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#11 wirklich sehenswerte deutsche Dramen

11 wirklich sehenswerte deutsche Dramen

Das Drama gehört für mich zu einem der schönsten Filmgenres überhaupt. Ein Drama bewegt einen, lässt einen mitfühlen, wütend oder traurig werden. Man durchlebt gemeinsam mit den Protagonist*innen Höhen und auch sehr viele Tiefen. Es ist mitreissend und manchmal – eigentlich sehr oft – so intense, dass auch bei Zuschauer*innen die Tränen fließen.

Bei diesen deutschen Dramen erlebt ihr in Systemsprenger eine rebellierende Neunjährige, die auf der Suche nach bedingungsloser Liebe durch alle Raster des Jugendamts fällt und zwei jugendliche Neonazis, die sich durch eine ostdeutschen Kleinstadt prügeln und hetzen. Ihr könnt dank Regisseur Burhan Qurbani den Franz Biberkopf des 21. Jahrhunderts kennenlernen oder gemeinsam mit Franz Rogowski und Paula Beer in ein surreales Liebesdrama versinken.

1. Systemsprenger

Benni (Helena Zengel) ist neun Jahre alt und zugegebenermaßen ein Kind, das etwas mehr Aufmerksamkeit benötigt als andere. Sie rebelliert, wo sie nur kann, randaliert und wird mitunter gewalttätig. Weil ihre Mutter von der Situation restlos überfordert ist, kommt Benni in Pflegefamilien und -heime. Bleiben darf sie nie wirklich lange, denn auch Erzieher*innen und Familien wissen nicht mehr weiter. In der Jugendamtssprache nennt man solche Kinder „Systemsprenger“, weil in diesem System kein Platz für sie zu sein scheint. Das will ihre liebevolle Betreuerin Frau Bafané allerdings nicht glauben und engagiert als letzten Notnagel den jungen Anti-Aggressions-Trainer Micha (Albrecht Schuch) für Benni. Dieser schafft es, einen ganz eigenen Zugang zu dem Mädchen zu finden.

Nora Fingscheidt erzählt mit ihrem feinfühligen Sozialdrama eine rührende, traurige und gleichzeitig Hoffnung spendende Geschichte, in der gezeigt wird, wie zerbrechlich frisch gewonnenes Vertrauen ist, wie wichtig Bezugspersonen für Kinder sind und was Verzweiflung mit Menschen macht. 2019 gab es dafür bei der Uraufführung den Silbernen Bären bei der Berlinale – zu Recht, wie wir finden, denn die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller*innen ist wirklich gewaltig.

2. 24 Wochen

Wer Bjarne Mädel nur als albernen Erni in Stromberg oder bauernschlauen Schotti im Tatortreiniger kennt, der wird hier eine große Überraschung erleben. In „24 Wochen“ spielt er den Manager Markus, der gemeinsam mit seiner Freundin Astrid ein Kind hat. Als Astrid im sechsten Monat erneut schwanger ist, wird bei einer Routineuntersuchung allerdings festgestellt, dass ihr zweites Kind nicht nur am Down-Syndrom erkrankt ist, sondern auch einen schweren Herzfehler hat. Das Kind müsste sich deshalb direkt nach der Geburt einer beschwerlichen OP unterziehen, die Schwere der geistigen wie körperlichen Behinderungen lässt sich allerdings nicht genau bestimmen.

Sollen sie das Kind bekommen? Oder eine Spätabtreibung einleiten? Wer kann das entscheiden? Das Besondere an diesem Film ist, dass neben professionellen Schauspieler*innen auch reale Personen auftreten. Es ist eine Mischung aus Fiktion und Dokumentation, denn sowohl die Ärzt*innen und Psycholog*innen als auch die übrigen im Film vorkommenden Kinder spielen sich selbst. Das verleiht dem Film nicht nur ein besonderes Maß an Authentizität, sondern auch eine noch tiefere Schwere und Intensität, die nur wenige Filme zu erreichen vermögen.

3. Berlin Alexanderplatz

Knapp 100 Jahre ist es her, dass Alfred Döplin eines der wichtigsten Werke der deutschen Moderne schrieb: Berlin Alexanderplatz. In fast jeder Schule gehörte der Roman zur Pflichtlektüre. Nachdem der Stoff bereits verfilmt wurde und als Vorlage für eine Serie und Theaterstücke diente, nimmt sich der Regisseur Burhan Qurbani nun erneut der Geschichte an und verwandelt den Lohnarbeiter Franz Biberkopf in den aus Westafrika geflüchteten Francis (Welket Bungué), der – ebenso wie einst Biberkopf in der Weimarer Republik – im Berlin der Jetztzeit unterzugehen droht, bis er die schöne Mieze (Jella Haase) kennenlernt.

