#Wie die neue EZB-Strategie die Anleger fordert
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„Wie die neue EZB-Strategie die Anleger fordert“
Muss es Anleger scheren, wenn das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) künftig bei glatt 2 Prozent liegt, statt wie bisher bei „unter, aber nahe 2 Prozent“? Viele Sparer mögen sagen: „Das ist mir doch wurscht.“ Ob das Ersparte auf dem Konto nun von einer Inflation von 2 Prozent oder nicht ganz 2 Prozent aufgezehrt wird, ist dann letztlich auch egal, könnte man meinen.
Doch die neue Strategie der Notenbank, die EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag vorstellte, hat durchaus Relevanz für Anleger: Insbesondere, wenn die Notenbank künftig ein „moderates“ Überschießen der Inflation über ihr Ziel für eine Zeit lang hinnehmen will, kann das bedeuten, dass sie die Zinsen länger niedrig lässt. Die Negativzinsen könnten den Sparern länger als gedacht erhalten bleiben, meinte der Bundesverband deutscher Banken.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann war am Freitag zwar bemüht, zu versichern, die EZB werde jetzt nicht bewusst Inflationsraten oberhalb von 2 Prozent ansteuern. „Eine Inflationsrate von zwei Prozent in der mittleren Frist ist als Ziel klar und leicht zu verstehen. Wir streben weder niedrigere noch höhere Raten an. Das war mir wichtig“, sagte Weidmann. Tendenziell aber werde die Geldpolitik jetzt noch „taubenhafter“ ausfallen, also länger locker bleiben, bilanzierte Eugen Keller, Kapitalmarkt-Fachmann beim Frankfurter Bankhaus Metzler.
Cash zu halten wird unattraktiver
Was heißt das nun für Sparer? Cash zu halten dürfte noch unattraktiver werden, wenn die EZB auch Inflationsraten über 2 Prozent zulässt. Noch liegen immerhin rund 2,6 Billionen Euro von deutschen Sparern auf Girokonten. Aber zwei Prozent Inflation lassen sich auch mit Tages- und Festgeldangeboten im Augenblick kaum schlagen.
Dem Dax hingegen könnten etwas höhere Inflationsraten vielleicht sogar nützen, meint Andreas Hürkamp, Aktienfachmann der Commerzbank. „Es ist für die Aktienmärkte sehr wichtig, dass die EZB in Zukunft noch gelassener auf eine steigende Inflation reagieren wird, da die Aktienmärkte im Euroraum weiterhin am Tropf der Notenbanken hängen“, sagte Hürkamp. Der Kurswechsel der EZB sei für die Aktienmärkte ein Signal, dass die relativ hohe Bewertung der Aktienmärkte im Euroraum zunächst weiter anhalten werde: „Denn das durch die sehr gelassene EZB-Politik immer länger anhaltende Niedrigzinsumfeld zwingt zunehmend auch eigentlich risikoaverse Anleger dazu, mehr Risiken einzugehen, um beispielsweise bereits recht hoch bewertete Aktien zu kaufen.“
Der Dax war am Donnerstag nach Wirtschaftszahlen aus China deutlich gefallen, hatte sich am Freitag aber wieder etwas berappelt und notierte zum Handelsschluss auf 15 688 Punkten.
Die Folgen für Anleihen seien noch nicht so ganz klar, meint David Zahn, Chef für europäische Anleihen bei der Fondsgesellschaft Franklin Templeton. „Der neue Kurs der EZB ist grob gesprochen eine Fortsetzung der aktuellen Geldpolitik, wobei 2 Prozent als Inflationsziel festgelegt wurde“, sagt Zahn. „Wir werden die nächste EZB-Sitzung abwarten müssen, um besser zu verstehen, was genau sich in der operationellen Umsetzung ändern wird.“ Erst einmal gelte weiterhin, dass Anleihemärkte von einer generell akkommodierenden Geldpolitik profitierten.
Steilere Zinsstrukturkurve
„Am Markt wird noch diskutiert, welches Inflationsniveau die Notenbank zukünftig tolerieren wird“, sagt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. Davon unbenommen dürfte die Diskussion um eine Rückführung des Anleihekaufprogramms zu einem Anstieg der langfristigen Kapitalmarktzinsen führen. Bei den Inflationserwartungen könnten Überraschungen nach oben drohen, meint er. Anleger sollten sich auf eine „steilere Zinsstrukturkurve“ einstellen: Die kurzfristigen Zinsen blieben noch einige Zeit nahe null, die langfristigen Renditen dürften steigen, mit korrespondierenden Kursverlusten bei Anleihen. Die Erholungstendenzen der Weltwirtschaft dürften aber zu Umsatzerhöhungen bei den Unternehmen führen, was Aktien fundamental stützen sollte.
„Angesichts des Fortbestehens der ultraexpansiven Geldpolitik und eventuell noch weiter fallender Renditen spricht vieles für eine Wiederauferstehung von Gold“, sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Der Goldpreis war am Donnerstag zeitweise angestiegen bis auf 1817,64 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm), hatte sich aber später wieder etwas beruhigt und notierte am Freitag zeitweise sogar knapp unter 1800 Dollar.
Auch neben dem Inflationsziel gibt es zahlreiche Aspekte der neuen EZB-Strategie, die auch Anleger betreffen könnten. „Am weitreichendsten ist sicher die Entscheidung der EZB, über Klimaschutz nicht nur zu reden, sondern einen ambitionierten Aktionsplan aufzustellen“, sagte Ulrike Kastens von der Fondsgesellschaft DWS. „Auch der Bestand an Unternehmensanleihen der EZB wird davon betroffen sein – allein die Ankündigung könnte schon eine Signalwirkung entfachen.“
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