clearwater Revival oder „I Say Yeah“ von Ten Years After wecken die Luftbass-Fraktion. Led Zeppelin und Pink Floyd kommen gleich zweimal zu Ehren. Ein Tänzer mit grauem Originalzopf aus jener Zeit schwingt sein imaginäres Florett auf der kleinen Bühne, Sandalen und Hippie-Leinen-Hose als Reminiszenz an die Räucherstäbchen-Ära.

Flower Power Space Rock war eine der ersten Partys, als das „Molotow“ anfing. Anfang der Neunzigerjahre ging eine Zeit zu Ende, in der seichte Elektronik und oberflächlicher Pop dominierten. Der Kiez war heruntergekommen, die Räumlichkeiten waren billig. „Kurz vor Grunge war komische Gitarrenmusik wieder im Kommen“, sagt Mr. Alien, der eigentlich Andreas Schmidt heißt und heute Betreiber des Clubs ist. Obwohl die Zeitspanne zwischen Mitte der Sechziger und Mitte der Siebziger begrenzt ist, haben sie immer wieder Musik entdeckt, die sie noch nicht gespielt haben.

„Es war ein No-Go, neue Sachen einzustreuen“

Ende der Achtzigerjahre begann der Wiederaufstieg der Partymeile von St. Pauli. In den Bars begannen DJs Vinylplatten aufzulegen. „Hippies hatte es immer gegeben“, sagt Starlight Steven, Steven Spyrou im bürgerlichen Leben. „Jeder Sechzehnjährige schaute sich durch die Plattensammlung seiner Eltern“, erinnert er sich. Ihm haben es The Grateful Dead, aber auch die zeitgenössischen XTC und The Dukes of Stratosphear angetan. Aber alles aus dieser Zeit ist auf der Party nicht zugelassen. „Es war ein No-Go, neue Sachen einzustreuen, da waren wir puristisch und unmodern“, sagt Spyrou.

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