#Zurück in die Sowjetzeit
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„Zurück in die Sowjetzeit“
Es ist, als hätte jemand die Uhren vierzig Jahre zurückgedreht, in die Zeit vor Glasnost und Perestrojka, als die Sowjetunion noch unveränderlich schien, ewig. Jetzt zieht sich wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine ein westliches Unternehmen nach dem anderen vom russischen Markt zurück. Mit ihnen schwindet das Gefühl, dass Russland, politischen Unterschieden und Rivalitäten zum Trotz, doch irgendwie zum Westen gehörte, jedenfalls materiell. Und kulinarisch.
Denn zu denen, die auf den Krieg reagieren, der in Russland „militärische Spezialoperation“ heißen soll, zählt seit Dienstag die amerikanische Schnellrestaurantkette „McDonald’s“, die alle 850 Filialen im Land vorerst schließt. Auf Twitter wurde ein Bild verbreitet von Leuten, die vor der „McDonald’s“-Niederlassung am Puschkin-Platz im Zentrum von Moskau Schlange stehen für einen letzten Burger vor Toresschluss.
Es ist ein Bild mit Symbolkraft. Die Filiale im Erdgeschoss eines hellen Klinkerbaus hatte Ende Januar 1990 eröffnet als erstes „McDonald’s“-Restaurant nicht nur Russlands, sondern der gesamten Sowjetunion; damals hielt die Moskauer Stadtregierung noch 51 Prozent am Unternehmen. 30.000 Menschen sollen allein am ersten Tag gekommen sein, stundenlang angestanden haben, ehe sie, so berichtete die F.A.Z. damals, „Einlaß in das helle Restaurant“ erhielten, „dessen Wände mit Motiven von ,Surfing USA‘ und einem Cadillac aus den fünfziger Jahren bemalt sind. Typisch amerikanisch, aber es scheint den Tausenden von Moskauern zu gefallen.“
„Das Ende des Imperiums“
Freiheit schmeckte damals nach Ketchup und Frittierfett. Videoaufnahmen aus jenen Tagen zeigen Männer in Jeans und Lederjacke. „Das ist das Ende des Imperiums“, sagte einer von ihnen in eine Kamera und meinte die Sowjetunion.
Im nach der Annexion der ukrainischen Krim in neoimperialistischem Überschwang ausgerufenen „russischen Frühling“ kam 2014 eine Kampagne gegen „McDonald’s“ auf, als Teil einer „asymmetrischen“ Antwort Moskaus auf die ersten amerikanischen Sanktionen gegen Russland. Damals leitete die Verbraucherschutzbehörde Rospotrebnadsor ein Verfahren wegen angeblicher Verstöße gegen Lebensmittelsicherheit und -qualität gegen das Unternehmen ein, was wie eine Drohung gegen die damals mehr als 420 Filialen im Land aufgefasst wurde.
Doch die Russen ließen sich davon ebenso wenig beirren wie „McDonald’s“, das die Zahl seiner Restaurants in Russland seither mehr als verdoppelt hat. Jetzt beschäftigt das Unternehmen mehr als 60.000 Angestellte (die ihre Gehälter zunächst weiter beziehen sollen), weitere Zehntausende Arbeitsplätze in Zuliefererbetrieben hängen von „McDonald’s“ ab. Das Unternehmen steht nach eigenen Angaben für zweieinhalb Milliarden Dollar Direktinvestitionen in die russische Wirtschaft und sieben Prozent des Gastromarktes.
In der Kampagne von 2014 hatte der Krawallpolitiker Wladimir Schirinowskij gefordert, alle „McDonald’s“-Restaurants in Russland zu schließen, und Präsident Wladimir Putin äußerte, „nationales Fast Food“ könne „McDonald’s“ verdrängen. Jetzt hat man von Schirinowskij, der schwer an Covid-19 erkrankt sein soll, lange nichts mehr gehört, während Putin, wenn er überhaupt auftritt, mit Vorwürfen gegen ukrainische „Nazis“ und deren angebliche westliche Auftraggeber beschäftigt ist. Einzig die Sprecherin des Außenministeriums konterte die Entscheidung von „McDonald’s“ mit Kritik an einer „Diktatur des Liberalismus“, die zu einer „Entmenschlichung“ geführt habe.
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