#Wie das Virus die Darmflora verändert
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„Wie das Virus die Darmflora verändert“
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Verlauf von Infektionskrankheiten wie Covid-19 und der Zusammensetzung der Darmflora? Diese Fragen haben sich Wissenschaftler um Jonas Schlüter und Ken Cadwell von der New York University in New York City gestellt. In einem ersten Schritt prüften sie bei Mäusen, wie sich eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 auf die Darmflora auswirkt. Die Ergebnisse, derzeit bei einem Nature Journal im Begutachtungsprozess, haben sie kürzlich im Preprint-Journal Research Square vorgelegt. Wie aus dieser noch nicht begutachteten Arbeit hervorgeht, nahm die Mikrobenvielfalt im Darm der infizierten Tiere merklich ab. Einige Bakterienarten vermehrten sich dabei über die Maßen, während die Zahl anderer stark zurückging. Besonders ausgeprägt war das Ungleichgewicht der Darmflora bei Nagern, die mit großen Virenmengen infiziert waren. Diese Tiere wirkten sehr viel kränker als jene, die nur mit geringen Virenzahlen Kontakt gehabt hatten.
In einem nächsten Schritt gingen die Wissenschaftler der Frage nach, ob beim Menschen vergleichbare Prozesse ablaufen. Dazu untersuchten sie die Stuhlproben von 138 Männern und Frauen, die wegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 im Krankenhaus behandelt worden waren. Das Ergebnis: Bei den Covid-19-Kranken war die Vielfalt des Darmmikrobioms ebenfalls reduziert, und das sogar noch nachhaltiger als bei den Nagern. So bestand die Darmflora bei einigen Patienten zu mehr als der Hälfte aus nur einer einzigen Bakterienspezies. Ähnlich wie bei den Mäusen hatten dabei jene Bakterienarten stark abgenommen, von denen man annimmt, dass sie dem Immunsystem unter die Arme greifen. Der Verlust der mikrobiellen Vielfalt betraf gleichwohl nicht alle Infizierten gleichermaßen. Besonders ausgeprägt war er bei den intensivmedizinisch versorgten Patienten und hier vor allem bei den 21 Kranken, die an einer bakteriellen Sepsis („Blutvergiftung“) litten.
Darmbakterienarten fördern die Immunabwehr
Weitere Analysen förderten dann auffallende Ähnlichkeiten zwischen der Mikrobenpopulation im Darm und den Erregern im Blut zutage. So handelte es sich bei den Blutinvasoren um die gleichen Bakterien, die sich im Darm auf Kosten anderer Mikrobenfamilien ausgebreitet hatten. Die Studienautoren halten es daher für naheliegend, dass die Blutvergiftung vom Verdauungstrakt ausgeht. Bedingt durch die Virenattacken oder auch die heftigen Entzündungsreaktionen, so ihre Vermutung, könnte die Darmwand durchlässig werden und invasiven Bakterien auf die Weise Tür und Tor öffnen. Wie sie hinzufügen, birgt auch der üblicherweise allzu großzügige Einsatz von Antibiotika für Corona-Patienten Gefahren. So hätten 80 Prozent der Sepsispatienten ihrer Studie bereits vor Auftreten der Blutvergiftung solche Medikamente erhalten. Dies könnte den Betroffenen zusätzlich geschadet haben. Denn es sei allgemein bekannt, dass Antibiotika die Mikrobenvielfalt im Darm vermindern und so der Ausbreitung von therapieresistenten Keimen, dem Nährboden einer Sepsis, Vorschub leisten.
Interessant sind in dem Zusammenhang auch die unlängst in der Zeitschrift Nature publizierten Ergebnisse einer vorangegangen Studie von Schlüter am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York City. Wie diese nahelegen, fördern bestimmte Darmbakterienarten – darunter auch jene, die bei den schwerkranken Corona-Patienten in stark verminderter Zahl vorlagen – die Vermehrung der weißen Blutkörperchen und stärken daher möglicherweise die körperliche Abwehr. Die Teilnehmer der Untersuchung, rund tausend Personen mit fortgeschrittener Leukämie, boten die Voraussetzungen, um den Zusammenhang zwischen der Darmflora und dem Immunsystem zu beleuchten.
Denn die Immunzellen der Betroffenen waren mit einer hoch dosierten Chemotherapie zerstört und anschließend mit einer Stammzelltransplantation wiederaufgebaut worden. Dies erlaubte es, die Erholung des Immunsystems Tag für Tag zu verfolgen und jeweils mit dem Darmmikrobiom in Beziehung zu setzen. In künftigen Untersuchungen wollen die Wissenschaftler nun herausfinden, ob und wie sich diese Erkenntnisse therapeutisch nutzen lassen.
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