Wissenschaft

#Wie sieht das Klima bei zwei Grad Erwärmung aus?

Inzwischen scheint immer klarer, dass die Menschheit es wohl nicht schaffen wird, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber präindustriellen Werten zu begrenzen. Deshalb hat sich nun ein Forschungsteam mithilfe eines Ensembles von 35 Klimamodellen und statistischen Methoden näher angeschaut, wie sich eine Erwärmung um zwei Grad auf unsere Welt auswirken wird – und was dies für einzelne Regionen bedeutet. Die Ergebnisse bestätigen unter anderem, dass Luftfeuchtigkeit, Regen und Hitze auch in unseren Breiten zunehmen werden, gleichzeitig schwächen sich die Winde ab. Im Amazonasgebiet und vielen Teilen der höheren Breiten wird es hingegen windiger, trockener und die Waldbrandgefahr steigt weiter.

Im Pariser Klimaabkommen hat sich die internationale Staatengemeinschaft darauf geeinigt, die globale Erwärmung durch Klimaschutzbemühungen möglichst auf 1,5 Grad gegenüber präindustriellen Bedingungen zu beschränken, auf jeden Fall aber auf zwei Grad. Inzwischen ist das Abkommen jedoch fast sieben Jahre her und getan hat sich kaum etwas. Noch immer steigen die Treibhausgasemissionen in kaum gebremstem Maße an und es besteht laut Studien kaum noch eine Chance, das 1,5-Grad-Ziel zu halten. Stattdessen liegt die Erwärmung schon jetzt bei 1,14 Grad und Klimaforscher prognostizieren erste Überschreitungen der 1,5-Grad-Grenze schon in den nächsten Jahren. Gleichzeitig warnte der Weltklimarat IPCC schon im Jahr 2018 vor den weitreichenden Folgen einer Erwärmung um zwei Grad. Schon ein halbes Grad mehr gegenüber dem 1,5-Grad-Ziel könnte demnach Wetterextreme, Wasserknappheit und den Verlust von Ökosystemen deutlich verstärken.

Überschreitung der Zwei-Grad-Grenze in den 2040er Jahren

Was aber heißt dies konkret? „Die bei zwei Grad eintretenden Klimaveränderungen und ihre räumliche Heterogenität zu verstehen, ist wichtig, damit Entscheider entsprechende Anpassungen und Maßnahmenpläne vorbereiten können“, klären Taejin Park vom Ames Research Center der NASA und seine Kollegen. Denn nur dann könne man identifizieren, wo und in welchem Maße Leben und Lebensgrundlagen gefährdet seien. Um die Prognosen entsprechend zu präzisieren, haben Park und sein Team ein Ensemble aus 35 Klimamodellen des Coupled Model Intercomparison Project (CMIP) verwendet. Zusätzlich nutzten sie spezielle statistische Verfahren, um die räumliche Auflösung dieser Modellprognosen von rund 200 mal 200 Kilometer auf 25 mal 25 Kilometer zu erhöhen. Ihr mithilfe von Supercomputern erstelltes Prognosemodell hat zudem eine hohe zeitliche Auflösung, die über monatliche Mittelwerte hinausgeht und auch Tagesschwankungen widerspiegeln kann. Dies ist besonders wichtig, um extreme Hitzetage oder Starkregenfälle zu erfassen.

Auf Basis dieses neuen Prognosemodells untersuchte das Forschungsteam dann zunächst, wie sich das weltweite Klima bei mäßigem und ungebremsten Klimawandel bis 2100 entwickelt und wann die Zwei-Grad-Grenze überschritten wird. Das Ergebnis: In beiden Szenarien wird dieser Schwellenwert voraussichtlich in den 2040er Jahren erreicht, im ersten Fall im Jahr 2041 im zweiten im Jahr 2044. „Die globalen Lufttemperaturen über Land werden zu diesem Zeitpunkt um 2,33 beziehungsweise 2,79 Grad angestiegen sein“, berichten Park und sein Team. Der Grund für diese höheren Landtemperaturen liegt darin, dass die Ozeane verzögert auf den Klimawandle reagieren und daher als kühlere Puffer wirken. Die Prognose bestätigt zudem, dass sich einige Regionen – wie schon jetzt beobachtbar – schneller erwärmen werden als der Rest der Welt. Dazu gehören vor allem die Polargebiete. „Insbesondere Grönland, Alaska und Nordasien werden den Prognosen zufolge in den 2040er schon eine Erhöhung der Jahresmitteltemperaturen über drei Grad erreicht haben“, berichten die Forschenden. In Südasien, Afrika und dem südlichen Südamerika fällt die Erwärmung dagegen schwächer aus.

