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Wie Osaka Senioren vor Betrügern schützen will

Der Fall erregte Aufsehen. Ein 16 Jahre alter Japaner wurde Anfang April aus einem Betrugscamp in Myanmar befreit. Er war eigentlich nach Thailand gereist, um eine Internetbekanntschaft zu besuchen, wurde dort aber verschleppt und musste dann von dem ­Betrugscamp aus ­ältere Menschen in seiner Heimat anrufen. In fließendem Japanisch musste er sich als Polizist ausgeben und so seine Opfer dazu ­bringen, unwissentlich Geld an die Be­trügerbanden zu überweisen – während die Kriminellen den Jugendlichen mit Maschinenpistolen bedrohten.

Zehn ähnlich gelagerte Fälle machte die japanische Polizei vor wenigen Wochen publik, bei denen Japaner über das Internet ins Ausland gelockt und zu ­Betrügereien gezwungen wurden. Die Banden haben vor allem ältere Japaner als neue Opfer für sich entdeckt. Von ihnen gibt es schließlich immer mehr, sie leben häufig allein, und sie sind nicht selten wohl­habender, als man auf den ersten Blick denken würde.

In ­Japan hat sich der Begriff „Sonder­betrug“ etabliert, für Fälle, bei denen sich die Täter typischerweise am Telefon als Verwandte oder Mitarbeiter öffent­licher Institutionen ausgeben, um ihre Opfer zu täuschen und ihnen Geld oder Bankkarten zu entlocken.

Personen über 65 dürfen nicht mehr am Geldautomaten telefonieren

Daher greift die Bezirksregierung der japanischen Großstadt Osaka nun zu einem drastischen Schritt. Sie schränkt die Freiheiten der Älteren bei Finanzgeschäften deutlich ein. So ­dürfen Personen, die 65 Jahre oder älter sind, dort künftig nicht mehr gleich­zeitig am Handy telefonieren und einen Geldautomaten benutzen, wie die Regierung der Präfektur mitteilte.

„Ältere Opfer verlieren nicht nur Geld, sondern erleiden auch psychische Belastungen“, sagte Osakas Gouverneur Hirofumi Yoshimura nach der Verabschiedung der Verordnung durch die Präfektur­versammlung. „Wir haben diese Verordnung daher eingeführt, in der Hoffnung, besonders schwere Verbrechen zu verhindern.“ Der Gouverneur hatte schon im vergangenen Jahr angekündigt, Ältere besser vor solchen Betrugsfällen zu schützen, und ein Gremium von Fachleuten um Vorschläge gebeten. Eine Umfrage unter älteren Personen hatte ergeben, dass nur sehr wenige (vier Prozent) gleichzeitig te­lefonieren und Geld abheben. Entsprechend gering schätzen die Älteren dem­nach auch die Beeinträchtigung durch die neuen Regeln ein.

Verlust durch Sonderbetrug auf 72 Milliarden Yen geschätzt

Die Zahl der Sonderbetrugsfälle und der damit verbundenen finanziellen Schäden in der Präfektur Osaka ist stark gestiegen. Im Jahr 2024 gab es 2658 Fälle mit ­geschätzten Verlusten von insgesamt etwa 6,4 Milliarden Yen (39 Millionen Euro), so viel wie nie ­zuvor. Gut drei Viertel der ­Betroffenen waren 65 Jahre oder älter. „Angesichts des Ausmaßes der Schäden sollten die Nutzer ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten akzeptieren“, befand das Gremium. Für ganz Japan schätzt die Polizeibehörde die Verluste durch Sonderbetrug auf etwa 72 Milliarden Yen (rund 441 Millionen Euro), was mehr als eineinhalbmal so viel sei wie im Vorjahr.

Die neue Verordnung in Osaka sieht keine Strafen vor für die Nutzung des ­Handys am Geldautomaten. Gouverneur Yoshi­mura hofft vor allem darauf, dass die Regelung zu mehr Achtsamkeit unter den Älteren führt und auch ein stärkeres ­Bewusstsein bei Bank­angestellten und den Mitarbeitern von Geschäften mit Geldautomaten für das Risiko schafft. Dort sollen Poster aufgehängt werden, um auf die neue Verordnung hinzuweisen.

Betreiber von Minisupermärkten in der Pflicht

Die Finanzgeschäfte von Älteren werden aber noch weiter eingeschränkt. So werden Banken verpflichtet, ein tägliches Überweisungslimit von 100.000 Yen (650 Euro) für Geldautomatennutzer von 70 Jahren an festzu­legen, die in den vergangenen drei Jahren keine solchen Trans­aktionen ausgeführt haben. Wenn Ältere plötzlich größere Summen überweisen, gilt das als Anzeichen dafür, dass sie möglicherweise gerade Opfer von Betrug werden. Wenn Banken ei­nen entsprechenden Verdacht haben, müssen sie das der Polizei melden. Die Nationale Polizeibehörde hatte schon einmal angeregt, Abhebungen äl­terer Personen generell auf 300.000 Yen am Tag zu beschränken. Auch das sollte die Betrugsgefahr eindämmen.

Die überarbeitete Verordnung in Osaka nimmt auch die Betreiber der in Japan weit verbreiteten Minisupermärkte (Konbinis) in die Pflicht. Dort stehen in der ­Regel auch Geldautomaten. Ein weiteres Einfallstor für Betrug sind die Prepaid-Karten, die dort verkauft werden. Offenbar geben Betrüger älteren Personen gern vor, solche Karten zu kaufen und auf diese Weise angebliche Gebühren zu sparen. Die Konbini-Betreiber werden nun verpflichtet, zu überprüfen, ob der Kauf von Prepaid-E-Geld im Wert von 50.000 Yen (320 Euro) oder mehr po­tentiell mit betrügerischen Aktivitäten verbunden ist. Dafür hat die Präfekturregierung gemeinsam mit der Polizei eine Liste mit sieben Signalsätzen erarbeitet, auf die die Ladenmitarbeiter achten sollen. Dazu zählen Sätze wie „Ich wurde angewiesen, E-Geld zu kaufen“ oder „Ich plane, die E-Geld-Nummer jemandem zu geben“.

Doch die Kriminellen beschränken sich schon längst nicht mehr nur auf Telefon­betrug. Da vor den Telefon­maschen immer wieder gewarnt wird, gehen die Betrüger inzwischen auch öfter zu Hausbesuchen über. Sie geben sich dann als Bankberater aus, die beim Testament helfen wollen, und drängen Senioren dazu, ihnen ihre Wertsachen zu Schnäppchenpreisen zu verkaufen, um Erbschaftsteuer zu sparen. Oder sie erledigen Handwerkertätigkeiten und nehmen dafür horrende Summen.

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