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#Die Wahrheit über Angela Merkel

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Die Wahrheit über Angela Merkel

Selbstverständlich hatten sie immer recht, die Dampfkommentierer, die inzwischen Telegram vollsülzen: Angela Merkel steckte hinter allem, seit Jahren, vom Wetter bis zur Fernsehkrimischwemme, böswillig kontrollierte sie die Gedanken eines ganzen Landes (das sich kaum hätte träumen lassen, wie schnell es sich, eines noch Drögeren belehrt, das rhetorische Talent der ewigen Kanzlerin zurückwünschen würde).

Aber eines hatten selbst die Wachsten der Wachen wohl nicht auf dem Schirm: dass hinter Merkel wiederum ein anderer steckte, Sandro Zahlemann nämlich, abgehalfterte Systemfregatte des öffentlich-rechtlichen Schundfunks und bekannt aus dem „Frühstücksfernsehen“ (2013) oder dem „Sandro-Report“ (2016). Wie Merkel stammt er verdächtig aus dem Osten, und statt des MDR-Logos prangt auf seinem Mikro „ddr“. Schaltreportagen des Grauens pflasterten seinen Weg rein in die ARD und wieder raus. Gestürzt freilich ist er, heute eine Seltenheit, nicht über einen dämlichen Tweet, sondern über die eigenen Füße. Zwei linke natürlich, wie immer bei der ARD.

Wie er an Angela Merkels Nummer kam

Jetzt packt er aus, zur schlechtesten Sendezeit im Ersten: Sandro Zahlemann, Opfer einer Art umgekehrten Identitätsdiebstahls, also einer Identitätsüberstülpung. Über seinen örtlichen Mobilfunkmafiaoutlet bekam er vor einiger Zeit eine nicht mehr verwendete Nummer zugewiesen, die allerdings zufällig eine abgelegte der Kanzlerin war. Und weil niemand, schon gar nicht die Prominenz, alte Nummern aus dem Mobiltelefon löscht, machte Zahlemann bald smarte Politik, antwortete also Hinz und Kunz von der Deutschland GmbH als „AM“, verwechselte zwar die Horsts (Lichter und Seehofer) und verriet sich fast in einer Nachricht an Wolfgang „Fresse“ Bosbach, aber wer glaubt, dass faustdicke Hinweise zu Konsequenzen führen, kennt das politische Berlin schlecht.

Zum Abschluss des Jahres erfahren wir nun also, wer etwa Markus Söder per SMS den Befehl zum Rückzug gab, um für „den Armin“ das Feld zu räumen, und auch, warum das in Wahrheit geschah. Es geht zurück auf Zahlemanns Jahre beim Bayerischen Rundfunk. Damals spannte ihm der Volontär, Schönling Markus, mittels Engtanz eine Gitta aus, was durchaus glaubwürdig ist, denn Gitta hießen die (wenigen) Redakteurinnen Anfang der Neunziger tatsächlich. Auch sonst fliegt jetzt so manches auf. Zumal ja auch hinter Zahlemann wieder jemand steckt, der nun wirklich hinter allem steckt.

Dass ein Jahr nicht enden kann ohne eine neue Episode von Olli Dittrichs „TV-Zyklus“, ist hinlänglich bekannt. Welch trashig schöne Fernsehperlen hat uns das in den vergangenen neun Jahren beschert! Als Beckenbauers Doppelgänger Schorsch Aigner erfreute uns Dittrich, als steinalter Meisterreporter Sigmar Seelenbrecht, als Trixie Dörfel, jene tragische Austroschlagerchanteuse mit Waschbär-Tick, und stets wirkte alles an den Promi- und Talkformaten bis ins kleinste Detail echt. Dieser kreative Formate-Missbrauch zeichnet die Serie mehr noch als das Rollenparodistische aus: ein metareflexives Boulevard-Schrottwichteln im Zeichen des Hyperrealismus, das nebenbei wie ein überfälliger Exorzismus wirkt. Allerdings wie einer, der nicht wirkt. Denn obwohl es fast undenkbar scheint, dass nach einer derart wuchtigen Verballhornung die stulligen Formate einfach weiterlaufen wie zuvor, tun sie genau das. Vielleicht will man Dittrich ja auch einfach nur weiter Vorlagen liefern.

Wie minutiös der große Persiflagist das eitle Fernsehdeutsch der „Magazine“ abbildet, dieses sprachlich unbeholfene Auftrumpfen („Ich bin, soweit kann ich mich auf jeden Fall aus’m Fenster hängen hier, wenn überhaupt nur eine Mitschuld betreffende Person, also im Grunde genommen bin ich Opfer“), wie stimmig die Off-Texte sind („Wir fragen einen Experten“) und wie originalgetreu billig die Spannungsmusikuntermalung, das kann nur wieder bewundert werden. Und doch hängt die Sendung am seidenen Faden aus dem Fenster, um es morgenmagazinkompatibel auszudrücken, dort nämlich, wo auf Identitätsdiebstahl verzichtet wird: bei den vielen Cameo-Auftritten realer Bildschirmfüllgesichter. Wenn Caren Miosga, Tom Buhrow, Robin Alexander oder Horst Lichter witzig sein wollen, indem sie sich selbst spielen (sie „beweisen Humor“, heißt es astrein parodistisch in der Ankündigung), klappt gar nichts mehr, weil sie weder witzig noch sie selbst sind.

Wie viel besser, lustiger und echter, wie viel barer und rarer wäre es gewesen, hätte sich Dittrich, gern wieder mit Cordula Stratmann an seiner Seite, in Miosga oder Buhrow verwandelt. Darüber hilft auch kein „Welt am Sonntag“-Freiabo hinweg, mit dem Sandro, der sich, kaputt wie er ist, auch mit Print zufriedengäbe, bei einer Hinterzimmerkungelei mit Robin Alexander abgespeist wird. Gleichwohl bleibt dieses „Protokoll“ ein Genuss, den uns nicht einmal ein stinklangweiliger Wolfgang Bosbach verleidet. Was Dittrich-Zahlemann, der einäugige unter den blinden Flecken, ganz zum Schluss anklingen lässt: „Mit dem Ersten sieht man gut“, in dieser Nacht gilt das tatsächlich.

Ich war Angela Merkel – Das Zahlemann-Protokoll läuft heute, 29. Dezember, um 23.15 Uhr im Ersten.

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