Ebenso wie die Romanvorlage behandelt auch diese Verfilmung die düsteren Schattenseiten der Großstadt, des Außenseitertums und skizziert natürlich auch eine dramatische Liebesgeschichte. Neben Jella Haase tritt auch Albrecht Schuch in einer Hauptrolle auf.

4. Jonathan

Jonathan (Jannis Niewöhner) ist 23 Jahre alt. Eigentlich das beste Alter, um mit Freund*innen um die Häuser zu ziehen, mit Frauen rumzuknutschen, zu feiern, die ersten Weichen für die Zukunft zu stellen. Statt all das zu tun, kümmert sich Jonathan um seinen schwerkranken Vater Burghardt, der er seit Jahren pflegt. Die Mutter ist schon früh verstorben, gemeinsam mit seiner Tante kümmert sich Jonathan um den Bauernhof und alles, was zusätzlich anfällt. Als sich der Gesundheitszustand seines Vaters immer mehr verschlechtert und Jonathan langsam unter der emotionalen Last zusammenzubrechen droht, kommt Pflegerin Anka zur Unterstützung – in die er sich ziemlich schnell verliebt.

An diesem Punkt könnte der Film eine gute Wendung nehmen, doch mit dem Auftauchen des verschollenen Freundes von Burghardt gerät die kurze Ruhephase wieder außer Kontrolle. Jonathan entdeckt tief vergrabene Familiengeheimnisse.

5. Das Leben der Anderen

Über 30 Jahre ist es mittlerweile her, dass die Mauer gefallen ist. Für Filme wurde aus der Wende und der ehemaligen DDR meist nur Material für Komödien geschöpft, bis 2006 Florian Henckel von Donnersmarck mit „Das Leben der Anderen“ auch die Schattenseiten der gerne so klamaukig dargestellten DDR aufzeigte. In seinem Filmdebüt steht der Sicherheitsapparat der DDR im Fokus. Der linientreue Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) bekommt den Auftrag, den Theaterschriftsteller Georg Dreymann und seine Lebensgefährtin Christa-Maria Sieland zu beobachten. Eigentlich interessiert den Abhörexperten immer nur eines: Handelt es sich bei den zu beobachtenden Personen um Feind*innen des Staates? Bei diesen beiden ist es anders. Das Leben der beiden und ihres freigeistigen Freundeskreises fasziniert ihn und als er sich mehr und mehr in das Leben des Paares hineinsteigert, drängt sich langsam die Frage auf, was denn nun wichtiger ist: der Staat oder das Leben der Anderen?

Der Film gibt einen Einblick in die mitunter kruden Machenschaften und Mechanismen der Stasi und hinterlässt nach dem Schauen einen so unangenehmen Beigeschmack, dass man sich – im ehemaligen Ost-Berlin lebend – unweigerlich fragt, wo hier überall die Abhörgeräte versteckt waren.

6. Drei

Für uns ist „Drei“ einer der besten Filme, die Tom Tyker bisher gemacht hat. Die Kulturmoderatorin Hanna (Sophie Rois) und der Kunsttechniker Simon (Sebastian Schipper) sind seit 20 Jahren ein Paar und leben mittlerweile mehr neben- als miteinander. So passiert es dann, dass sich Simon mit seiner eigenen Krebsdiagnose und der Krebsdiagnose seiner Mutter auseinandersetzt – von Ersterem erzählt er Hanna erstmal nichts –, während sie den charismatischen Adam (Devid Striesow) bei einem Vortrag kennenlernt, ihn immer wieder zufällig trifft und sich langsam aber sicher in ihn verknallt.

Doch Hanna ist nicht die einzige, die Adam kennenlernt, denn in einem Schwimmbad – Berliner*innen erkennen es sofort, es ist nämlich die Wintervariante des Badeschiffs – treffen auch Simon und Adam aufeinander und verstehen sich blendend. Welche Wege die drei miteinander und untereinander gehen, was es mit der schweren Diagnose von Simon und der seiner Mutter auf sich hat…schaut euch den Film an, er ist traurig und gleichzeitig wunderschön.

7. Kriegerin

Obwohl „Kriegerin“ von David Wnendt knapp zehn Jahre alt ist, hat er an Aktualität leider nicht verloren, das zeigte nicht zuletzt die kürzlich erschienene Doku „Deutsch.Rechts.Radikal.“ von Thilo Mischke. Der Film spielt in einer ostdeutschen Kleinstadt, in der die 20-jährige Marisa gemeinsam mit ihrer rechtsradikalen Clique damit beschäftigt ist, Migrant*innen, Juden und Jüdinnen, ja überhaupt alle nicht in ihr verqueres Weltbild passenden Menschen massiv zu beleidigen und auch anzugreifen. Als ein Streit mit den zwei jungen Asylbewerbern Rasul und Jamil eskaliert, rammt Marisa die beiden sogar mit ihrem Auto und verletzt Jamil schwer.

