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#Wie ein Spitzel eine Lehrerin in Bedrängnis bringt

Wie ein Spitzel eine Lehrerin in Bedrängnis bringt

In China ist es inzwischen ziemlich einfach für einen Schüler, die Karriere seines Lehrers zu zerstören. So wie vor ein paar Tagen an einer Fachhochschule in Schanghai. Dort filmte ein Student mit dem Handy heimlich den Unterricht seiner Dozentin in einer Filmklasse. Thema: Interviewtechniken. Im Hintergrund hört man seinen Sitznachbarn kichern. Eine gekürzte, missverständliche Version des Videos fand den Weg ins Internet.

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für China, Nordkorea und die Mongolei.

Die Lehrerin äußert sich darin über das Massaker in der ostchinesischen Stadt Nanjing, das japanische Besatzungstruppen im Dezember 1937 und Januar 1938 an der chinesischen Zivilbevölkerung verübt haben. Sie sagt: „Wenn wir nicht die Namen und die Ausweisnummern der Toten kennen, ist die Zahl von 300.000 Opfern in chinesischen Geschichtstexten nur eine Schätzung.“

Dieser Satz löste nicht nur einen Sturm der Entrüstung im Internet aus, sondern rief auch die Kommunistische Partei auf den Plan. Deren Verlautbarungsorgan „Volkszeitung“ befand, „die Stapel an Beweisen (für die offizielle Opferzahl 300.000) sind so hoch wie die Berge. Wer die historische Wahrheit infrage stellt, ist als Lehrer nicht qualifiziert. Wer das Leid vergisst und die bösen Taten anderer Länder bestreitet, ist es nicht wert, Chinese zu sein.“

Staatsfernsehen kommentiert Entlassung

Am gleichen Tag wurde die Dozentin Song Geng Yi entlassen. Die Fachhochschule teilte mit, sie habe den Vorfall untersucht und ein „massives Fehlverhalten mit ernst zu nehmenden sozialen Folgen“ festgestellt. Eine telefonische Anfrage der F.A.Z. wollte die Fachhochschule nicht beantworten. Ein Mitarbeiter legte einfach auf.

Das Staatsfernsehen kommentierte, die Entlassung reiche nicht aus. Die Dozentin müsse bei den Opfern um Entschuldigung bitten. Es handle sich um einen Fall von „historischem Nihilismus“. Das ist ein Begriff, den Staats- und Parteichef Xi Jinping regelmäßig in seine Reden einflicht. Er besagt, dass bestraft werden soll, wer von der offiziellen historischen Lesart abweicht.

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Am Tag der Entlassung tauchte allerdings eine ungekürzte Version des Videos auf, in dem die Äußerungen der Dozentin in einem anderen Licht erscheinen. Darin sagt Song, dass ihr Geschichtslehrer immer gesagt habe, es sei eine Schande, dass die damalige Kuomintang-Regierung (die später von den Kommunisten besiegt wurde) die Namen der Opfer nicht erfasst habe, solange deren Angehörige noch am Leben waren.

Massaker wird instrumentalisiert

Wären die Namen dokumentiert, so Song, könne die Zahl nicht von japanischen Historikern infrage gestellt werden. Als Gegenbeispiel nannte sie die akribische Dokumentation des Holocausts. Offensichtlich ging es ihr darum, die Notwendigkeit faktenbasierter Recherche zu betonen.

Das Massaker von Nanjing gilt in China als Inbegriff der japanischen Kriegsverbrechen, die in Japan bis heute von hoher Stelle geleugnet oder verharmlost werden. Auf chinesischer Seite wird das Massaker seit 1990 offensiv im Schulunterricht eingesetzt, um nationalistische Gefühle zu wecken. Die Bildungsbehörde in Hongkong stellte im vergangenen Monat erstmals auch Grundschulen Aufnahmen als Lehrmaterial zur Verfügung, in denen zu sehen ist, wie Zivilisten ermordet und Leichen gestapelt werden. Eltern beschwerten sich, nachdem sie Sechsjährigen gezeigt worden waren.

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