Wissenschaft

#2024 hat erstmals die 1,5-Grad-Schwelle überschritten

Neue Daten des europäischen Klimadienstes Copernicus bestätigen, dass das Jahr 2024 weltweit das wärmste jemals gemessene war. Im Jahresmittel lagen die globalen Temperaturen im vergangenen Jahr sogar erstmals mehr als 1,5 Grad Celsius höher als zu vorindustriellen Zeiten – um exakt 1,60 Grad. Zuvor war diese wichtige Schwelle nur zeitweise überschritten worden, nicht jedoch für ein gesamtes Jahr. Sowohl die Luft als auch die Meeresoberfläche erreichten 2024 Rekordtemperaturen, angetrieben vor allem durch den menschengemachten Klimawandel. Hinzu kamen natürliche Umweltfaktoren, darunter das Klimaphänomen des El Niño, die die Entwicklung zusätzlich befeuerten. Was bedeutet das für das Pariser Klimaziel?

Die Menschheit stößt seit Jahrzehnten große Mengen Treibhausgase aus, die sich in der Atmosphäre anreichern und die Erde erwärmen. Dieser Klimawandel und seine Folgen für die Umwelt und uns Menschen sind inzwischen hinreichend bekannt und gut dokumentiert. Als wichtige Schwelle gilt dabei eine Erderwärmung um 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. Denn ab diesem Niveau werden die Folgen erheblich verheerender sein. Daher haben sich die Staaten bei der Weltklimakonferenz von Paris im Jahr 2015 darauf geeinigt, diese Schwelle möglichst nicht zu überschreiten.

Zeitreihengrafik zeigt den globalen Anstieg der Bodenlufttemperatur über dem Durchschnitt der vorindustriellen Referenzperiode von Januar 1940 bis Dezember 2024.
Globaler Anstieg der Bodenlufttemperatur (°C) über dem Durchschnitt der vorindustriellen Referenzperiode (1850–1900) für jeden Monat von Januar 1940 bis Dezember 2024, dargestellt als Zeitreihe für jedes Jahr. 2024 wird als dicke rote Linie und 2023 als dicke rosa Linie dargestellt, während andere Jahre mit dünnen Linien dargestellt und je nach Jahrzehnt schattiert sind, von blau (1940er Jahre) bis rot (2020er Jahre). Daten: ERA5. © C3S / ECMWF.

Ist die 1,5-Grad-Grenze erreicht?

Jetzt hat der Klimadienst der Europäischen Kommission, der Copernicus Climate Change Service (C3S), seinen Report zu den jüngsten klimatischen Entwicklungen in 2024 veröffentlicht. Dafür hatten die Wissenschaftler wichtige Klimaindikatoren engmaschig überwacht, dokumentiert und ausgewertet. Dem Bericht zufolge hat das Jahr 2024 gleich mehrere traurige Rekorde geknackt, darunter Tages-, Monats- und Jahreshöchstwerte bei den Temperaturen an Land und im Meer. Haupttreiber der Entwicklung ist der menschengemachte Klimawandel und die durch menschliche Aktivitäten verursachten Treibhausgas-Emissionen, wie das Team erklärt. Deren Konzentration in der Atmosphäre stieg gegenüber 2023 weiter an und lag 2024 mit 422 parts per million (ppm) für CO2 und 1897 ppm für Methan um jeweils rund drei ppm höher als 2023 – neue Rekordhochs.

Infolgedessen betrug die globale Durchschnittstemperatur der Luft nahe der Erdoberfläche im vergangenen Jahr 15,1 Grad Celsius. Damit war 2024 nochmal um 0,12 Grad wärmer als 2023 und insgesamt das bislang wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1850. Im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zwischen 1850 und 1900 lagen die Temperaturen 2024 um 1,60 Grad höher. Damit ist 2024 das erste Kalenderjahr, dass die wichtige Schwelle von 1,5 Grad nicht nur zeitweise, sondern sogar im ganzen Jahresmittel überschritten hat. Mit Ausnahme des Julis haben im vergangenen Jahr alle Monate diesen Wert gerissen. Bemerkenswerterweise war der 22. Juli mit einer globalen Temperatur von 17,16 Grad Celsius der heißeste Tag aller Zeiten. Auch der Zweijahresdurchschnitt für 2023 und 2024 überschreitet die 1,5-Grad-Schwelle. Diese Grenze wurde auch im Pariser Abkommen festgelegt, bezieht sich dabei aber auf ein 20-Jahre-Mittel. Demnach hat die Erde dieses Ziel zwar noch nicht gerissen, kommt dem jedoch immer näher.