Während Marisa als Folge ihrer Tat langsam Gewissensbisse bekommt und ihre rassistische Einstellung überdenkt, findet die junge 15-jährige Svenja, die eigentlich aus gutem Hause kommt, gerade ihren Weg in die Neonaziszene. Die beiden jungen Frauen lernen sich kennen und freunden sich an. Ob sie den Weg heraus gemeinsam schaffen oder doch nur tiefer in der Neonazi-Kacke versinken?

8. Gegen die Wand

„Es gibt tausend Wege, sich umzubringen, warum fahren Sie gegen eine Wand?“ Als Cahit (Birol Ünel) stark alkoholisiert und ungebremst gegen besagte Wand fährt, missglückt sein Selbstmordversuch und er landet im Krankenhaus, wo er die junge Sibel (Sibel Kekilli) kennenlernt, die ebenfalls nach einem missglückten Suizid eingeliefert wurde. Beide stammen aus türkischen Familien und wollten ihrem trostlosen Dasein entfliehen, bis sie merken, dass sie eigentlich glücklich sein könnten.

Während Sibel lernt, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen, muss sich Cahit langsam eingestehen, dass er mehr für Sibel empfindet. Er kann nicht mit ansehen, wie Sibel ihr Leben genießt und so nimmt die Tragik schonungslos seinen Lauf. Mit diesem Drama gewann Fatih Akin 2004 als erster deutscher Film nach 17 Jahren den Goldenen Bären auf der Berlinale.

9. Undine

Christian Petzold hat es wieder getan: Nachdem der Regisseur bereits in seiner Romanadaption „Transit“ Paula Beer und Franz Rogowski Seite an Seite hat spielen lassen, bringt er die beiden zwei Jahre später wieder gemeinsam auf die Leinwand. Die Historikerin Undine (Paula Beer) ist professionell, intelligent und anmutig zugleich, doch als sich ihr Partner Johannes (Jacob Matschenz) von ihr trennt, bricht eine Welt für sie zusammen – bis sie sich in den Taucher Christoph (Franz Rogowski) verliebt und mit ihm nicht nur die Tiefen eines Stausees, sondern gleichzeitig auch die Tiefen von Liebe, Leben und Tod ergründet.

Dieses Mal bringt Petzold den Mythos des weiblichen, jungfräulichen Wassergeists in die Gegenwart, verbindet Alltagsgesten mit Surrealem und zieht die Zuschauer*innen so in einen mythischen Bann.

10. Der Wald vor lauter Bäumen

Maren Ades erster Spielfilm ist definitiv nichts für schwache Nerven. In ihrem Drama, das in ihrer Heimatstadt Karlsruhe spielt, erzählt sie die Geschichte der jungen Lehrerin Melanie. Melanie zieht nach der Trennung ihres langjährigen Freundes aus der Provinz in die Stadt, um ein neues Leben anzufangen. Neue Stadt, neue Freund*innen, neue Schule, neues Ich. Da Melanie allerdings zu dem Typ Mensch gehört, die ein bisschen zu unsicher und schüchtern sind, um schnell Freundschaften zu knüpfen, beginnt eine sehr einsame Zeit für Melanie.

Zwar versucht sie eine Freundschaft mit ihrer Nachbarin Tina zu forcieren, indem sie häufig zufällige Begegnungen erzwingt, die Signale des höflichen Desinteresses kann sie aber nicht deuten. Und auch in der Schule läuft es für die introvertierte Melanie nicht gut. Kinder wittern Unsicherheit. Kinder können grausam sein. So wird Melanie zu einem leichten Opfer und gerät immer tiefer in ein Loch aus Isolation und Verzweiflung.

11. Das schweigende Klassenzimmer

Als die Abiturienten Theo (Leonard Scheicher) und Kurt (Tom Gramenz) 1956 bei einem Besuch in West-Berlin Bilder des ungarischen Volksaufstands sehen, wollen sie ein Zeichen setzen: Zurück in der DDR beschließen die beiden mit ihrer Klasse, den Opfern mit einer Schweigeminute zu gedenken. Diese 60 Sekunden Stille rücken die Jugendlichen jedoch unwiderruflich ins Visier der Stasi, die nun alles daran setzt, den Zusammenhalt der Klasse zu brechen. Das Drama von Regisseur Lars Kraume beruht auf wahren Begebenheiten.

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