Wissenschaft

#Neue Genschere entdeckt

Die Genschere CRISPR/Cas hat in den zehn Jahren seit ihrer Entdeckung die Gentechnik revolutioniert. Nun haben Forschende eine weitere Genschere entdeckt: Das sogenannte Fanzor-System kommt bei eukaryotischen Organismen wie Pilzen, Pflanzen und Tieren vor und kann ebenso wie das bakterielle CRISPR punktgenaue Veränderungen im Erbgut vornehmen. Obwohl es bisher weniger effektiv ist als CRISPR, könnte es in Zukunft Vorteile bieten, etwa bei der Genauigkeit und der Vermeidung von Nebenwirkungen.

Ob Krebs, HIV oder Erbkrankheiten wie Muskeldystrophie Duchenne: Seit die Genschere CRISPR/Cas im Jahr 2012 entdeckt wurde, gibt es Hoffnung, diese Krankheiten mit Hilfe gezielter Eingriffe ins Genom zu behandeln. Das CRISPR/Cas-System stammt ursprünglich aus Bakterien und hilft ihnen, das Erbgut eindringender Viren zu zerschneiden. Es lässt sich aber so umprogrammieren, dass es punktgenau vorgegebene Stellen des Genoms ausschneidet und ersetzt – eine Revolution für Genetik und Medizin. Eine Herausforderung bei der Anwendung am Menschen besteht unter anderem darin, die Genschere an ihren Wirkort zu befördern. Außerdem kann es trotz der hohen Genauigkeit des Genwerkzeugs zu unerwünschten Kollateralschäden kommen, wenn das System nicht nur die vorgegebene Stelle schneidet, sondern auch umliegende DNA-Abschnitte schädigt.

Erste Genschere bei Eukaryoten

Ein Team um Makoto Saito vom Broad Institute des MIT und Harvard in Cambridge hat nun eine neue Genschere entdeckt, die anders als CRISPR/Cas nicht aus Bakterien stammt, sondern bei eukaryotischen Organismen wie Pilzen, Pflanzen und Tieren vorkommt. Dabei handelt es sich um sogenannte Fanzor-Proteine. Ähnlich wie CRISPR/Cas nutzen sie RNA als Leitfaden, um anhand von passenden Basenabfolgen an genau festgelegte Stellen der DNA anzudocken und diese präzise zu schneiden. „CRISPR-basierte Systeme sind weit verbreitet und leistungsfähig, weil sie leicht umprogrammiert werden können, um auf verschiedene Stellen im Genom zu zielen“, erklärt Saitos Kollege Feng Zhang. „Dieses neue System ist eine weitere Möglichkeit, präzise Veränderungen in menschlichen Zellen vorzunehmen, und ergänzt die Genom-Editing-Tools, die wir bereits haben.“

Fanzor ist die zudem erste Genschere, die bei Eukaryoten entdeckt wurde, also Organismen mit Zellkern, zu denen auch wir Menschen gehören. Die Grundlage der aktuellen Entdeckung lieferte allerdings zunächst ein anderes RNA-geleitetes System, genannt OMEGA, das das Team vor zwei Jahren in Prokaryoten fand, also in Lebewesen ohne Zellkern, zu denen vor allem Bakterien zählen. „Diese OMEGA-Systeme sind die Vorfahren von CRISPR und gehören zu den am häufigsten vorkommenden Proteinen auf dem Planeten“, erklärt Saito.

Mit Hilfe molekularer Analysen stellten Saito und sein Team fest, dass die eukaryotischen Fanzor-Proteine zahlreiche Gemeinsamkeiten mit den bakteriellen OMEGA-Systemen aufweisen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Fanzor ein eukaryontisches OMEGA-System ist“, schreiben die Forschenden. Sie gehen davon aus, dass die Fanzor-Gene durch sogenannten horizontalen Gentransfer von Bakterien auf Eukaryoten übertragen wurden. „Aufgrund ihrer weiten Verbreitung macht es Sinn, dass sie zwischen Prokaryoten und Eukaryoten hin- und herspringen konnten“, sagt Saito.

Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung

Für ihre Studie isolierten die Forschenden Fanzor-Proteine aus Algen, Amöben, Pilzen und Venusmuscheln. Um zu testen, ob Fanzor tatsächlich in der Lage ist, das menschliche Genom zu editieren, behandelten sie Zellkulturen menschlicher Zellen mit verschiedenen Fanzor-Proteinen. „Tatsächlich erzeugten die verschiedenen Fanzor-Proteine Einfügungen und Löschungen im menschlichen Genom“, berichtet das Team. „Die Effizienz lag dabei bei bis zu 11,8 Prozent.“ Im Vergleich zu CRISPR/Cas ist das nicht viel, deutet aber auf das grundlegende Potenzial der Technik hin.

Durch genetische Modifikationen des Fanzor-Gens aus dem Pilz Spizellomyces punctatus gelang es den Forschenden bereits, die Aktivität des Fanzor-Proteins zu steigern und seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Zudem stellten sie bei dem Fanzor-Protein aus Pilzen keine unerwünschte Aktivität fest, die zu Kollateralschäden an der DNA in der Nähe der Zielstelle führen könnte. „Zusammengenommen zeigen diese Daten das Potenzial von Fanzor für Anwendungen im Bereich des Human-Genome-Engineering“, schreibt das Team. „Der eukaryotische Ursprung von Fanzor und seine relativ geringe Größe im Vergleich zu Cas9/12 machen es aus Sicht des Bioengineering zu einem attraktiven Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung.“

Quelle: Makoto Saiko (Broad Institute of MIT and Harvard, Cambridge) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06356-2

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