Mehr Hitzestress, erhöhte Gefahr für den Amazonas-Regenwald

Um festzustellen, welche Folgen die Erwärmung konkret für die verschiedenen Regionen weltweit hat, untersuchten Park und seine Kollegen im nächsten Schritt die regionalen Veränderungen in sechs wichtigen Klimaparametern: Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, lang- und kurzwellige Sonneneinstrahlung, Windgeschwindigkeit und die sogenannte Kühlgrenz- oder Feuchtkugel-Temperatur (Wet-Bulb-Temperature). Diese spiegelt wider, wie sich die Kombination von Luftfeuchtigkeit und Temperatur auf den menschlichen Körper auswirkt und wo die noch ohne Gesundheitsfolgen aushaltbare Grenze liegt. Die Analysen ergaben, dass sich die mittlere Feuchtkugel-Temperatur in den 2040er Jahren über den meisten Landflächen um rund zwei Grad erhöhen wird. Damit verbunden wird es auch mehr Tage mit extremem Hitzestress geben. „Dies gilt vor allem für das westliche Nordamerika mit 27 zusätzlichen Hitzestresstagen, Ostafrika mit 32 Tagen mehr und die Sahelzone mit 44 zusätzlichen Hitzestresstagen“, berichten die Wissenschaftler. In Australien und Südamerika könnte sich der Hitzestress dagegen leicht verringern.

Parallel dazu steigt in den meisten Gebieten die kurz- und langwellige Sonneneinstrahlung. Besonders hohe Zunahmen beim kurzwelligen Anteil wird es demnach im Mittelmeerraum, in Nordeuropa und dem Osten Nordamerikas geben. Überdurchschnittliche Verstärkungen der langwelligen Wärmestrahlung prognostizieren die Forscher dagegen für die Arktis und weite Teile Afrikas. Ebenfalls verstärken werden sich die Niederschläge in den meisten Gebieten, im globalen Schnitt fallen in den 2040er Jahren je nach Szenario 13 bis 20 Millimeter Regen mehr pro Jahr, wie Park und sein Team ermittelt haben. Allerdings gibt es dabei große regionale Unterschiede: In West- und Ostafrika fallen 82 und 52 Millimeter mehr Regen pro Jahr und auch in Südostasien erhöht sich die Niederschlagsmenge um 64 Millimeter pro Jahr – ein hoher Anteil dieser Niederschläge könnte dabei als Starkregen fallen. Weniger Regen gibt es dagegen in vielen jetzt schon trockenen Regionen wie dem Südwesten Nordamerikas, dem Mittelmeerraum und Australien. Besonders drastisch fällt dabei der Rückgang der Niederschläge im Amazonasbecken aus: Dort wird sich die jährliche Niederschlagsmenge in den 2040er Jahren um 98 Millimeter pro Jahr verringern. Parallel dazu sinkt dort auch die relative Luftfeuchtigkeit und die Windgeschwindigkeiten steigen.

Für den Amazonas-Regenwald bedeutet dies nichts Gutes: „Das Amazonasgebiet wird schwerere Dürren, ein höheres Feuerrisiko und gefährlichen Hitzestress erleben, wenn sich die Erde weiter erwärmt“, berichten die Wissenschaftler. Zumindest für einige Bereiche des tropischen Südamerikas und Südostasiens belegen die Analyse zudem, dass die gängige Annahme „Trockene Gebiete werden trockener, nasse werden nasser“ bei ihnen nicht gilt. Stattdessen wird es auch in diesen Regenwaldgebieten deutlich trockener. „Es ist offensichtlich, dass sich das Ausmaß und die Richtung der Klimaveränderungen je nach Region unterscheidet, dadurch sind auch die Auswirkungen sehr unterschiedlich“, konstatieren Park und seine Kollegen. Gleichzeitig bestätige die Studie, dass die fortschreitende Erwärmung viele jetzt schon existierenden Klimarisiken und Klimafolgen weiter verstärken werde.

Quelle: Taejin Park (NASA Ames Research Center, Moffett Field) et al., Earth’s Future, doi: 10.1029/2022EF003330

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