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#Wie ich mit einer Schauspielerin an der italienischen Kaffeemaschine scheiterte

„Wie ich mit einer Schauspielerin an der italienischen Kaffeemaschine scheiterte“

Ich bin Filmkritikerin fürs Radio und führe Interviews mit Filmstars. Mein Beruf bringt es mit sich, viel Kaffee zu trinken. Vor allem viel schlechten Kaffee. Im Kino, beim Warten auf Interviews mit irgendwelchen Schauspielern und Schauspielerinnen oder Regisseurinnen und Regisseuren in gesichtslosen Luxushotels gibt es gern lauwarmen, am Morgen aufgebrühten Filterkaffee in Thermoskannen, von denen der Lack abgeht. Oder solchen aus Kapselkaffee-Maschinen, deren Bedienung mindestens ein Hochschulstudium voraussetzt, wenn man nicht nur Kaffee, sondern auch Milch haben will. Oft standen wir schon zu dritt, zu viert vor dampfenden, qualmenden Maschinen, die dann oft einfach kein Wasser, keine Milch oder weder das Eine, noch das Andere hatten.

Die Stars hingegen trinken exquisite Getränke. Ryan Gosling zum Beispiel einen giftgrünen Smoothie, Scarlett Johansson Tomatensaft mit Tabasco. Die Hälfte Fiji-Wasser. Weil Madonna das mal getrunken hat. Oder so ähnlich. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass ein Star in den Raum kam, sich setzte, von der Pressebetreuung gefragt wurde, ob er einen Kaffee möchte, das bejaht wurde, der Kaffee mitten im Gespräch gebracht wurde, dann aber nie angerührt und einsam, kühl und schal nach dem Interview zurückgelassen wurde. Nur um das Spielchen im nächsten Raum, vor dem nächsten Journalisten 15 Minuten später zu wiederholen.

Frederik Lau hielt mich beim Deutschen Filmpreis übrigens mal für die Kellnerin und statt auf meine Fragen zu antworten, bestellte er ein Bier bei mir – Berufsrisiko.

Die Schauspielerin Mala Emde fragte, ob sie mir einen Kaffee machen darf

Neulich allerdings, da musste ich mich mit einem Star verbünden, um Kaffee zu bekommen. Das war beim Filmfestival in Venedig – das Festival mit dem besten Kaffee überhaupt im internationalen Vergleich, immerhin liegt Venedig ja in Italien. Der Espresso zwischen den Filmen ist sowieso Pflicht, rangiert zwischen einem und zwei Euro. Der Kaffee, um den es gehen soll allerdings, der war umsonst. In zweierlei Hinsicht.

Ich war auf dem Festivalgelände für ein Interview mit der Schauspielerin Mala Emde, bekannt aus den Serien „Charité“, „303“ und ganz aktuell „Oh Hell“, die man 2020 hier in Venedig mit dem „Bisato d’Oro“ für ihre Rolle in „Und morgen die ganze Welt“ ausgezeichnet hatte. Diesmal war sie in der Stadt für die Weltpremiere von „Aus meiner Haut“, ein Science-Fiction-Liebesfilm, in dem eher Tee getrunken wird als Kaffee. Aber das ist ein anderes Thema. Der Film lief beim Festival in einer Nebenreihe, daher ging es diesmal nicht ins Luxushotel für die Interviews, sondern in einen Garten: „Headquarter Settimana – Casa della Critica” stand in der Interviewbestätigung. Klingt nach Hauptquartier eines Bösewichts. Oder Ähnlichem. Dabei war es ein einfacher Garten vor einer leicht runtergekommenen Villa, die Presseecke markierten ein Plastiktisch mit Plastikstühlen. Alles wirkte ein bisschen improvisiert, aber liebevoll. Ums Eck der Villa gab das Filmteam um Mala Emde, Jonas Dassler und die Brüder Dimitri und Alex Schad abwechselnd in alternierender Besetzung Interviews. Wer gerade nicht dran war, hing rum, rauchte, trank, versuchte die Nerven bis zur Premiere am nächsten Tag ein wenig zu beruhigen.

Trinkt sonst lieber Smoothies: Ryan Gosling 2018 beim Filmfestival in Venedig


Trinkt sonst lieber Smoothies: Ryan Gosling 2018 beim Filmfestival in Venedig
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Bild: picture alliance

Am Rand auf einem Gartentisch der Fraktion „sehr wackelig“ lag ein Haufen Plastik: Becher, halbvolle Wasserflaschen, eine weiße Kapselkaffeemaschine, die Kaffeeflecken umgaben, Kategorie „Ich habe schon bessere Tage gesehen“. Aber dennoch, es war Festivaltag fünf, und ich hatte gerade eine Magendarmgrippe überstanden: Sie ahnen es, die Sehnsucht nach Koffein war groß, die Verzweiflung schien mir in den Augen zu stehen. Ich stand überfordert, überfragt, nach Bechern suchend vor der Maschine, überlegte, ob die Verlängerungskabel, die man hier in Reihe geschaltet hatte, einen Espresso wohl überstehen würden oder ob erst die ganze Sicherung und dann auch die Villa in die Luft fliegen würde (ich habe wohl definitiv zu viele Filme gesehen).

Da gesellte sich Mala Emde zu mir und fragte, ob sie mir einen Kaffee machen darf. In einer Mischung aus Festivalhilflosigkeit und Überforderung nahm ich dankend an, grinste heimlich über den Rollentausch. Normalerweise mache ich doch den Kaffee für meine Interviewpartnerinnen und -partner. Festivalwahn. Verkehrte Welt. Egal, alles ist da – bis auf Becher.

Wir suchten nach diesen kleinen weißen Pappteilen, in denen der Espresso zwar nicht wirklich gut schmeckt und die nach dem Trinken unten noch immer diesen Zuckersatz am Boden haben, den man nie im Leben würdevoll herausgeschleckt bekommt, die aber immerhin verhindern, dass man sich automatisch den Mund verbrennt. Was wir fanden, sind nur ein paar richtige Plastikbecher, in denen in Venedig meist Aperol Spritz serviert wird.

Mala und ich sahen uns fragend an. Wird der heiße Espresso den Becher zum Schmelzen bringen oder haben die Italiener ein Geheimrezept respektive stabilere Becher als wir? Der Entdeckergeist in uns überwog, die Skepsis und Furcht vor Verbrennungen zweiten Grades schoben wir also Beiseite. Kapsel rein, Hebel runter, Knopf gedrückt. Der Becher stand. Der erste Espresso tröpfelte, dann floss er – und der Becher schmolz.

Innerhalb weniger Sekunden war mein Traum vom schnellen Koffein dahin, der Becher auf die Hälfte geschrumpft, in sich zusammengezogen wie ein zu heiß gebadeter Tischtennisball. Eine Mischung aus verbrannten Plastikpartikeln und schmierigem Espresso lief daraus auf den Boden. Das eindrucksvolle Kunstwerk landete sofort im Müll. Wir haben dann Beide Abstand davon genommen, ein gemeinsames Heißgetränk zu uns zu nehmen. Den richtigen Kaffee haben wir übrigens kürzlich nachgeholt. In meinem Kreuzberger Büro mit Siebträgermaschine. Cappuccino mit Hafermilch. In Italien wären wir dafür vermutlich eh gekreuzigt worden.

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