Wissenschaft

#Wie entwickelten sich die ersten RNA-Moleküle auf der Urerde?

Bevor DNA-haltige Lebewesen die Erde besiedelten, existierten auf der Urerde bereits verschiedenste simple RNA-Moleküle. Forschende haben nun im Labor nachgestellt, unter welchen Bedingungen diese RNA-Moleküle die Fähigkeit erlangten, sich gegenseitig zu verbessern. Diese Konditionen markieren den Beginn der Evolution hin zu komplexeren Lebewesen. Demnach begann die Evolution bereits auf Molekülebene, lange bevor es Zellen gab, indem einzelne RNA-Enzyme andere RNA-Moleküle zuverlässig kopierten. Die einstige „RNA-Welt“ könnte sich mit dieser Erkenntnis nun im Labor nachbauen lassen.

Das Leben auf der Erde entwickelte sich vor Milliarden Jahren aus nur einigen wenigen, winzigen Lebensbausteinen. Lange bevor es Zellen gab, waren darunter bereits verschiedene RNA-Moleküle. Während einer Ära in der Erdgeschichte dominierten diese das irdische Leben, so besagt es die gängige wissenschaftliche Theorie der „RNA-Welt“. Einige dieser RNA-Moleküle übernahmen damals die Aufgabe der späteren DNA, indem sie die genetische Information speicherten und von Generation zu Generation weitergaben. Andere RNA-Moleküle funktionierten wie die sich später entwickelnden Proteine als Enzyme, die biochemische Reaktionen katalysieren und beschleunigen. Solche RNA-Enzyme werden auch Ribozyme genannt und existieren in geringerem Ausmaß auch heute noch. Doch welche Rolle spielten sie in der damaligen „RNA-Welt“?

Evolution der RNA-Moleküle

Ein Team um Nikolaos Papastavrou vom Salk Institute in Kalifornien hat dies nun genauer untersucht. „Wir verfolgen den Beginn der Evolution“, sagt Seniorautor Gerald Joyce, ebenfalls vom Salk Institute. „Wir haben uns gefragt, wann das Leben die Fähigkeit erlangte, sich selbst zu verbessern“, ergänzt Papastavrou. Konkret analysierten die Forschenden, welche Bedingungen dafür nötig waren, dass sich einzelne RNA-Moleküle weiterentwickelten, so dass daraus optimierte Lebensbausteine entstehen konnten. Dafür entwickelten die Forschenden ein RNA-Enzym, dessen Aufgabe es ist, die Replikation anderer RNA-Moleküle zu katalysieren: eine sogenannte RNA-Polymerase. Dieses Ribozym war dabei zunächst sehr simpel, konnte nur kurze RNA-Stränge kopieren und machte viele Fehler. Ausgehend davon veränderten Papastavrou und seine Kollegen das RNA-Enzym schrittweise mit der Methode der gerichteten Evolution. Durch Dutzende Runden der Mutation und Selektion entstanden Enzymvarianten, die ihre Aufgabe immer besser und mit weniger Fehlern durchführen konnten.

Visualisierung von RNA-Molekülen, die eine Evolution durchlaufen
Visualisierung von RNA-Molekülen, die eine Evolution durchlaufen, gefärbt nach aufeinanderfolgenden Generationen. Wenn die RNA-Polymerase unzuverlässig arbeitet, erhält die kopierte RNA-Sequenz viele Mutationen und verliert dadurch mit der Zeit ihre Funktion (oben, blau bis magenta). Mit einer zuverlässigeren RNA-Polymerase passieren jedoch nur wenige Fehler und förderliche Mutationen, durch die die kopierte RNA-Sequenz immer besser wird (unten, gelb bis rot). © Salk Institute

Dabei zeigte sich: Ab einem gewissen Punkt, war das RNA-Enzym so weit optimiert, dass es auch längere RNA-Moleküle zuverlässig kopierte. Es blieb jedoch eine Fehlerquote von etwa zehn Prozent, die förderliche Variationen und Mutationen im kopierten Objekt weiterhin zuließ. Die kopierte RNA-Sequenz veränderte sich dadurch wiederum im Zuge mehrerer Kopierrunden, so dass dieses zweite RNA-Molekül seine eigene Funktion schließlich ebenfalls besser erfüllen konnte, wie die Forschenden berichten. Verwendeten die Forschenden hingegen die ursprüngliche, nicht-optimierte, unzuverlässige RNA-Polymerase, verlor die von ihr kopierte RNA-Sequenz mit der Zeit ihre Funktion, weil sie zu viele Mutationen anhäufte.

Co-Evolution legte Grundstein für heutige Lebewesen

Die Studie legt damit insgesamt nahe, dass auf der Urerde tatsächlich einst eine „RNA-Welt“ existierte, in der die Evolution von RNA-Enzymen und anderen RNA-Molekülen parallel verlief. Ohne RNA-Polymerasen mit einer hohen Akkuratheit und geringen Fehlertoleranz wären demnach keine höher entwickelten RNA-Moleküle entstanden und ohne die Evolution der RNA hätte es auch keine höheren Lebewesen aus komplexeren Molekülen und Zellen gegeben, inklusive des Menschen. „Indem wir diese neuartigen Fähigkeiten der RNA aufdecken, decken wir die potenziellen Ursprünge des Lebens selbst auf und zeigen, wie einfache Moleküle den Weg für die Komplexität und Vielfalt des Lebens, die wir heute sehen, geebnet haben könnten“, erklärt Joyce.

Basierend auf den Erkenntnissen könnten im Labor nun die einstigen RNA-basierten Urlebewesen rekonstruiert werden, hoffen Papastavrou und seine Kollegen. Daraus könnten dann weitere Erkenntnisse über den Beginn des Lebens auf der Erde oder gar anderen Planeten gewonnen werden. Diese Folgestudien könnten dann auch klären, welche Umweltbedingungen auf der Urerde die Entwicklung der „RNA-Welt“ befeuert haben könnten.

Quelle: Nikolaos Papastavrou (Salk Institute) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.2321592121

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