#Warum in Litauen so viele Menschen ertrinken
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„Warum in Litauen so viele Menschen ertrinken“
Am Strand der litauischen Küstenstadt Klaipėda weht eine rote Flagge. Sie zeigt an, dass die Besucher nicht ins Wasser gehen dürfen. Aber nur die wenigsten Urlauber hält das tatsächlich von einem Bad im Meer ab. Aleksandras Siakki, Leiter der Seenotrettung in Klaipėda, glaubt, dass viele alle Verhaltensregeln vergessen, sobald sie das Meer sehen. „Die Menschen wissen, dass sie nicht schwimmen dürfen, wenn eine rote Flagge in der Luft weht“, sagt Siakki. „Aber die meisten von ihnen denken, sie würden nicht ertrinken.“
Um 30 Grad herrschen zurzeit in Litauen, viele Menschen strömen an die Küste. Für die Rettungsschwimmer des Landes ist das Grund zur Sorge. Denn Litauen ist trotz seiner vielen Seen und der knapp 100 Kilometer langen Ostseeküste eines der Länder in der Europäischen Union mit den meisten Toten durch Ertrinken.
Laut Eurostat gab es 2017 in der EU 5100 Todesfälle durch Ertrinken. Die höchste Rate unter den Mitgliedsländern wurde in den baltischen Staaten verzeichnet. In Lettland gab es 5,6 Todesfälle pro 100.000 Einwohner, in Litauen waren es 4,8 in Estland 3,2. Für Deutschland lag der Wert laut Eurostat lediglich bei 0,6.
Fortbildungen und Sicherheitstrainings
Nach Angaben von Siakki haben die Seenotretter in Klaipėda im vergangenen Jahr vier und in diesem Jahr schon 25 Menschen gerettet. „Die Seebedingungen sind in diesem Sommer extrem, es gibt ständigen Westwind und gefährliche Wellen, die auf das Meer hinausziehen“, sagt Siakki. Er hält Fortbildungen und Sicherheitstrainings für dringend nötig. „Jedes Kind sollte vor Beginn des Sommers in der Schule damit vertraut gemacht werden.“
Das fehlende Wissen ist nicht das einzige Problem. Nach Daten des litauischen Sportzentrums aus dem Jahr 2021 gibt es in 24 von 60 Gemeinden in Litauen keine Schwimmbäder. Nach Angaben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Sport gibt es gar nur in 33 litauischen Gemeinden Schwimmbäder. „Es gibt ein Programm für Zweitklässler, das ihnen Schwimmunterricht ermöglicht“, sagt Siakki. „Aber wir haben nicht genügend Bäder.“ Mit verheerenden Folgen: „Es gibt nur sehr wenige Menschen, die richtig schwimmen können, viele können sich nur kurz über Wasser halten.“
Viele Seen, aber nur wenige Schwimmbäder
Dabei hat sich die Situation bereits verbessert, wie Ilona Zuozienė, Professorin an der Litauischen Sportuniversität und Mitglied des Exekutivkomitees des Litauischen Schwimmverbands, berichtet. Laut Zuozienė ertranken im Jahr 2000 in Litauen noch mehr als 300 Menschen, während die Zahl inzwischen auf 140 bis 150 gesunken ist. Gemessen an der Zahl der Einwohner – in Litauen leben knapp 2,8 Millionen Menschen – sei die Zahl im Vergleich zu westeuropäischen Ländern jedoch nach wie vor hoch. Auch Zuozienė sieht das Hauptproblem im Mangel an Schwimmbädern. „Es ist ein Teufelskreis, denn wir haben viele Seen, aber nur sehr wenige Schwimmbäder, in denen die Menschen schwimmen lernen können und ein Grundverständnis dafür bekommen, wie man sich im Wasser verhält“, sagt Zuozienė. Das Unterrichtsangebot für Zweitklässler hält sie für eine gute Lösung, da es die meisten Kinder erreiche – zumindest in den Gemeinden, die Schwimmbäder haben. „Wir können nicht sagen, dass diese Kinder solide Schwimmkenntnisse erwerben“, sagt Zuozienė. „Aber sie lernen, wie sie schwimmen, tauchen und ihre Atmung kontrollieren können.“
Wie das litauische Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Sport mitteilt, umfasst das Programm für Grundschüler 32 Unterrichtseinheiten zum Thema Schwimmen und Wassersicherheit. Im vergangenen Jahr nahmen 30 Gemeinden an dem Trainingsprogramm teil. Es ist kostenlos und wird vom Ministerium sowie von den teilnehmenden Gemeinden finanziert. In den kommenden Jahren sollen zudem zehn neue Schwimmbäder im Land eröffnet werden.
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