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#„Wir Scooter-Verleiher sind der Sündenbock“

„Wir Scooter-Verleiher sind der Sündenbock“

Sie stehen auf Bürgersteigen, liegen auf Radwegen oder landen im Gebüsch: E-Scooter. Seit zweieinhalb Jahren sind sie aus dem Straßenbild vieler Städte nicht mehr wegzudenken. Doch viele Verkehrsteilnehmer ärgern sich über die elektrischen Tretroller, die dank des „Free-Floating-Prinzips“ an fast jedem Ort abgestellt werden können. In Frankfurt gibt es nach Angaben der Stadt etwa 6500 E-Scooter von Leihanbietern.

Einer der größten Anbieter ist Lime. Eine „niedrige vierstellige“ Anzahl der weißen Roller mit dem Limettensymbol gibt es laut Deutschland-Chef Jashar Seyfi in Frankfurt. Mehr als 2,5 Millionen Fahrten seien seit Markteinführung 2019 elektrisch zurückgelegt worden, über vier Millionen Kilometer. „Das zeigt, wie hoch die Nachfrage ist.“ Doch auch Seyfi ärgert es, dass die Roller immer wieder quer auf Bürgersteigen oder sonst irgendwie im Weg liegen. „Das ist schlecht für das Image unserer Branche.“

Frankfurt hat bisher kaum Regeln für die Verleihfirmen aufgestellt. Deshalb will die Stadt nun gegen das Roller-Chaos vorgehen. Mit einer Satzung soll reguliert werden, wo die Scooter entliehen und abgestellt werden dürfen, im Gespräch sind begrenzte Abstellzonen. Eigentlich waren die neuen Maßnahmen schon für Mitte November angekündigt worden. Doch nun wird es wohl mindestens bis zum Jahresende dauern, bis das endgültige Konzept steht, heißt es aus dem Verkehrsdezernat. Dafür wurden die Anbieter am Montag zu einem runden Tisch eingeladen. Neben den beiden kalifornischen Firmen Lime und Bird gibt es in Frankfurt noch den Berliner Verleiher Tier, das schwedische Unternehmen Voi sowie den Konkurrenten aus Estland, Bolt.

Offen für Einrichtung fester Abstellzonen

Eine schnelle Neuregelung würde auch Seyfi begrüßen. Weil im Winter die Nachfrage sinkt, könnten die E-Scooter-Verleiher die Zeit nutzen, um die Veränderungen umzusetzen. Dann könnten sie in die nächste Saison schon mit den neuen Regeln starten.

Grundsätzlich sei Lime offen für die Einrichtung fester Abstellzonen, die dem Geschäftskonzept, dass die Roller jederzeit überall ausgeliehen und abgestellt werden können, eigentlich zuwiderlaufen. „Um die Parksituation zu verbessern, müssen wir endlich damit anfangen, freiwillige Abstellflächen zu schaffen.“ Dafür müssen aus Sicht Seyfis Autoparkplätze umgewidmet werden. Die sollen dann nicht nur als Stellplätze für Roller, sondern auch beispielsweise für Elektroräder dienen. „Wenn wir irgendwann genug Flächen haben, also mindestens alle 100 Meter, dann können wir auch über eine Verpflichtung sprechen.“ Praktisch würde das so funktionieren, dass die Miete außerhalb dieser Flächen dann vom Nutzer nicht beendet werden kann – in den Fahrzeugen sind GPS-Sender eingebaut.

Seyfi sieht die E-Scooter als Teil einer großen Verkehrswende, bei der das Auto seinen hohen Stellenwert in der Verkehrspolitik nach und nach abgeben muss. In Deutschland sei zu viel der Verkehrsfläche auf Autos ausgerichtet. Schon bevor die Roller hinzukamen, habe es zu wenig Platz für andere Verkehrsteilnehmer wie Fahrräder gegeben. Als dann die Scooter ebenfalls Teil des Straßenverkehrs wurden, sei das Fass übergelaufen. „Wir sind der Sündenbock für die Versäumnisse der Verkehrsplaner in der Vergangenheit.“

Gegen das Roller-Chaos: Mit einer neuen Satzung soll reguliert werden, wo die Scooter entliehen und abgestellt werden dürfen.


Gegen das Roller-Chaos: Mit einer neuen Satzung soll reguliert werden, wo die Scooter entliehen und abgestellt werden dürfen.
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Bild: Kolb, Marie-Luise

Doch nicht nur die Abstellflächen sind ein Problem. Immer wieder passieren Unfälle mit den E-Scootern, die bis zu 20 Stundenkilometer schnell fahren dürfen. Einen Führerschein braucht man nicht; fahrberechtigt ist jeder ab 14 Jahren. Erst am Samstag kam es in Mainz zu einem tödlichen Unglück, als ein Rollerfahrer von einem Bus erfasst wurde. Nach Angaben der Landesregierung wurden im vergangenen Jahr 222 Unfälle mit Elektrorollern registriert. Bei 150 war der Scooterfahrer schuld.

Besonders rücksichtslos?

Seyfi kennt diese Zahlen, entgegnet aber, der Anteil der E-Scooter am gesamten Unfallaufkommen sei verschwindend gering, deutlich unter einem Prozent. Beim ganz überwiegenden Teil der Rollerunfälle gehe es um leichte Verletzungen, bei den wenigen Fällen, in denen Fahrer von E-Scootern oder auch Rädern schwer verletzt werden, sei fast immer ein Auto beteiligt.

Auch wenn die meisten Unfälle mit Autos zusammenhängen, ist das Sicherheitsgefühl von Fußgängern ein anderes. Der Autoclub ADAC hat in einer im Oktober veröffentlichten Umfrage ermittelt, dass sich Fußgänger am meisten über E-Scooter-Fahrer ärgern. 48 Prozent der Befragten meinten, dass diese besonders rücksichtslos fahren.

Dabei ist ein Problem, dass in Deutschland das sogenannte Geofencing – eine virtuelle Begrenzung der Fahr- und Abstellzonen per GPS-Tracker – rechtlich bisher untersagt ist. Mithilfe der Tracker könnten die Verleiher in bestimmten Zonen, wo viele Fußgänger unterwegs sind, beispielsweise in Parkanlagen oder am Mainufer, die Geschwindigkeit der Roller drosseln. Andere Länder seien da schon weiter, sagt Seyfi. Dort werde die Technologie bereits genutzt. „Wir brauchen nur einen zu Knopf drücken, und dann ist sie auch in Deutschland aktiviert. Wir brauchen nur grünes Licht vom Gesetzgeber.“

Schwieriger zu lösen als die Frage nach der Geschwindigkeit ist das Fahren auf Gehwegen und in Fußgängerzonen. Die Scooter sind praktisch Fahrrädern gleichgestellt, wie diese müssen sie laut Straßenverkehrsordnung auf der Straße fahren, sofern kein Radweg vorhanden ist. Auf der Zeil dürften sie demnach gar nicht fahren, sofern es nicht extra ausgeschildert ist. Praktisch haben die Verleiher im Gegensatz zur Geschwindigkeit hier kaum eine Handhabe. Das wäre die Aufgabe von Polizei und Ordnungsamt, sagt Seyfi. „Wir können nicht Hilfssheriff spielen.“

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