Zweite Leitung aus dem Hessischen Ried im Bau

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Es braucht keine Hitzerekorde, um das Trinkwasser auch in diesem Sommer im Rhein-Main-Gebiet in die Schlagzeilen zu bringen. In der an und für sich vom Wetter begünstigten Region ist der Klimawandel mit seinen milden Wintern und heißen, trockenen Sommern inzwischen deutlich zu spüren. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung.
Allein in Frankfurt leben inzwischen 130.000 Menschen mehr als vor 15 Jahren. Insgesamt hat die Region 2,4 Millionen Einwohner. Und der größte Teil von ihnen will zentral mit Trinkwasser versorgt werden – zu jeder Zeit. Besonders im Sommer, wenn zur Abkühlung häufiger geduscht wird. Maßgeblich dafür ist die Wasserversorgung aus dem Hessischen Ried – und das schon seit 60 Jahren.
1964 ist die rund 40 Kilometer lange Riedleitung gebaut worden, von Gernsheim bis zum Main. Seitdem fließt über diese Leitung Trinkwasser nach Frankfurt. Heute werden über sie rund 50 Städte und Gemeinden versorgt, darunter auch Wiesbaden und der Vordertaunus. Die Stadt Frankfurt deckt heute 30 bis 35 Prozent ihres Trinkwasserbedarfs aus dem grundwasserreichen Gebiet in der Rheinebene. Insgesamt werden mehr als 40 Prozent des Trinkwasserbedarfs des Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main über diese Leitung bereitgestellt.
Zusatzleistung für Versorgungssicherheit
Doch die Leitung, die gern als „Hauptschlagader“ für die Trinkwasserversorgung der Metropolregion bezeichnet wird, braucht eine zuverlässige und leistungsfähige Ergänzung. Seit Jahren plant deshalb der regionale Versorger Hessenwasser eine zweite, neue Riedleitung – ein Millionen-Projekt. Durch die neue Leitung könnte noch mehr Trinkwasser in den Ballungsraum gepumpt werden, aber vor allem ist sie eine Entlastung für die Bestandsleitung, sollten einmal größere Reparaturarbeiten nötig sein.

„Wir erhöhen mit der zweiten Riedleitung die Versorgungssicherheit der Wasserversorgung für den Ballungsraum“, teilt Hessenwasser dazu mit. In drei Bauabschnitten soll die zweite Riedleitung realisiert werden. Zwei verlaufen parallel zur Bestandsleitung. Nur ganz im Süden wird sie künftig auf einer Länge von 18 Kilometern ein eigene Trasse bekommen und damit dichter an das Wasserwerk Eschollbrücken herangeführt, über das wesentlich die Stadt Darmstadt mit Trinkwasser versorgt wird.
Mit dem ersten, vier Kilometer langen Bauabschnitt im Norden zwischen Rüsselsheim-Haßloch und Raunheim hat Hessenwasser schon im Jahr 2017 begonnen. Seit Sommer 2018 ist er in Betrieb. Derzeit fließen auch über diesen Leitungsabschnitt jährlich rund 40 Millionen Kubikmeter Trinkwasser nach Frankfurt, Wiesbaden und den Vordertaunus. Die Kosten für den Abschnitt beliefen sich auf rund acht Millionen Euro.
Ausbau unter Straßen, Bächen und Zugschienen
Jetzt ist mit dem südlichen Bauabschnitt begonnen worden, also mit jenem, der die eigene Trasse bekommt. Doch bevor dort voraussichtlich von Juni an Rohre mit einem Durchmesser von einem Meter in 1,5 bis fünf Meter Tiefe im Erdreich verlegt werden, baut Hessenwasser derzeit in Riedstadt-Wolfskehlen ein sogenanntes Kupplungsbauwerk. Das ist eine Anschlussstelle, an der zunächst die neue an die alte Leitung angeschlossen wird. Später ist hier das Verbindungsstück zu dem noch zu bauenden mittleren Teilstück der zweiten Riedleitung vorgesehen, das zwischen Riedstadt-Wolfskehlen und Rüsselsheim-Haßloch verlaufen wird.
Nach derzeitiger Planung belaufen sich die Kosten allein für den südlichen Abschnitt auf rund 90 Millionen Euro. Schließlich gehören zu dem rund 18 Kilometer langen Bauabschnitt insgesamt 45 unterirdische Bauwerke. An 19 Stellen müssen die Rohre unter Straßen und Bächen entlanggeführt werden. An einer Stelle wird die Leitung auch unter den Gleisen der Deutschen Bahn hindurchgeführt. In einem ersten Schritt soll in den nächsten Wochen zunächst mit Arbeiten des Kampfmittelräumdienstes und archäologischen Untersuchungen begonnen werden.
Elisabeth Jreisat, Geschäftsführerin von Hessenwasser, lobte beim ersten Spatenstich für den Bauabschnitt Süd das Mitwirken der Grundstückseigentümer und der betroffenen Kommunen, die das Bauen überhaupt ermöglicht hätten. „Das Hessische Ried steht exemplarisch für das Ringen um unterschiedliche Nutzungsinteressen“, sagt sie. Am Ende müsse es, wie im Fall der neuen Riedleitung, eine für alle tragfähige Lösung geben. Jreisat gestand jedoch ein: „Der Nutzungsdruck durch Infrastrukturprojekte auf die Flächen im Ried ist erheblich.“ Denn parallel wird etwa der Ausbau der ICE-Strecke von Frankfurt nach Mannheim vorangetrieben, von dem der Ballungsraum profitieren soll.
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