Wissenschaft

#Wie Meeresbakterien Öl abbauen

Durch Probleme mit Ölplattformen und -tankern gelangen immer wieder große Mengen an Erdöl unbeabsichtigt in die Weltmeere. Eine Studie zeigt nun, welche Tricks ölfressende Bakterien nutzen, um das Rohöl möglichst schnell und effektiv zu verstoffwechseln. Demnach formen sie Biofilme um einzelne Öltröpfchen und sorgen dabei dafür, dass das umschlossene Tröpfchen fingerartige Ausstülpungen bildet. Durch die vergrößerte Oberfläche können mehr Bakterien gleichzeitig angreifen. Die Erkenntnisse helfen dabei, die Rolle der Bakterien bei der Beseitigung von Ölteppichen besser zu verstehen.

Eine Explosion auf der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko führte im Jahr 2010 zu einer der schlimmsten Ölkatastrophen der Geschichte, bei der etwa 800 Millionen Liter Rohöl ins Meer strömten. Aber auch Lecks an Ölplattformen und Tankern führen immer wieder zu gravierender Umweltverschmutzung, zuletzt im Juli 2023 erneut im Golf von Mexiko. Zur Bekämpfung der Ölpest wird das größtenteils auf der Wasseroberfläche schwimmende Öl so gut wie möglich abgepumpt oder verbrannt. Ist das nicht möglich, kommen sogenannte Dispersionsmittel zum Einsatz, die ähnlich wie Seife funktionieren und den Ölteppich in kleinere Tröpchen aufteilen, wodurch er stärker der Verwitterung und dem natürlichen Abbau ausgesetzt ist. In diesem Kontext spielen auch Bakterien, die Rohöl verstoffwechseln können, eine wichtige Rolle.

Biofilm verformt Öltröpfchen

Eines dieser Bakterien, genannt Alcanivorax borkumensis, hat nun ein Team um Manoj Prasad von der Universität Tsukuba in Japan näher untersucht. „Wir haben ein mikrofluidisches Gerät entwickelt, mit dem wir zahlreiche mit Bakterien bedeckte Öltröpfchen einfangen und in Echtzeit abbilden können“, berichtet das Team. „Diese Plattform ermöglicht es uns, die gesamte Dynamik der Biofilmentwicklung zu erfassen, angefangen von einzelnen Bakterien bis hin zum vollständigen Verzehr der Öltröpfchen.“ Das Forschungsteam stellte fest, dass die Bakterien unterschiedlich effektiv beim Abbau waren, je nachdem, wie lange sie dem Öl ausgesetzt waren. Während Bakterienkulturen, die erst einen Tag mit dem Öl in Kontakt waren, etwa 72 Stunden brauchten, um einen neuen Öltropfen zu mindestens 90 Prozent abzubauen, dauerte es bei Kulturen, die zuvor fünf Tage Zeit hatten, sich an das Öl zu gewöhnen, nur rund 20 Stunden.

Auf der Suche nach den Ursachen untersuchte das Forschungsteam die Gestalt des Biofilms genauer. Das Ergebnis: „Bei der Probenahme nach einem Tag bildete A. borkumensis einen kugelförmigen Biofilm, der nach außen über das Öl hinauswuchs, und der Öltropfen blieb größtenteils kugelförmig, während er verzehrt wurde“, berichtet das Team. „Im Gegensatz dazu entwickeln Bakterien aus einer fünf Tage alten Kultur einen dünnen Biofilm, der das Öltröpfchen so verformt, dass es Ausstülpungen bildet und so eine größere Angriffsfläche für die wachsende Anzahl an Bakterien bietet.“ Die Verstoffwechselungsrate jedes einzelnen Bakteriums bleibt also gleich, doch durch die Verformung können mehr Bakterien gleichzeitig das Öl konsumieren.

Während das Öl abgebaut wird, nimmt das Ausmaß der Verformung bei diesem sogenannten dendritischen Biofilm zu, bis das Tröpfchen schließlich in winzige, von Bakterien umgebene Fragmente zerfällt. Beim kugelförmigen Biofilm dagegen wird das Tröpfchen lediglich immer kleiner, sodass es immer weniger Bakterien eine Angriffsfläche bietet und sich der Abbau im Laufe der Zeit verlangsamt.

Komplexe Interaktionen noch unklar

Im offenen Meer sind Ölteppiche für Bakterien wie A. borkumensis oft schwer angreifbar, da sie eine geschlossene Decke bilden. Der natürliche Wellengang sorgt nur teilweise dafür, dass sich einzelne Tröpfchen bilden, die besser abgebaut werden können. Zugesetzte Dispersionsmittel sollen diese Aufgabe übernehmen. Um den Effekt solcher Mittel zu testen, versetzten Prasad und sein Team einige der Bakterien-Öl-Mischungen mit einer Substanz, die kommerziellen Dispersionsmittel sehr ähnlich ist.

Doch statt beim Abbau zu helfen, hatte das Mittel zumindest in der Zellkultur einen gegenteiligen Effekt: Innerhalb von vier Stunden wusch es die Biofilme vom Öl ab, und die zuvor verformten Öltröpfchen nahmen wieder eine kugelförmige Gestalt ein. Was das für den realen Einsatz bedeutet, ist allerdings noch unklar. „Obwohl wir festgestellt haben, dass die Zugabe von Öl-Dispergiermitteln, die in ihrer Zusammensetzung handelsüblichen Mischungen ähneln, zu einer schnellen Ablösung des Biofilms von den Öltropfen führt, beeinflussen wahrscheinlich zahlreiche Faktoren wie die Dispergiermittelkonzentration, die Ölzusammensetzung, die Temperatur und der Druck sowie die Nährstoffkonzentrationen den biologischen Abbau“, schreibt das Team.

Zudem ist zu beachten, dass A. borkumensis nicht das einzige Bakterium ist, das am Öl-Abbau beteiligt ist. „Alcanivorax borkumensis allein kann die Tausenden von Kohlenwasserstoffen im Rohöl nicht abbauen. Dazu ist eine vielfältige Gemeinschaft von Mikroben erforderlich, die miteinander interagieren und manchmal auch miteinander konkurrieren“, schreiben Terry McGenity und Pierre Laissue von der University of Essex in einem Kommentar zur Studie, der ebenfalls in der Fachzeitschrift Science erschienen ist. Um die Ausbreitung und den biologischen Abbau von Rohöl in den Ozeanen besser zu verstehen, seien daher weitere Studien notwendig, die die komplexen Interaktionen in den Blick nehmen.

Quelle: Manoj Prasad (University of Tsukuba, Japan) et al., Science, doi: 10.1126/science.adf3345

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