#Wie ich in einer halben Stunde Corona-Tester wurde
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„Wie ich in einer halben Stunde Corona-Tester wurde“
Besuch in einem Corona-Bürgertestzentrum im Rhein-Main-Gebiet. Der Betreiber hat im Obergeschoss eines Einkaufszentrums ein paar Holzkabinen aufgestellt. In jeder Kabine steht ein schlichter Hocker, weiße Vorhänge schützen vor neugierigen Blicken. Das Team vom Empfang bis zu den Testerinnen ist auffallend jung. Meinen Nasenabstrich nimmt eine Schülerin, die kurz vor dem Abitur steht. Erfahrung im Gesundheitswesen hat sie nicht. Eigentlich jobbt sie als Kellnerin, aber in der Gastronomie war ja lange Flaute.
Jetzt hat sie umgesattelt, wurde in einem Crash-Kurs angelernt und verdient „ganz gut“. Im Internet finden sich etliche Job-Angebote für Corona-Tester, die Bezahlung wird zwischen 12 und 18 Euro je Stunde angegeben. In praktisch allen Annoncen heißt es, es seien „keinerlei Vorkenntnisse“ und auch „kein Abschluss erforderlich“. Viele Angebote richten sich ausdrücklich an Studenten, die sollen die Tests „selbständig durchführen“. Da drängt sich die Frage auf: Wie gut sind die Corona-Tester eigentlich qualifiziert?
Im Internet werden Schnellkurse angeboten, bei der Johanniter Unfall-Hilfe (JUH) sogar ein reiner Online-Kurs. Der kostet bloß zehn Euro. Voraussetzungen: Keine. 60 Minuten Zeit soll man einplanen, aber ich bin deutlich schneller durch. Der Kurs beginnt mit einem oberflächlichen Vergleich zwischen sogenannten PoC-Schnelltests, die vor Ort ausgewertet werden, und PCR-Tests, bei denen die Probe in ein Labor gesendet wird. PoC steht für Point of Care und meint die Teststation.
Dann geht es um die Ausstattung dieser Station: gute Belüftung, persönliche Schutzausrüstung und „optional ein Stuhl für die zu testende Person (verhindert ,Flucht‘ des Probaten)“. Ich lerne durch ein Video, Abstriche im Nasen- und Mund-Rachen-Raum zu nehmen. Ich bekomme erklärt, wie das Testergebnis zu interpretieren ist, aber das weiß ich schon, weil das Prinzip bei allen Selbsttests ähnlich ist, die es im Supermarkt zu kaufen gibt. Ich erfahre, dass ich meinen Schutzanzug „nach geltenden Hygieneregeln“ ausziehen soll, aber nicht, welche das sind und ob ich den Anzug nach jedem Probanden wechseln muss. Das würde ja einen riesigen Berg Müll hinterlassen. Leider gibt es auch keine Möglichkeit, im Anschluss an den Online-Kurs mit einem Experten zu sprechen oder Fragen zu posten.
Zertifikat per Mail
Eine richtige Abschlussprüfung gibt es auch nicht, bloß drei Aufgaben, bei denen ich leicht schummeln könnte. Ich soll ein paar richtige Aussagen ankreuzen, drei Testergebnisse interpretieren – positiv, negativ, ungültig – und vier Aussagen einander zuordnen. Das alles dauert keine zwei Minuten. Schon nach gut einer halben Stunde Online-Kurs bekomme ich per Mail ein Zertifikat – ohne meinen Schreibtisch verlassen zu haben. Es bestätigt, dass ich an der Fortbildung „mit Erfolg“ teilgenommen habe.
Die Ärzteschaft sieht solche Angebote kritisch. „Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Kurs nur bedingt dazu befähigt, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erlangen“, sagt Karl Roth von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen. Die setzt in ihren Testzentren auf Personal mit medizinischem Hintergrund und Einarbeitung „on the job“ unter ärztlicher Aufsicht.
„Ein überschaubar komplexer Vorgang“
Die JUH verteidigt ihr Schulungsangebot. Eigentliche Zielgruppe der preiswerten Online-Kurse seien Menschen, die in ihrem Umfeld testen wollten, sagt Ralf Sick, Leiter des Geschäftsbereichs Bildung – ob es sich um Mitarbeiter eines kleinen Unternehmens handelt, die ihre Kollegen testen, oder Eltern, die ihre Kinder abstreichen. „Wenn Schnelltests eine gesundheitspolitische Lösung sein sollen und sich die Politik eine hohe Verbreitung wünscht, dürfen wir nicht über einen hohen Preis eine unüberwindbare Barriere schaffen. Dann müssen wir allen ein Angebot machen.“
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