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#„Wir sind nur ganz knapp an der Katastrophe vorbei“

„Wir sind nur ganz knapp an der Katastrophe vorbei“

Nicht nur Anwohner, auch Einsatzkräfte zeigen sich von der Wucht überrascht, mit der die Wassermassen über Hagen und die angrenzenden Teile des Sauerlands hereingebrochen sind. Zu ihnen zählt Yannic Weigel. Der 18 Jahre alte Fachabiturient ist bei der Freiwilligen Feuerwehr in Kierspe, einer Kleinstadt im Sauerland. Mit dem Auto sind es nach Hagen von hier aus normalerweise 45 Minuten. Weigel hat an diesem Donnerstag bereits mehr als 20 Stunden Einsatz hinter sich. Die Eindrücke, so sagt er am Telefon, wird er so schnell nicht vergessen.

Als sein Melder am Mittwochmorgen um 9.30 Uhr ging, sei es zunächst nur um einen überfüllten Keller gegangen – dann aber Schlag auf Schlag. Beim nächsten Einsatz habe er bereits knietief im Wasser der Kerspe gestanden, eines kleinen Baches, der zu dem Zeitpunkt schon zu einem reißenden Fluss geworden war. Die Stiefel seien so nass gewesen, dass er komplett auf Wasser gelaufen sei. „Da habe ich gemerkt, die Lage ist ernst“, sagt Weigel.  

Zu dieser Zeit gingen in der Leitstelle der Feuerwehr in Kierspe ständig neue Anrufe ein. Die Kreisleitstelle, die sich normalerweise um die Notrufe kümmert, war überlastet. Weigel und seine Kameraden waren auf sich gestellt, sie versuchten, Keller leer zu pumpen. Vergeblich. Das Wasser kam von überall – aus den reißenden Gewässern, die Hänge herunter, der Grundwasserspiegel stieg ebenfalls. Erfahrene Kollegen sagen, dass sie solche Wassermassen noch nie in der Heimat hätten niedergehen sehen. So etwas kenne man bislang nur aus dem Fernsehen. Was Kyrill 2007 als Sturm gewesen sei, das habe dieses Unwetter nun mit Wasser gebracht. 

Freunde schreiben ihm „Lebst du noch?“

Am Abend, im Feuerwehrgerätehaus, so Weigel, habe ihn dann ein Kamerad gefragt: „Kommst du mit nach Altena? So wie hier, nur zehnmal so schlimm.“ Die Bergstadt an der Lenne ist neben Hagen einer der Orte, die es in der Region an diesem Tag mit am schlimmsten traf. Ganze Hangstücke stürzten das enge Tal hinab und schnitten Teile der Stadt von der Außenwelt ab. Der Konvoi aus Kierspe fuhr an diesem Abend bereits lange Strecken durchs Wasser, vorbei an gestrandeten Autos und Ölkanistern, die neben ihnen hertrieben. Die B54 Richtung Hagen war an vielen Abschnitten von den Fluten überspült worden. Kurz vor Altena kam der Konvoi vor einem Bagger zum Halt. Die Fluten hatten den Asphalt der Straße komplett weggerissen.  

Altena im Sauerland war nach Erdrutschen und Überschwemmungen zeitweise nicht mehr zu erreichen.


Altena im Sauerland war nach Erdrutschen und Überschwemmungen zeitweise nicht mehr zu erreichen.
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Bild: dpa

Stattdessen wurden die Kiersper in dieser Nacht direkt ins benachbarte Werdohl in eine Fabrik geschickt. In ihr lagert Schwefelsäure, die explodiert, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt. Mit Sandsäcken und einer tragbaren Pumpe bemühten sich Weigel und seine Kameraden, das Wasser vor den Chemikalien in den Lagerhallen fernzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe sein Handy nicht mehr stillgestanden, sagt Weigel. Zahlreiche Kurznachrichten mit Fragen wie „Lebst du noch?“ seien bei ihm aufgelaufen. Zwar wussten seine Freunde und Familie nichts von der brenzligen Lage, in der er sich befand. Aber die Nachricht über den Tod eines Feuerwehrmannes wurde publik, der in Altena von den Fluten mitgerissen worden war.

Währenddessen stieg das Wasser in der Firma in Werdohl weiter in Richtung Dammkrone. Kurz vor dem Überlaufen seien dann weitere Feuerwehrleute aus der Nachbarstadt Halver mit frischen Sandsäcken angerückt. Weigel resümiert: „Wir sind nur ganz knapp an der Katastrophe vorbei.“ Gegen zwei Uhr am Donnerstagmorgen, sagt Weigel, habe er die Tür zu Hause in Kierspe aufgeschlossen. Sein Vater sei ihm um den Hals gefallen und in Tränen ausgebrochen: „Schön, dass du noch lebst!“ Das sei hart für ihn gewesen. Am Donnerstag war Weigel nach drei Stunden Schlaf wieder im Einsatz. Eine Firma auspumpen. Es waren weitere Regenfälle angekündigt.

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