Tabelle zeigt wichtige Temperaturstatistiken für 2024
Wichtige Temperaturstatistiken für 2024. Die Statistiken für den Globus, Europa und die Arktis beziehen sich auf die Lufttemperaturen an der Oberfläche, die Statistiken für den extrapolaren Ozean beziehen sich auf die Meeresoberflächentemperaturen. Daten: ERA5. © C3S / ECMWF

Rekorde mit globalem Ausmaß

Das legen auch weitere Details des Reports nahe. Die Temperaturen erreichten demnach 2024 Höchstwerte auf fast allen Kontinenten einschließlich Europas, Ausnahmen waren nur die Antarktis und die Region um Australien. Auch über weiten Teilen der Weltmeere stiegen die Lufttemperaturen extrem an, insbesondere im Nordatlantik, im Indischen Ozean und im Westpazifik. Dadurch erreichten auch die Wassertemperaturen nahe der Meeresoberfläche neue Rekordwerte, zumindest in der ersten Jahreshälfte. Im Schnitt waren die Weltmeere 2024 20,87 Grad Celsius warm – 0,51 Grad mehr als im Schnitt der drei Jahrzehnte zwischen 1991 und 2020. Befeuert wurden diese Entwicklungen auch durch das Klimaphänomen des El Niño im Pazifik, der Mitte 2024 endete und in eine kühlere La Niña-Phase überging.

2024 war auch durch zahlreiche Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse gekennzeichnet, darunter Hurrikans und Starkregen, aber auch Dürren, Waldbrände und Hitzewellen mit hoher Luftfeuchtigkeit. Bemerkbar machte sich das beispielsweise anhand des Wasserdampfes in der Atmosphäre, der 2024 ebenfalls ein Rekordhoch erreichte und nochmal um ein Prozent höher lag als 2023. Zeitweise litten 44 Prozent der Erde unter starkem gesundheitsschädlichem Hitzestress. „Diese hohen globalen Temperaturen, gepaart mit den globalen Rekordwerten an atmosphärischem Wasserdampf im Jahr 2024, führten zu beispiellosen Hitzewellen und Starkregenereignissen, die Millionen von Menschen ins Elend brachten“, sagt Samantha Burgess vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF).

Auch in den Polarregionen machte sich der Klimawandel bemerkbar. In der Antarktis schrumpfte das Meereis beispielsweise wieder ähnlich stark wie 2023, wie Satellitendaten belegen. In der Arktis war die Lage weniger dramatisch, aber auch dort schmolz das Eis in der zweiten Jahreshälfte beträchtlich.

Appell für mehr Klimaschutz

Dass 2024 in klimatischer Hinsicht ein Rekordjahr war, bestätigen auch die Daten anderer Wetter- und Klimadienste, die ebenfalls in den aktuellen Copernicus-Bericht eingeflossen sind, darunter der Weltwetterorganisation (WMO), der NASA und anderer US-amerikanischer und britischer Organisationen. „Alle international erstellten globalen Temperaturdatensätze zeigen, dass 2024 das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1850 war“, sagt Carlo Buontempo vom C3S. Unerwartet kommt das allerdings nicht: „Die gegenwärtige Entwicklung liegt immer noch im Rahmen dessen, was die Klimamodelle schon vor Jahren prognostiziert haben. Das allein ist schon schlimm genug, wenn man sich die Auswirkungen der Erwärmung ansieht“, sagt Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR). Denn nach Ansicht vieler Forscher geben die Extremwetter des Jahres 2024 einen Vorgeschmack darauf, wie das Leben in einer dauerhaften 1,5-Grad-Welt aussehen würde.

Die Wissenschaftler verbinden ihren Copernicus-Bericht daher auch mit einem Appell für mehr Klimaschutz und bessere Anpassungen an die Klimafolgen: „Die Menschheit ist für ihr eigenes Schicksal verantwortlich. Die Zukunft liegt in unseren Händen – schnelles und entschlossenes Handeln kann die Entwicklung unseres zukünftigen Klimas noch verändern“, sagt etwa Buontempo. Und Mauro Facchini von der Europäischen Kommission sagt: „Die von der Europäischen Union gesetzten Umwelt- und Klimaziele sind ehrgeizig und erfordern geeignete Maßnahmen, insbesondere angesichts der heute vorgestellten Ergebnisse.“ Mit diesen „können wir fundierte Entscheidungen treffen, um den Klimawandel abzuschwächen und uns an ihn anzupassen.“ Der Bericht bestätigt damit einmal mehr, dass die Emissionen deutlich stärker und schneller sinken müssen als bisher, um das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch erreichen zu können oder zumindest noch schlimmere Szenarien zu vermeiden.

Quellen: Copernicus Climate Change Service, Bericht “2024 Global Climate Highlights”

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