#Wie Torte ohne Sahne
Inhaltsverzeichnis
„Wie Torte ohne Sahne“
Es mag ein wenig dem Wetter geschuldet gewesen sein, dass niemand vor der Leinwand am Hauptplatz stehen blieb. Die wenigen Spaziergänger auf dem Corso Italia, der Fußgängerzone von Cortina d’Ampezzo, eilten bei Dauerregen vorbei. Die zwei Damen in Pelzjacken interessierten sich nur für das Schaufenster eines exklusiven Sportgeschäfts. Vor einer Woche hat es in Venetien die ersten Lockerungen gegeben, Läden haben wieder geöffnet, Restaurants bis 18 Uhr. Dass in dem Dolomiten-Ort mit der skurrilen Mischung aus mondänem Flair einerseits und morbidem Charme andererseits derzeit ein sportliches Großereignis stattfindet, die alpine Ski-WM, ist eher nebensächlich.
Auf den Kirchturm wird abends das Logo der Titelkämpfe projiziert. Eine Seite des Hauptplatzes ist abgeriegelt, so wie bei den Frauen-Weltcup-Veranstaltungen, die regelmäßig in Cortina ausgetragen werden. Auf der anderen Seite steht eine kleine Leinwand, auf der WM-Clips präsentiert werden. Auf der Bühne dahinter finden sonst immer die Siegerehrungen statt, aber jetzt hat dort ein regionaler Radiosender ein Studio errichtet. Wegen der Corona-Pandemie wird es keine öffentlichen Auftritte der Athleten und Athletinnen geben, die Medaillen bekommen sie im Ziel überreicht. Applaus gibt es dann nur von den Betreuern und Trainern, Zuschauer sind wie bei den Weltcups in diesem Winter nicht zugelassen.
„Das wird sich nicht nach WM anfühlen“, hatte Federica Brignone, Gesamtweltcupsiegerin und eine der Medaillenhoffnungen der Italiener, noch am Rande des Weltcups in Garmisch-Partenkirchen geklagt. Dass nun gleich der erste Wettbewerb für sie, die Frauen-Kombination, am Montag nach Regen- und Schneefällen am Wochenende ausfiel, dürfte ihre Laune nicht verbessert haben.
Mondäner Ort mit leicht morbidem Charme: Cortina hätte einen Popularitätsschub gut gebrauchen können.
:
Bild: dpa
Eine Ski-WM ohne Zuschauer, sagte Kristian Ghedina, „ist wie eine Torte ohne Schlagsahne“. Der ehemalige Weltklasse-Abfahrer ist in Cortina geboren, seine Familie betreibt eine Pizzeria. Widersprochen hat ihm niemand, die Organisatoren hätten es ja auch gerne anders gehabt. Vor 65 Jahren fanden in Cortina die Olympischen Winterspiele statt, das Ereignis hat den damals noch verschlafenen Ort mit dem atemberaubenden Bergpanorama verändert. Die Reichen und Schönen trafen sich hier, Cortina diente als Filmkulisse für einen James-Bond-Film und Hollywood-Streifen. Der Glanz ist mittlerweile ein wenig verblasst, die WM hätte der in die Jahre gekommenen Infrastruktur einen Schub geben können.
„Signal für das ganze Land“
In Italien, das im vergangenen Frühjahr so heftig von Corona betroffen war wie kein anderes europäisches Land, gelten aber nun andere Prioritäten. Als „ein Signal für das ganze Land“ bezeichnete der Präsident des italienischen Ski-Verbandes, Flavio Roda, die WM. Es sei „ein wichtiger Neustart“. Man will beweisen, dass ein internationales Großereignis auch in Pandemiezeiten funktionieren kann. Mehr als 600 Athleten aus 71 Ländern starten in Cortina. „Die ganze Welt“, sagt Guiseppe Pierro aus dem Sportministerium, „schaut auf uns.“ Die Sportwelt zumindest. Denn es sind auch die ersten größeren Titelkämpfe im Wintersport seit Corona-Ausbruch.
Rund 90 Millionen Euro beträgt das WM-Budget. Beim Hygienekonzept hat das Organisationskomitee übernommen, was im Weltcup in diesem Winter schon ganz gut geklappt hat, und noch ein paar zusätzliche Maßnahmen ergriffen. Zwei negative Corona-Tests vor der Anreise sowie einer bei der Ankunft sind die Voraussetzung, um überhaupt eine Akkreditierung zu bekommen. Während der WM sind alle drei Tage Schnelltests vorgeschrieben. Dazu kommen Bewegungskontrollen und Abstandsmessungen mit Hilfe eines Trackers, der piept, wenn man sich zu nahe kommt, Temperaturmessungen und – freiwillig – eine Ganzkörper-Desinfektionsanlage. Den Teams wurde geraten, sich nur zwischen Hotel und Trainingsrennpisten zu bewegen und Aufenthalte im Ort auf ein Minimum zu beschränken. Auf den Einkaufsbummel auf dem Corso Italia ist allzu gerne zu verzichten.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.